Neue Elektroserie: "Hyraze League" soll ab 2023 Wasserstoff-Rennwagen mit E-Sports kombinieren
Timo Pape
"Hyraze League" - unter diesem Namen soll ab 2023 eine gänzlich neue Motorsportserie mit Wasserstoff-Rennfahrzeugen starten. Namhafte Partner aus der Automobilindustrie - überwiegend aus Deutschland - haben dazu am Dienstag ihr gemeinsames Konzept vorgestellt. Die Hyraze League soll neben einem innovativen Technologie-Konzept realen und virtuellen Rennsport vereinen: Rennfahrer und Simracer treten gemeinsam an.
Im Rahmen einer Projektpräsentation am 18. August in Stuttgart haben die Organisatoren und Partner ADAC, DEKRA, DMSB, HWA AG, Schaeffler AG und WESA gemeinsam ein zukunftsweisendes Konzept für nachhaltigen Motorsport vorgestellt. Ab dem Jahr 2023 soll mit der Hyraze League die weltweit erste Rennserie an den Start gehen, die auf umweltfreundlich produzierten Wasserstoff als Energieträger setzt.
Unter der Haube basiert die Technik der ersten Fahrzeuggeneration im Wesentlichen auf Einheitsbauteilen, die von den beteiligten Technologiepartnern entwickelt werden. Das Gesamtkonzept und wesentliche Komponenten des Fahrzeugs entwickelt dabei die HWA AG. Der ganzheitliche Ansatz soll Amateuren wie Profis nahezu gleiche Chancen garantieren.
800 PS Leistung aus 2 Brennstoffzellen
Die Rennen sollen mit 800 PS starken Wasserstoff-Autos ausgetragen werden. Die Energie für den emissionsfreien Antrieb liefert dabei "grüner" Wasserstoff, der in zwei Brennstoffzellen pro Rennfahrzeug in Strom für jeweils vier Elektromotoren umgewandelt wird. Diese übertragen die Leistung schließlich an die Räder.
Die Hyraze League geht nicht nur beim Antriebskonzept neue Wege. Einzigartig im internationalen Rennsport wird auch das Bremssystem der allradgetriebenen Fahrzeuge. Das Konzept: Jeglicher anfallende Bremsstaub entweicht nicht unkontrolliert in die Umwelt, sondern wird im Fahrzeug aufgefangen und im Nachhinein umweltneutral entsorgt.
Spezielle aus schnell nachwachsenden Rohstoffen entwickelte Reifen sorgen außerdem für eine Minimierung des Reifenabriebs. Zusammen mit einer strikt limitierten Anzahl von Reifen reduziert sich die Feinstaubbelastung wesentlich.
Das im Fahrzeug implementierte Steer-by-Wire-System soll für interessierte Teams und Hersteller die Nähe zur künftigen Serienproduktion schaffen. Es übernimmt die Steuerung der Lenkung durch rein elektronische Impulse. Die mechanische Verbindung über die Lenksäule kann damit vollständig entfallen - ein Vorteil insbesondere auch für autonom agierende Fahrzeuge. Vernetzt über intelligente Steuerungssysteme werden Fahrdynamikfunktionen wie etwa Torque Vectoring möglich.
Individueller Fahrzeug-Look aus Naturfaser
Die Karosserieteile werden aus einem Naturfaser-Verbundwerkstoff hergestellt und können von den Teams frei nach ihren Vorstellungen gestaltet werden. Damit ist sichergestellt, dass jeder Teilnehmer seine individuelle Designsprache und Karosserieform unabhängig von einem Serienbezug darstellen kann. Klare Regeln im Bereich der Aerodynamik sorgen dafür, dass trotz freier Karosseriegestaltung kein kostenintensiver Aerodynamik-Wettbewerb entsteht.
Grundsätzlich verzichtet die Hyraze League bewusst auf aerodynamischen Abtrieb, was zur Freude der Fans Überholmanöver erleichtern wird und Action auf der Strecke garantiert - ähnlich wie in der Formel E. Der fehlende Anpressdruck sorgt für einen längeren Bremsweg, was neben dem sportlichen Aspekt vor allem einer optimierten Energie-Rückgewinnung durch Rekuperation zugutekommt. Die während des Bremsvorgangs gesammelte Energie wird kurzfristig in kompakten Hochleistungsbatteriezellen gespeichert. Das bedeutet maximale Effizienz bei gleichzeitiger Ressourcenschonung.
Auch für die Rennfahrer hat die neue Technologie einen bedeutenden Vorteil: Durch das auf Sprintrennen optimierte Energiekonzept können sie die volle Performance des Fahrzeugs ohne Einschränkungen über die gesamte Renndistanz nutzen. Und durch die Möglichkeit, die beiden Tanks während eines Rennens schnell zu befüllen - ein grundlegender Vorteil, den die Wasserstofftechnologie gegenüber rein batterieelektrischen Fahrzeugen bietet - können die Rennen jederzeit auch auf Langstreckendistanzen erweitert werden.
Videospieler tragen gleichermaßen zur Meisterschaft bei
Um nicht nur die Fans an der Rennstrecke, sondern auch eine junge, digitalaffine Zielgruppe anzusprechen, wollen die Macher der neuen Serie den realen Motorsport mit dem E-Sport verknüpfen. Jedes Team soll demnach für jedes Auto zwei Fahrer verpflichten - einen für die realen Wertungsläufe und einen, der an den E-Sport-Events teilnimmt. Die Ergebnisse beider Rennen fließen dabei zu gleichen Teilen in die Meisterschaftswertung ein, sodass am Ende ein Team als Gesamtsieger beider Disziplinen gekürt wird - ein Novum im Motorsport.
Der E-Sport-Verband WESA (World eSports Association) gestaltet als Serienpartner die Entwicklung der Rahmenbedingungen im virtuellen Umfeld maßgeblich mit, um die Hyraze League Sim-Wettbewerbe auf E-Sport-Topniveau zu heben. Regelwerke, Schiedsgerichtsbarkeit und die faire Einbindung von Teams und Gamern sind Aufgabe der WESA.
Dr. Gerd Ennser, DMSB-Präsidiumsmitglied für Automobilsport, erklärt: "Mit der Hyraze League geht ein Projekt an den Start, das für die Entwicklung des deutschen und internationalen Motorsports gleich im doppelten Sinne zukunftsweisend ist: Zum einen kommt auf der Rennstrecke modernste Wasserstoff-Technologie in extrem sicheren Fahrzeugen zum Einsatz, und zum anderen wird der reale Motorsport mit dem virtuellen Racing perfekt verbunden. Als Deutscher Motor Sport Bund haben wir das Projekt vom ersten Moment an unterstützt, weil wir sicher sind, dass die Elemente dieser neuen Rennserie in den nächsten Jahren extrem an Bedeutung gewinnen werden. Diesen spannenden Prozess wollen wir mit unserem Know-how intensiv begleiten."
ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk fügt an: "Die Hyraze League ist eine echte motorsportliche Pionierleistung und wird faszinierende Zukunftstechnologie für eine breite Zielgruppe erlebbar machen. Als einer der größten Veranstalter von Motorsportevents in Europa unterstützten wir innovative neue Formate und bringen uns bei der Herausforderung, den Motorsport der Zukunft mit der Hyraze League zu gestalten, gerne mit ein."
Fotos: ADAC
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