Formel E, Le Mans & Olympische Spiele: Die Elektrifizierung des Motorsports in Bildern
Tobias Bluhm
Das Angebot elektrischer Rennserien wächst immer weiter. Neben der Formel E, die sich innerhalb der FIA seit 2014 als führende Elektro-Meisterschaft etabliert hat, entstehen weltweit jährlich neue Kategorien, in denen ausschließlich Fahrzeuge mit E-Antrieben antreten dürfen. Für welche Meisterschaften es Elektrifizierungspläne gibt, und welche den Umstieg bereits vollzogen haben, erfährst du in unserer Fotostrecke.
Obwohl die Formel E gemeinhin als "Pionier" des Elektro-Motorsports gilt, ist die 2014 gegründete Serie längst nicht die erste ihrer Art. Im späten 19. Jahrhundert, den Anfangsjahren des Motorsports, waren elektrische Aggregate sogar die am weitesten verbreitete Antriebsform. Die legendäre "La Jamais Contente" war 1899 beispielsweise das erste Auto, das schneller als 100 km/h fuhr - noch vor allen Autos mit Dampf- oder Verbrennungsmotoren, die erst später an Bedeutung gewannen.
Jedoch erst in den 1980er-Jahren nutzten erste Rennfahrzeuge wieder im größeren Stil Elektromotoren. Eine regelrechte Renaissance erlebte der Elektro-Motorsport schließlich in den 2010ern. Allein in den vergangenen fünf Jahren tauchte mehr als ein Dutzend neuer Rennkategorien auf dem Radar auf, manche Konzepte mit mehr oder weniger Erfolgsaussichten. In unserer Fotostrecke präsentieren wir dir alle Serien, die aktuell beziehungsweise zukünftig mit Elektropower unterwegs sind oder sein wollen. Viel Spaß beim Stöbern!
Fotostrecke: Diese Elektro-Projekte gibt es im Motorsport
Pikes Peak Hillclimb (1981)
Im Jahr 1981 nahm das erste Elektroauto an der legendären Hillclimb-Rallye von Pikes Peak teil, ein umgebauter Sears XDH-1. Da sie keinen Sauerstoff für ihre Funktion benötigen, wird E-Fahrzeugen in der "dünnen Luft" des hohen Bergs in Colorado (USA) ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Autos mit Verbrennungsmotoren nachgesagt. 2018 erklomm Volkswagen mit dem ID.R (das Foto entstand beim Festival of Speed in Goodwood) den Gipfel als erster Hersteller in unter acht Minuten und stellte somit einen neuen Rekord auf.
World Solar Challenge (1987)
Unter extremen Bedingungen bietet die "World Solar Challenge" Hochschulen und Unternehmen aus der Automobilindustrie bzw. Stromwirtschaft seit 1987 die Möglichkeit, ihre Innovationskraft unter Beweis stellen. Die Städtefahrt mit Solarfahrzeugen führt durch das australische Outback, wobei die Teams rund 3.000 Kilometer quer durch Australien zurücklegen. Die Route führt von Darwin im Norden nach Adelaide an der Südküste.
Foto: World Solar Challenge
Trophee Andros (2009)
In der vorrangig französischen Rennserie "Trophee Andros" gibt es seit 2009/10 ein Elektro-Reglement. Die Läufe der spektakulären Rallycross-Kategorie werden bei Schnee und Eis im Winter ausgetragen. Der Titel der 2022er-Saison ging im Januar an den 34-jährigen Jean-Baptiste Dubourg.
Formula Student Electric (2010)
In der Studentenmeisterschaft entwickeln Hochschulen und Universitäten eigene Rennfahrzeuge, die in verschiedenen Kategorien gegeneinander antreten. Seit 2010 besteht innerhalb der Formula Student die Möglichkeit, elektrische Fahrzeuge zu produzieren.
eco Grand Prix (2013)
In der eco-Grand-Prix-Serie treten seit 2013 batterieelektrische Serienfahrzeuge gegeneinander an, überwiegend in Verbrauchsvergleichsfahrten oder über Langstreckendistanzen. 2018 organisierten die Veranstalter:innen in Oschersleben das weltweit erste 24-Stunden-Rennen für Elektroautos. Seit 2020 ist die Serie ein Teil des DMSB.
ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft (2014)
Im September 2014 startete in Peking das erste Formel-E-Rennen, gewonnen von Lucas di Grassi. Im Januar 2022 startete die Serie als offizielle FIA-Weltmeisterschaft in ihre inzwischen achte Saison. Zwischenzeitlich nahmen Hersteller wie Audi, Mercedes, Nissan, BMW oder Jaguar teil. Ende 2022 ist die Einführung der dritten Fahrzeuggeneration, kurz "Gen3", geplant.
Smart EQ Fortwo E-Cup (2018)
Die Mercedes-Benz Group (ehemals Daimler) organisierte 2018 den ersten Markenpokal für elektrische Smarts. Die 82 PS starken Straßenautos begegnen sich im "EQ Fortwo E-Cup" in nur leicht modifizierten Versionen, was für ein sehr ausgeglichenes Fahrer:innen-Feld sorgt. Alle Rennen des E-Cups finden in Italien statt.
Jaguar I-Pace eTrophy (2018-2020)
Streng genommen ist die Jaguar I-Pace eTrophy keine aktive Meisterschaft mehr, allerdings darf sie als erste Support-Serie der Formel E in diesem Überblick nicht fehlen. Im Rahmenprogramm der Formel-E-Saisons 2018/19 und 2019/20 fanden insgesamt 20 Rennen mit den über 2.000 kg schweren SUV statt, ehe der Rennbetrieb während der Coronavirus-Pandemie eingestellt wurde.
MotoE-Weltcup (2019)
Im Rahmenprogramm der MotoGP fand 2019 beim Deutschland Grand Prix am Sachsenring das erste Rennen des MotoE-Weltcups statt. Auf den einheitlichen Bikes von Energica gewannen bislang Matteo Ferrari und Jordi Torres die Titel. Ab 2023 werden die Motorräder von Ducati hergestellt.
Roborace (2019)
Die ursprünglich für das Formel-E-Rahmenprogramm vorgesehene Rennserie setzt auf revolutionäre KI-Technologien. Alle "Robocars" fahren autonom, also ohne Fahrer:in. Eine erste Testsaison fand 2019 statt - die sogenannte Season Alpha -, das Renndebüt ist für 2022 vorgesehen. Geplant ist unter anderem die Einbindung von Metaverse-Elementen wie virtuellen Hindernissen oder Power-ups.
Extreme E (2021)
Die Extreme E setzt seit 2021 auf Offroad-SUV. Mit den für alle zehn Teams einheitlichen "Odyssey 21"-Fahrzeugen will Seriengründer Alejandro Agag, der auch hinter dem Konzept der Formel E steht, an extremen Orten die Folgen des Klimawandels verdeutlichen. Alle Autos werden von jeweils einem Fahrer und einer Fahrerin pilotiert.
FIA ETCR (2021)
Als "Pure ETCR" startete der "FIA eTouring Car World Cup" im Jahr 2021 in seine erste Saison. Mit einem vom Rallycross inspirierten Rennformat reist die Meisterschaft auch in diesem Jahr um den Globus, teils auch im Rahmenprogramm der WTCR. Die Saison 2022 beginnt am 6. Mai auf dem berüchtigten Straßenkurs im französischen Pau.
RX2e (2021)
Als Nachwuchskategorie der Rallycross-WM WRX stieg die RX2 im Jahr 2021 auf E-Power um. Sie ebnete dabei den Weg für die Elektrifizierung der größeren Schwesterserie, die 2022 vollzogen werden soll. Zum ersten RX2e-Meister krönte der Belgier Guillaume de Ridder.
ADAC Opel e-Rally Cup (2021)
Der Rallye-Markenpokal wird vom ADAC organisiert und führte die Teilnehmer:innen in der ersten Saison nach Deutschland, Österreich, Tschechien und Frankreich. Der erste Meister in der Serie, in der ausschließlich umgebaute Versionen des Opel Corsa-e eingesetzt werden, wurde der Franzose Laurent Pellier.
FIA World Rallycross Championship (geplant ab 2022)
Die "FIA World Rallycross Championship" ist neben der Formel 1, Formel E, WRC, WEC und Kart-WM eine von nur sechs offiziellen FIA-Weltmeisterschaften. Eine Elektrifizierung der spektakulären Offroad-Kategorie war bereits 2021 geplant, wurde aufgrund der Coronavirus-Pandemie aber auf 2022 verschoben.
Electric Racing Academy (geplant ab 2022)
Die Electric Racing Academy (kurz: ERA) will 2022 zur ersten Nachwuchs-Formelserie für Elektroautos werden. Mit den in Belgien und Japan entwickelten "Mitsu-Bachi F110e"-Autos sind 2022 im Rahmenprogramm der FIA ETCR insgesamt fünf Rennwochenenden geplant.
Airspeeder (geplant ab 2022)
Auch der "Motorsport der Lüfte" soll elektrifiziert werden. Das australische Projekt "Airspeeder" testet derzeit ferngesteuerte Flugautos (eVTOL), die bis zu 120 km/h schnell fliegen können. 2022 soll ein erstes Rennen stattfinden, ein Kalender wurde aber noch nicht vorgestellt. Einer der bekanntesten Airspeeder-Unterstützer ist Techeetahs Formel-E-Teamchef Mark Preston.
eSkootr Championship (geplant ab 2022)
Lucas di Grassi, Alexander Wurz, Bradley Smith - die eSkootr Championship erhält schon vor ihrem Rennen prominente Unterstützung von einigen Motorsport-Größen. In der Serie mit den bis zu 100 km/h schnellen Rennrollern dreht sich alles um die Mikromobilität. Nach erfolgreichen Tests im vergangenen Jahr soll im Mai 2022 der erste Lauf in London stattfinden.
SuperCharge (geplant ab 2022)
Die Idee der für 2022 angekündigten "SuperCharge"-Serie: 16 Fahrer:innen treten auf ca. 1.000 Meter langen, innerstädtischen Rundkursen mit E-Versionen von Straßenfahrzeugen gegeneinander an. In die Kämpfe eingebunden werden sollen "SuperLoops", Wasserportale und 2,5 Meter hohe Sprungschanzen. Seit der Präsentation im Oktober 2020 gab es von der "SuperCharge" jedoch kein Update. Vielleicht war der Plan wohl doch etwas zu verrückt…
FIM E-Xplorer World Cup (geplant ab 2022)
Während sich die MotoE auf permanente Rundkurse fokussiert, schlägt der von der FIM unterstützte E-Xplorer-Weltcup eine andere Richtung ein. Ab dem dritten Quartal 2022, so der Plan, sollen die Elektro-Motorräder auf Offroad-Strecken eingesetzt werden. Vorgesehen sind bis zu zehn Teams, für die jeweils ein Mann und eine Frau antreten werden. Falls dir diese Idee bekannt vorkommt: Ja, hinter der E-Xplorer-Serie steht unter anderem der Extreme-E-Gründer Alejandro Agag.
Air Race E (geplant ab 2023)
Seit mehreren Jahren arbeitet ein Team um den Unternehmer Jeff Zaltman an der Gründung einer elektrischen Flugzeug-Rennserie. Das ursprünglich 2019 geplante Debüt musste mehrmals verschoben werden, da die Technologie noch nicht ausgereift genug war. Angestrebt sind Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 400 km/h. Nach einem erfolgreichen Testflug Ende Januar 2022 in Norwegen soll nun im nächsten Jahr die erste "Air Race E"-Saison starten.
FIA Electric GT (geplant ab 2023)
Nach dem gescheiterten Privatprojekt "EPCS" nahm sich 2021 die FIA der Konzeption einer elektrischen GT-Serie an. Mit Autos, die ähnlich leistungsstark wie aktuelle GT3-Boliden sein könnten, sowie Schnellladeboxenstopps und 45-minütigen Rennen soll 2023 das erste Rennen stattfinden. Veranstalter der eGT ist die SRO-Gruppe, die auch Meisterschaften wie die Intercontinental GT Challenge (inkl. dem Saison-Highlight der 24 Stunden von Spa) oder British GT organisiert.
DTM Electric (geplant ab 2023)
Auf der DTM-Plattform will Serienchef Gerhard Berger ab 2023 eine neue Meisterschaft etablieren, die DTM Electric. Bei einem ersten Testlauf in Spielberg (Österreich) 2021 ließ Entwicklungspartner Schaeffler das Konzeptfahrzeug von DTM-Trophy-Meister Tim Heinemann aus einem hochmodernen Fahrsimulator, aufgebaut im über 80 Kilometer entfernten Graz, fernsteuern! Berger plant, dass Batteriewechsel eine Rolle bei den DTM-Electric-Boxenstopps spielen könnten.
Hyraze League (geplant ab 2023)
Überwiegend deutsche Firmen aus der Automobilindustrie - darunter ADAC, DEKRA, DMSB, HWA AG, die Schaeffler AG und WESA - präsentierten im Sommer 2020 ihre Vision für eine wasserstoffelektrische Rennserie. In der "Hyraze League" sollen ab 2023 Rennfahrer:innen und Simracer:innen gemeinsam in den 800 PS starken Autos gegeneinander antreten.
UIM E1 World Electric Powerboat Series (geplant ab 2023)
Die Formel E auf dem Boden, Airspeeder in der Luft und die E1 Series auf dem Wasser - so die Vision von Alejandro Agag. Der spanische Elektro-Tausendsassa plant derzeit die Gründung einer eigenen Speedboot-Serie, für die im vergangenen Jahr ein Prototyp vorgestellt wurde. Die Rennen sollen in den Häfen, Flüssen und Seen großer Städte wie Monaco, Stockholm oder Zürich stattfinden.
Extreme H (geplant ab 2024)
Ab 2024 könnte die Extreme E auch Wasserstofftechnologien an ihre abgelegenen Austragungsorte bringen. In der "Extreme H" genannten Meisterschaft sollen die Chassis und Antriebsstränge technisch unverändert bleiben, die Extreme-E-Batterien jedoch durch Brennstoffzellen ersetzt werden. Ein Prototyp soll ab 2023 erste Tests absolvieren, das Renndebüt ist im Jahr darauf vorgesehen.
E-Karts bei Olympia (geplant ab 2024)
Motorsport wird wieder olympisch! Im Rahmen der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geförderten Olympischen Jugendspiele soll es 2024 erstmals einen internationalen Wettbewerb mit Elektro-Karts geben. Bereits 2018 fand in Rio de Janeiro ein Showrun mit den Fahrzeugen statt, in zwei Jahren kämpfen Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in Paris erstmals auch um Medaillen. Gelingt das Experiment, könnte Motorsport in Zukunft vielleicht auch bei der "Hauptveranstaltung" der Olympischen Spiele eine Rolle spielen.
Mission H24 (2025)
Seit 2013 gab es mehrere Versuche, ein mit Wasserstoff-Brennstoffzellen ausgestattetes Auto nach Le Mans zu bringen. Die besten Aussichten hierfür hat derzeit das Projekt "Mission H24". Das Team engagiert die Formel-E-Fahrer Stoffel Vandoorne (Mercedes) und Norman Nato (Jaguar-Reservefahrer) als Testpiloten für den auf einem LMP3-Chassis basierenden Prototypen. Nach Einsätzen im Le Mans Cup soll das "Mission H24"-Debüt an der Sarthe 2025 erfolgen.
Rallye Dakar (geplant ab 2030)
Mit großem Brimborium verabschiedete sich Audi 2021 werksseitig aus der Formel E, um ein alternatives Projekt bei der Rallye Dakar anzustreben. 2022 gewannen die Ingolstädter in der neuen teilelektrischen T1-E-Klasse einige Wertungsprüfungen und läuteten somit das Ende der Verbrenner-Ära der Wüstenrallye ein. Ab 2030 sollen dort nämlich nur noch Autos zugelassen werden, die mit "alternativen Energien" angetrieben werden.
1 Kommentare
Matthias Himmelmann ·
In der ZUSAMMENFASSUNG fehlen die Vorreiter Rennserien auf 2 Rädern. Die Zero TT und der TTXGP sowie dieFIM international e-power championship. Alles mit deutscher Beteiligung.
Antwort von Tobias Bluhm
Hi Matthias, danke für den wichtigen Hinweis!
Ich habe diese Serien hier tatsächlich einigermaßen bewusst vernachlässigt, denn für diesen Artikel lag den Fokus (abgesehen von der I-Pace eTrophy) auf aktiven Meisterschaften. Sonst hätte die Fotostrecke in den 1890er-Jahren beginnen müssen, was den Rahmen etwas gesprengt hätte. ;-) Hättest du denn Interesse an einer Übersicht über ehemalige Elektro-Rennserien wie den eRoad-Racing-Weltcup?
Liebe Grüße, Tobi
Einen Kommentar schreiben