ABB entwickelt Ladeinfrastruktur für Gen3: "Brauchen keinen Wasserstoff als Energiequelle"
Tobias Wirtz
Obwohl noch zwei Formel-E-WM-Saisons mit den Gen2-Fahrzeugen vor uns liegen, wirft das neunte Meisterschaftsjahr schon seine Schatten voraus. Mit den Elektroboliden der dritten Generation wird voraussichtlich Ende 2022 auch eine neue Ladeinfrastruktur eingeführt, die aktuell Titelsponsor ABB entwickelt. Dabei wollen die Schweizer auf die lokale Energieversorgung zurückgreifen.
"Die Gen3-Charger werden dahin gehend einzigartig sein, dass wir mit 80 kW laden werden anstelle von 50 oder 53 kW, was normal ist", sagte Tarak Mehta, Leiter des ABB-Geschäftsbereichs Elektrifizierung, vor einigen Wochen bei einer Online-Pressekonferenz, der auch 'e-Formel.de' beiwohnte.
"Man wird zwei Autos gleichzeitig laden können", erklärt er weiter. "Wir können die Autos also in kurzer Zeit rennbereit machen. Das wird auch die Grenzen verschieben, wie viel Power wir in das Auto laden können. Hier arbeiten wir mit den technischen Experten der FIA und Formel E zusammen, um herauszufinden, welches das richtige Leistungsniveau ist."
ABB greift bei der Entwicklung für die Formel E auf Erfahrungen aus der kürzlich zu Ende gegangenen Jaguar I-Pace eTrophy zurück. Auch hier hatte der Konzern die Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt - das erste ABB-Projekt im elektrischen Rennsport. Die von ABB für die Formel E zur Verfügung gestellten Charger sind jedoch keine Universal-Ladegeräte, sondern Prototypen, die speziell für den Einsatz in der Elektrorennserie und die dort geltenden Rahmenbedingungen entwickelt werden.
Rennbetrieb soll Technologie-Fortschritt für die Massenanwendung bringen
"Der erste Schritt ist, dass wir sicherstellen müssen, die Performance der Batterie und die Geschwindigkeit der Aufladung zu maximieren", sagt Mehta. "Diese Charger werden sicher sehr spezifisch entwickelte Komponenten haben, die genau auf die Gen3-Batterie abgestimmt sind."
Dennoch ist sich Mehta sicher, dass die Innovationen aus der Formel E auch den Weg auf die Straße finden werden, und dass auf lange Sicht viele E-Mobilisten davon profitieren können: "Wenn du heute dein Elektroauto anschließt, dauert es irgendetwas zwischen 15 und 30 Sekunden, bevor der Strom überhaupt fließt. So lange dauert es, bis die entsprechenden Protokolle durchgelaufen sind."
"Wenn bei jedem einzelnen Ladevorgang jetzt nur zwei statt im Schnitt 20 Sekunden vergehen, und man das mit den 14.000 Ladestationen von ABB auf der Welt multipliziert, erhöht sich die Verfügbarkeit der Ladestationen", kalkuliert Mehta. "Das ist gutes ein Beispiel für einen positiven Nebeneffekt eines Renneinsatzes, wo man nicht so lange warten kann, sondern es schnell gehen muss. Das können wir dann in die Massenanwendung übernehmen."
Jamie Reigle: "Signifikante Reduzierung von Volumen & Gewicht"
Formel-E-CEO Jamie Reigle ergänzt einen weiteren Punkt, der für die Formel E eine wichtige Rolle spielt: "Wir erhöhen auch die Nachhaltigkeit dadurch, dass wir zwei Fahrzeuge mit einem Charger laden können. Das ist eine signifikante Reduzierung von Volumen und Gewicht, was einen Einfluss auf den Versand und den Transport des Equipments hat. Es verbirgt sich also mehr Innovation dahinter als das technische Aufladen der Fahrzeuge."
Der potenziellen Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle, wie es die neue SUV-Rennserie Extreme E führ ihre Rennen plant, erteilt Mehta aufgrund der Rahmenbedingungen, unter denen die Formel-E-Rennen in den Stadtzentren stattfinden, hingegen eine Absage: "Angesichts des Strombedarfs und der Infrastruktur, die wir normalerweise zur Verfügung haben, brauchen wir für die Rennen keinen Wasserstoff als Energiequelle. Wir beziehen ihn vielmehr einfach aus dem Stromnetz. Fast in jeder Stadt, in der wir fahren, haben wir einen guten Zugang. Das ist der beste und effizienteste Weg, Strom zu bekommen."
Foto: ABB
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