Extreme E

Erhitzung der Ozeane, steigende Meeresspiegel, Plastikmüll: Die Klimabotschaft der Extreme E im Senegal

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Plastic-Beach-Dakar-Senegal

Die Elektrorennserie Extreme E reist mit einem "schwimmenden Fahrerlager", dem ehemaligen britischen Postschiff St. Helena, zu ihren Rennveranstaltungen. Das Thema, auf das die Serie bei ihrem zweiten Event an diesem Wochenende im Senegal aufmerksam machen will, könnte somit kaum passender sein: Beim Ocean X Prix will die Meisterschaft auf die Erhitzung der Ozeane, die Folgen eines steigenden Meeresspiegels und Plastikmüll hinweisen.

Das Meisterschaftsrennen findet unweit des Lac Rose im Senegal statt. Der nur drei Meter tiefe Salzsee an der westafrikanischen Küste verdankt seinen Namen einer Algenspezies, die das Wasser rötlich färbt. Der See liegt weniger als einen Kilometer vom Atlantik entfernt - lediglich eine Sanddüne trennt ihn vom Ozean.

Die Bedrohung durch einen steigenden Meeresspiegel oder Verschmutzung durch Plastikabfälle ist für das UNESCO-Naturerbe entsprechend groß. Noch dazu nimmt der See eine bedeutende wirtschaftliche Rolle ein, denn das Salz aus dem Lac Rose ist wichtiges Exportgut des Senegal.

Warum steigt der Meeresspiegel?

Ursächlich für den Anstieg des Meeresspiegels sind im Wesentlichen zwei Phänomene. Einerseits wächst das Meeresvolumen durch schmelzende Eismassen auf dem Festland1. Dies geschieht beispielsweise, wenn an den Polarkappen der Erde Gletscher "kalben" und große Eisblöcke in ein Meer oder Binnengewässer abbrechen.

Andererseits geht auch ein Anstieg der Wassertemperatur, zum Beispiel durch den Treibhauseffekt, mit einem höheren Meeresspiegel einher1. Denn wie bei einem Heißluftballon nimmt die Dichte des Wassers bei höheren Temperaturen ab - und der Pegel des Meeres steigt2. Daraus folgen zahlreiche Anschlussprobleme, zum Beispiel das Ausbleichen von Korallen9.

Durch die bereits freigesetzten Treibhausgase wird der Meeresspiegel noch auf Jahrhunderte weiter ansteigen, unabhängig von einem möglichen "Emissionsstopp" in der absehbaren Zukunft2. Seit 1900 stieg der Meeresspiegel - global betrachtet - um etwa 19 Zentimeter3. Im nächsten Jahrhundert könnte der Wasserstand um ein Vielfaches über dem aktuellen Wert liegen.

Ist das ein neues Phänomen?

Nicht unbedingt. Durch natürliche Veränderungen im Klima der Erde schwankte der Meeresspiegel in den vergangenen 18.000 Jahren um circa 100 Meter4. Bemerkenswert ist jedoch die Geschwindigkeit, mit der er seit der Industrialisierung steigt: Im gesamten 18. Jahrhundert erhöhte sich der Meeresspiegel um nur zwei Zentimeter, im 19. Jahrhundert um sechs Zentimeter und im 20. Jahrhundert um 19 Zentimeter3 5.

Bleibt die aktuelle "Wachstumsrate" von 3,3 Millimetern pro Jahr6 bis zum Ende des Jahrhunderts konstant, würde der Meeresspiegel in den nächsten 80 Jahren um mindestens 26 Zentimeter steigen. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass der Durchschnittspegel an den Küsten im Jahr 2100 deutlich über diesem Wert liegen wird - möglicherweise fast zwei Meter (!) höher als aktuell5.

Was ist die Bedrohung eines höheren Meeresspiegels - und was hat das mit uns zu tun?

Die Gefahren eines höheren Meeresspiegels liegen insbesondere für Menschen, die an Küsten leben, auf der Hand. In Europa könnten vor allem Länder an der Nordesseküste von einem höheren Meeresspiegel betroffen sein: Schon bei einem Anstieg von 50 Zentimetern könnten Städte wie Amsterdam, Emden oder Bremen (abhängig von den Gezeiten) regelmäßig überflutet werden7. Auch die Millionenstadt London könnte von einem höheren Meeresspiegel bedroht sein.8

Wie groß ist die Gefahr von Plastikmüll in den Ozeanen?

Plastik hat einige einzigartige Eigenschaften: Es ist kostengünstig herzustellen, leicht, korrosionsbeständig und ein vergleichsweise guter thermischer und elektrischer Isolator10. Inzwischen ist eine Welt ohne Plastikprodukte kaum mehr vorstellbar - dabei ist insbesondere die schwere Zersetzbarkeit ein Problem für die Umwelt.

Allein an der Wasseroberfläche treiben in allen Ozeanen der Erde zusammen schätzungsweise 270.000 Tonnen Plastikmüll11. Doch auch am Boden der Meere sammeln sich die Abfälle. Zwischen 70 und 80 Prozent des Plastiks in den Weltmeeren stammt aus sogenannten landbasierten Quellen12, sind also Verpackungsmüll, Bauabfälle oder Textilien13.

Für die Fauna kann dies katastrophale Folgen haben. Tiere können sich in ausgedienten Netzen verfangen und ertrinken, Plastikteile mit Nahrung verwechselt und konsumiert werden14.

"Noch wissen wir nicht, ob verschlucktes Plastik in Fischen auch Auswirkungen auf unsere eigene Gesundheit hat", erklärt die Ozeanbeauftragte im Wissenschaftlichen Komitee der Extreme E, Sheena Talma. "Aber ich kann mir vorstellen, dass es wahrscheinlich nicht das ist, was wir in den Fischen haben wollen - es würde ja auch niemand Plastik an Rinder verfüttern."

Was kann ich gegen diese Probleme unternehmen?

Wie bei anderen Folgen des Klimawandels sind große Umbrüche nötig, um gegen steigende Meeresspiegel und Plastikmüll in den Ozeanen vorzugehen. Entscheidende Veränderungen könnte eine Verringerung der Treibhausgasemissionen bewirken.

Denn selbst wenn die Temperaturen der Ozeane (und damit der Meeresspiegel1) auch in den nächsten Jahrzehnten steigen werden, kann das Ausmaß des Meeresspiegelanstiegs weiterhin kontrolliert werden. Eine globale CO2-Reduktion könnte dabei helfen, das Schmelzen von Gletschern und die Erwärmung der Ozeane zu verlangsamen.

Talma rät mit Blick auf die Probleme durch Plastikverschmutzung: "Setz dich bei deiner Regierung und großen Unternehmen für eine Veränderung ein. Vor allem, wenn du in einem weiter entwickelten Land lebst. Aber es hilft auch, über den privaten Plastikverbrauch im eigenen Haushalt nachzudenken."

"Wenn man es sich leisten kann, sollte man versuchen, wiederverwendbare Materialen zu kaufen und auf Plastikprodukte zu verzichten. Es gibt zum Beispiel nachfüllbare Reinigungsprodukte."

Was unternimmt die Extreme E im Senegal?

Die Extreme E arbeitet im Senegal mit der Nicht-Regierungsorganisation (NGO) Oceanium zusammen, um eine Million Mangrovenbäume zu pflanzen. Abgesehen von der Fähigkeit, der Atmosphäre CO2 zu entziehen, können Mangroven die Folgen von Überflutungen abfedern. Der Austragungsort des Ocean X Prix wurde zudem im Rahmen einer "Beach Clean-up"-Aktion an der senegalesischen Atlantikküste verkündet (siehe Bild oben).

Quellenübersicht

1 Michener, W. K., Blood, E. R., Bildstein, K. L., Brinson, M. M., & Gardner, L. R. (1997). Climate change, hurricanes and tropical storms, and rising sea level in coastal wetlands. Ecological Applications, 7(3), 770-801.

2 Wind, H. G. (1987). Impact of sea level rise on society. ISBN 90-6191-786-1.

3 Dangendorf, S., Hay, C., Calafat, F. M., Marcos, M., Piecuch, C. G., Berk, K., & Jensen, J. (2019). Persistent acceleration in global sea-level rise since the 1960s. Nature Climate Change, 9(9), 705-710.

4 Jardine, W. G. (1982). Sea-level changes in Scotland during the last 18,000 years. Proceedings of the Geologists' Association, 93(1), 25-41.

5 Sweet, W. W. V., Kopp, R., Weaver, C. P., Obeysekera, J. T. B., Horton, R. M., Thieler, E. R., & Zervas, C. E. (2017). Global and regional sea level rise scenarios for the United States.

6 Cazenave, A., Dieng, H. B., Meyssignac, B., Von Schuckmann, K., Decharme, B., & Berthier, E. (2014). The rate of sea-level rise. Nature Climate Change, 4(5), 358-361.

7 Howard, T., Pardaens, A. K., Bamber, J. L., Ridley, J., Spada, G., Hurkmans, R. T. W. L., ... & Vaughan, D. (2014). Sources of 21st century regional sea-level rise along the coast of northwest Europe. Ocean Science, 10(3), 473-483.

8 Yunus, A. P., Avtar, R., Kraines, S., Yamamuro, M., Lindberg, F., & Grimmond, C. S. B. (2016). Uncertainties in tidally adjusted estimates of sea level rise flooding (bathtub model) for the greater London. Remote Sensing, 8(5), 366.

9 Douglas, A. E. (2003). Coral bleaching––how and why?. Marine pollution bulletin, 46(4), 385-392.

10 Wabnitz, C., & Nichols, W. J. (2010). Plastic pollution: An ocean emergency. Marine Turtle Newsletter, (129), 1.

11 Eriksen, M., Lebreton, L. C., Carson, H. S., Thiel, M., Moore, C. J., Borerro, J. C., ... & Reisser, J. (2014). Plastic pollution in the world's oceans: more than 5 trillion plastic pieces weighing over 250,000 tons afloat at sea. PloS one, 9(12), e111913.

12 LI, W. C., Tse, H. F., & Fok, L. (2016). Plastic waste in the marine environment: A review of sources, occurrence and effects. Science of the total environment, 566, 333-349.

13 Geyer, R., Jambeck, J. R., & Law, K. L. (2017). Production, use, and fate of all plastics ever made. Science advances, 3(7), e1700782.

14 Thompson, R. C. (2006). Plastic debris in the marine environment: consequences and solutions. Marine nature conservation in Europe, 193, 107-115.

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