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Technik: Roadmap zum Aufbau eines Roborace-Cars

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Wenige Monate vor dem Debüt der Roborace-Serie, die zur Mitte der kommenden Formel-E-Saison als Support-Meisterschaft erstmals ihre Rennen austragen will, drängen immer mehr Neuigkeiten über die genaue Funktionsweise des Autos ans Tageslicht. Kürzlich wurde der Presse ein Update des Robocar-Designs vorgestellt. Wir nehmen das Roboter-Auto für euch das auseinander.

Während die Serienverantwortlichen weiterhin den Großteil der Technik unter der Haube, also den Antriebsstrang und die Rechner, geheim halten, gibt es im Vergleich zu dem im April veröffentlichten Design einige äußerliche Neuerungen am Fahrzeug. Die wohl interessanteste Veränderung ist die lange Gurney-Kante am hinteren Fahrzeugende. Sie wird im Motorsport zum Generieren von Abtrieb eingesetzt, was auf einen starken Motor mit viel Drehmoment schließen lässt.

Ferner wurden der Unterboden zu den Seiten erweitert (ebenfalls für mehr Abtrieb auf der Hinterachse) und zusätzliche Luftleitbleche an die Vorderseiten der Radkästen gesetzt. Diese sogenannten "Turning Vanes" werden eigentlich für eine Änderung des Luftflusses eingesetzt - am Robocar haben sie aber ausschließlich einen ästhetischen Hintergrund.

Überwachung der Umgebung in 360 Grad

Aber wie soll das Robocar fahren? Damit die künstliche Intelligenz (KI) der Fahrzeuge genügend Informationen bekommt, werden alle Fahrzeuge mit sehr komplexer Technologie ausgestattet. Die komplette Umgebung muss zu jedem Zeitpunkt 360 Grad überwacht werden. Dazu nutzen die Ingenieure neueste Technik, die die Hochleistungscomputer im Auto ständig mit neuen Informationen füttern soll.

Die meisten Daten bekommen die Rechner von Sensoren auf dem Auto, die sich sowohl der Radar- als auch der Lidar-Technik bedienen. Während zwei Radargeräte am Heck und an der Front die Umgebung mit Radiowellen abtasten und ein dreidimensionales Bild erstellen, untersuchen die Lidar-Sensoren die Umgebung mit Laserstrahlen. Diese sind in alle Richtungen um das Auto angebracht.

Doch damit nicht genug: Neben Ultraschallsensoren, die den Bereich direkt vor dem Auto scannen, bekommt der Computer zusätzliche Daten von zwei globalen Navigationssystemen auf der Oberseite des Autos. Ob sich die Renner dabei einem GPS-System oder dem russischen Gegenstück GLONASS bedienen, ist nicht bekannt. Weitere Informationen bekommt die KI von Kameras an der Front und der besagten 360-Grad-Kamera auf dem "Informationstower" auf der Oberseite.

Diese Antenne ist eigentlich ein Pitotrohr, welches den Gesamtdruck der Luft und damit die Geschwindigkeit des Fahrzeuges misst. Solch ein Rohr wird beispielsweise in der Luftfahrt eingesetzt. Auch die Statusleuchte und eine TV-Kamera ist auf jenem "Tower" angebracht.

Kühlung für Computer und Antrieb durch Fahrtwind

Alle Daten laufen im bislang leistungsstärksten Produkt des Grafikprozessorenherstellers Nvidia zusammen - dem Drive PX2-Supercomputer, der speziell für selbstfahrende Autos entwickelt wurde. Das "Gehirn" der Robocars nutzt zwölf CPU-Kerne, um mehr als acht Teraflops Rechenleistung zu produzieren und somit bis zu 24 Trillionen Operationen pro Sekunde auszuführen. Dass das Deep-Learning-Network (DNN) des Rechners dabei einen eigenen Kühlschlitz auf der Oberseite des Autos bekommt, verwundert nicht.

Schaut man sich den Motor des Roborace-Entwicklungsfahrzeugs "DevBot" an, ist zu erkennen, dass dieser deutlich größer als der aktuelle Formel-E-Antrieb ist. Glaubt man den Ingenieuren, soll das Aggregat im DevBot identisch zu jenem im endgültigen Robocar sein. Auch die elektronische Steuereinheit (ECU) ist größer als in der Formel E. Das ist jedoch kein Problem, schließlich ist im Auto aufgrund des fehlenden Fahrers genügend Platz. Die Batterie wird, ähnlich wie der Computer, mit Fahrtwind gekühlt. Es gibt zudem einen Luftabzug für die Hitze der Batterie.

Nach wie vor bleibt speziell das hintere Ende des Fahrzeugs eines der größten Geheimnisse des Robocars. Womöglich könnte der Ground Effect, der vor mehreren Jahrzehnten in der Formel 1 verboten wurde, in den Autos wiederbelebt werden. Zusätzlich ist mit einem großen Diffusor zu rechnen. Laut Roborace-CEO Denis Sverdlov könnten die Autos in der Zukunft bis zu 300 Stundenkilometer erreichen. Aber abwarten: Bis zum ersten Roborace-Event werden noch einige Monate verstreichen.

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