Extreme E

Dürre, Desertifikation & Degradierung: Die Klimabotschaft des Extreme-E-Laufs in Saudi-Arabien

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

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Die neue Extreme-E-Meisterschaft startet am 3. und 4. April mit einer Offroad-Rallye im saudi-arabischen Al-'Ula ihre Debütsaison 2021. Abseits des sportlichen Geschehens will die Elektro-Rennserie mit ihren Meisterschaftsläufen auch auf die teils verheerenden Folgen des menschgemachten Klimawandels aufmerksam machen. Der thematische Fokus des ersten Wüstenrennens: Desertifikation und Dürre.

Vor rund zweieinhalb Jahrtausenden war Al-'Ula die Hauptstadt des antiken Reichs Lihyan. Die Oase an der Weihrauchstraße wird mehrmals im Alten Testament der Bibel erwähnt und ist heute eine archäologische Ausgrabungsstätte. Mit einem Rennen in der arabischen Wüste will die Extreme E allerdings nicht auf die reichhaltige Geschichte des Ortes aufmerksam machen. Im Kern der Extreme-E-Klimabotschaft steht vielmehr ein wissenschaftliches Problem, das erst vor rund einem halben Jahrhundert öffentliche Aufmerksamkeit errang.

Was ist Desertifikation?

In der Forschung wird Desertifikation als ein Prozess beschrieben, bei dem einst fruchtbares Land in trockenen Gebieten der Erde "degradiert" wird - unter anderem durch menschliche Aktivitäten. Wissenschaftler:innen reden dabei von einer Verringerung der Produktivität des Bodens. Eine noch vor einigen Jahren geläufige Definition, die Desertifikation auf die "Bildung und Ausbreitung von Wüsten" beschränkte, greift in diesem Fall also zu kurz.

Wüsten sind ein klimatologisches und geographisches Phänomen, Desertifikation hingegen ein komplexes Zusammenspiel aus Umwelteinflüssen und menschlichem Eingreifen. Mehrere Faktoren können diesen Prozess begünstigen. Dazu zählen: arides Klima, Erosion des Bodens und Verlagerung von Sanddünen, Versalzung landwirtschaftlich genutzter Flächen, Abholzung von Wäldern, Überweidung, Zunahme von Staub in der Atmosphäre, Verringerung der Bodenfeuchtigkeit, falsche Bewässerung sowie menschliches Eingreifen in die Natur.

Ist das ein neues Phänomen?

Ja und nein. Zwar bilden sich bereits seit Jahrtausenden Wüsten und Trockengebiete, doch das Eingreifen von Menschen wurde erst im Jahr 1949 als Teil-Ursache für den Desertifikationsprozess benannt. Die Vereinten Nationen einigten sich 1994 auf einen verbindlichen Vertrag, bei dem der Umweltschutz mit der Entwicklung von nachhaltigem Landmanagement verbunden wurde: die UN-Konvention gegen Desertifikation (UNCCD).

Warum bedroht Desertifikation Al-'Ula - und was hat das mit uns zu tun?

Saudi-Arabien zählt zu den trockensten Regionen der Erde. Im April, wenn das Extreme-E-Event stattfindet, kann die Temperatur in Al-'Ula auf über 30 Grad Celsius steigen, hinzu kommen ausgesprochen wenige Tage mit Niederschlägen. Bei diesen Bedingungen wurde es in den vergangenen Jahrzehnten immer schwerer, in der Nefud-Region Landwirtschaft zu betreiben.

Durch die Degradierung des Landes und Dürreperioden können Menschen dazu gezwungen sein, ihre Wohnorte zu verlassen. Weltweit sind 5,1 Millionen Menschen von dieser "Binnenvertreibung" (innerhalb des eigenen Landes) betroffen. In den kommenden Jahrzehnten könnte diese Zahl um ein Vielfaches steigen. Dann könnte die Unbewohnbarkeit von Orten, die von Desertifikation betroffen sind, auch zu einer Fluchtursache für mehrere hundert Millionen Menschen werden.

Andere Regionen der Erde sind ebenfalls von Desertifikation betroffen. Hierzu zählen beispielsweise der austrocknende Aralsee oder die Wüste Gobi in Zentralasien. Sogar in der EU erklärten sich vor wenigen Jahren in Summe 13 Länder als von Wüstenbildung betroffen.

Welche Verantwortung trägt die Extreme E in Saudi-Arabien?

Mit ihrem "Desert X Prix" will die Extreme E auf die Folgen von Desertifikation aufmerksam machen. "Rund zwölf Millionen Hektar nutzbares Land werden jedes Jahr durch Wüstenbildung und Dürre unfruchtbar", rechnet die Elektrorennserie auf ihrer Webseite vor. "In den nächsten Jahrzehnten wird die durchschnittliche Wasserverfügbarkeit in einigen Trockenregionen voraussichtlich um zehn bis 30 Prozent abnehmen, was dazu führen wird, dass 2,4 Milliarden Menschen weltweit Perioden intensiver Wasserknappheit ausgesetzt sein werden."

Wie kann Desertifikation verhindert werden?

Es gibt zahlreiche Ansätze, um Winderosion, die Verlagerung von Dünen oder das Verdampfen von Bodenfeuchtigkeit auf einer lokalen Ebene zu verhindern. So können "Baumlinien" aus robusten Pflanzen als Windschutz und zur Sandstabilisierung genutzt oder gereinigtes Abwasser aus Großstädten anstelle von frischem Grundwasser zur Bewässerung eingesetzt werden. Investitionen in Bildungsstätten können helfen, der Bevölkerung das nötige Wissen zum Umgang mit Desertifikation zu vermitteln.

Langfristig kann die Wüstenbildung in ariden Gebieten jedoch nur mit globalen Ansätzen aufgehalten werden: Die Erhitzung der Erdatmosphäre kann zu langen Dürreperioden führen, was die Desertifikation fördert. Einsparungen von CO2 und anderen Treibhausgasen haben somit einen positiven Effekt im Kampf gegen Dürren und Desertifikation. So schließt sich der Kreis für die Extreme E.

"Wir haben Al-'Ula für unser allererstes Rennen ausgewählt, um auf die Bedrohungen durch Desertifikation aufmerksam zu machen", sagt Extreme-E-Gründer und CEO Alejandro Agag. "Die beeindruckenden Sanddünen und der atemberaubende Blick auf Al-'Ula bilden einen perfekten Hintergrund, um technische Meisterwerke (das Auto) sowie Weltklasse-Fahrleistungen zu demonstrieren." Die erste Extreme-E-Saison startet am kommenden Samstag (zum Zeitplan).

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2 Kommentare

Isabelle from Munich ·

Good idea to underline desertification with this car race. Are all the support vehicles for this race also e vehicles ?

Timo ·

Hi Isabelle, we don't know anything about support vehicles by now. Can only tell from the Formula E race in Saudi where they used ICE vehicles to build the track in 2018. But we also have to keep in mind that there are no fully electric solutions for many kinds of vehicles yet.

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