Extreme E

Nico Rosberg im Extreme-E-Exklusiv-Interview: "Das hat Formel-1-Niveau bei uns"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Das von CEO Nico Rosberg geleitete Team Rosberg X Racing hat der Extreme E bislang eindrucksvoll seinen Stempel aufgedrückt. Das Meisterteam der Debütsaison hat auch im Jahr 2022 zwei der bislang drei X Prix gewonnen und geht somit als absoluter Favorit in die letzten beiden Saisonrennen. Bereits am Sonntag können Mikaela Ahlin-Kottulinsky und Johan Kristoffersson die Titelverteidigung perfekt machen.

Im Exklusiv-Interview mit 'e-Formel.de' spricht Nico Rosberg über das Erfolgsrezept seines Teams. Außerdem berichtet der Formel-1-Weltmeister von 2016 über eine schwierige Entscheidung vor Saisonbeginn und verrät uns seine Meinung zum Rennkalender und den häufigen Regelanpassungen, die es in den anderthalb Jahren des Bestehens der Rennserie bereits gegeben hat.

Nico, nach dem Titelgewinn in Saison 1 ist dein Team auch wieder gut in die zweite Saison gestartet und führt die Gesamtwertung an. Was macht euch als Team so stark?

Ich glaube, es ist die Kombination aus allem. Wir haben die beste Fahrerpaarung. Das hatten wir letztes Jahr schon, und dieses Jahr mit Mikaela aufs Neue. Dann haben wir einen Ingenieur, der mit Sebastien Ogier Weltmeister geworden ist, viel Erfahrung mitbringt und mit den Fahrern gut zusammenarbeitet. Dazu haben wir das DTM-Team der vergangenen Jahre als Mechanikertruppe mit Kimmo Liimatainen als Teamchef. Die Jungs haben die DTM ja in den letzten fünf Jahren dominiert. Und dann vielleicht einen CEO, der auch nicht so schlecht ist (lacht).

Zusammen gehen wir das Ganze wirklich auf hohem Niveau an. In der Vorbereitung und der Detail-Analyse ist das Formel-1-Niveau bei uns. Das machen die anderen, glaube ich, nicht auf diesem Level und deshalb haben wir es geschafft, bis jetzt so stark zu sein.

Du hast den Wechsel eurer Fahrerin angesprochen - Mikaela Ahlin-Kottulinsky hat Molly Taylor vor Saisonbeginn ersetzt. Wie kam es dazu? Man sagt doch eigentlich: "Never change a winning team?"

Man muss im Motorsport leider manchmal schwierige Entscheidungen treffen, und das war dieses Mal der Fall. Molly hat letztes Jahr einen super Job gemacht und einen riesigen Anteil am Erringen des Titels gehabt. Jetzt ist Mikaela am Start und wir haben wieder eine sehr, sehr starke Fahrerpaarung. Das muss man ganz klar sagen. Wir sind wieder in der Position, wo wir um die Meisterschaft kämpfen können und auch werden.

Worauf kommt es in der Extreme E deiner Meinung nach besonders an, um erfolgreich zu sein?

Es gibt nur fünf Rennen. Da kann man es sich nicht erlauben, einen großen Ausfall zu haben. Man braucht große Konstanz und muss immer vorne mit dabei sein. Das ist die Schwierigkeit in dieser Serie, man muss das Risiko immer managen. Dabei spiele ich selbst eine große Rolle, aber auch die Fahrer. In Neom sind wir nur mit einem halben Auto ins Ziel gekommen, das können wir uns so nicht jedes Mal erlauben. Das müssen wir schon ein wenig anders managen. Aber wir sind ein junges Team und lernen jedes Wochenende dazu. Das trifft auch auf die Fahrer zu. Das macht uns stark, dass wir da offen sind, um uns zu steigern.

"Alle Anpassungen gingen in die richtige Richtung"

In den ersten anderthalb Saisons der Extreme E gab es immer wieder Änderungen am Reglement, was es den Fans nicht immer einfach gemacht hat. Gibt es hier aus sportlicher Sicht deiner Meinung nach noch Baustellen?

Die Extreme E ist ein Start-up, etwas komplett Neues, das es noch nie gegeben hat. Da ist es zu erwarten, dass man mit der Zeit die Dinge anpasst, damit man es so spannend wie möglich gestaltet. Für die Zuschauer, aber auch für uns und für die Fahrer. Das wussten wir von vornherein. Dass das nicht ideal ist für die Menschen, die die Serie verfolgen, verstehe ich. Aber es ist eine junge Serie, die wachsen und sich mit einem erarbeiteten Konzept etablieren wird. Da müssen wir einfach ein wenig Geduld haben. Aber alle Anpassungen, die es gab, gingen in die richtige Richtung.

Die Extreme E ist damit angetreten, mit Rennen an abgelegenen und vom Klimawandel betroffenen Orten Aufmerksamkeit zu generieren. Statt in Grönland fährt man in diesem Jahr aber im Urlaubsort Punta del Este, dem "Monaco Südamerikas". Passt der aktuelle Rennkalender noch zur eigentlichen Message, die man verbreiten will?

Die Message ist da, das ist ganz klar und darauf legen wir auch unseren Fokus. In Saudi-Arabien ist beispielsweise Gleichberechtigung ein großes Thema. Ich hatte mit meinem Team die Möglichkeit, zusammen mit Prinz Charles (Anmerkung: das Interview fand vor dem Tod von Queen Elizabeth II. statt) und seiner Stiftung Frauen im traditionellen Handwerk zu unterstützen. Durch die Bereitstellung von technischem Equipment haben sie nun eine Möglichkeit bekommen, ihre Produkte auf einer Online-Plattform zu verkaufen.

Auf Sardinien waren wir letztes Jahr sehr stark involviert, um vor Ort die Menschen zu unterstützen, die von den Waldbränden betroffen waren. Wir haben die Leute besucht, die ihr gesamtes Land verloren haben, das über Generationen weitervererbt wurde. Das ist sehr traurig, weil man erst in 20 Jahren wieder etwas mit diesem Land anfangen kann. Wir haben die Menschen letztes Jahr finanziell und dieses Jahr bei der Aufforstung unterstützt. Für uns ist es ein wichtiges Thema, dass wir dort, wo wir Rennen fahren, auch immer etwas Positives beitragen.

Die Stadt Antofagasta in Chile, wo am kommenden Wochenende gefahren wird, ist hingegen der Hauptsitz eines großen Sponsors der Rennserie...

Manchmal muss man aber auch ein paar Kompromisse eingehen, weil wir eine junge Serie sind, die sich erst einmal etablieren muss, um dann final alles konsequent durchziehen zu können. Aber auch Chile ist relevant, etwa bei der Kupfergewinnung. Das ist ein großes Thema für die Umwelt, da die Grundwasserversorgung dadurch beeinflusst wird, was für die Bevölkerung in der Nähe ein riesiges Problem ist. Wir schauen uns vor Ort nachhaltige Alternativen an und unterstützen diese. Es gibt also viele relevante Themen, die wir vor Ort zeigen können. Ich sehe das als große Chance.

Würdest du es denn begrüßen, wenn Grönland oder der Amazonas, wo im letzten Jahr ein Rennen hätte stattfinden sollen, aber der Pandemie zum Opfer fiel, in den Rennkalender zurückkehren?

Ja, auf jeden Fall. Grönland oder vielleicht sogar Island fände ich ein sehr wichtiges Thema. Da kann man dann auch wirklich zeigen, was da im Moment passiert, wie schlimm das dort mit dem Schmelzen der Gletscher ist. Nicht nur für den Meeresspiegel, sondern für das gesamte Ökosystem. Die Tiere tun sich verdammt schwer mit der Veränderung. Daher finde ich es wichtig, dass wir in diesen Regionen fahren. Der Amazonas wäre genauso ein wichtiges Thema. Ich hoffe, dass wir da nächstes Jahr hinkommen.

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