Formel E

Abt-Rauswurf laut Glock ein "Elfmeter für Audi", di Grassi wünscht ihm neues Cockpit

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Auch mehrere Wochen nach der Suspendierung von Daniel Abt durch Audi wird das Thema noch diskutiert. Nun hat auch Timo Glock Stellung bezogen. Glock, der von 2004 bis 2012 in der Formel 1 fuhr, seit einigen Jahren für BMW in der DTM startet und als TV-Experte bei den F1-Übertragungen von RTL fungiert, teilt dabei die weitverbreitete Meinung, Audi habe einen Vorwand gesucht, Abt schnell loswerden zu können. Teamkollege Lucas di Grassi spricht ihm indes Talent zu und wünscht ihm ein neues Formel-E-Cockpit.

Die Race at Home Challenge bewertet Glock als Event ohne jeden sportlichen Wert. Das habe sich für ihn auch durch die Fahrweise offenbart, die viele Fahrer an den Tag legten - Massenkarambolagen waren an der Tagesordnung. "Die Profi-Rennfahrer haben vor allem deshalb mitgemacht, weil wegen der Corona-Krise die Zeit dafür da war", erklärt Glock bei 'Speedweek'.

"Wenn es eine andere Ernsthaftigkeit bekommen würde, würden die Piloten auch anders an die Sache herangehen", ist sich Glock sicher. "Ich finde, dass die Reaktion (von Audi) überzogen war. Denn bei dieser Rennserie geht es in erster Linie vor allem um Spaß. Denn wenn man die Rennen gesehen hat, sah das eher wie Autoscooter aus."

"Wenn man mit Daniel hätte weitermachen wollen, hätte man die 10.000-Euro-Geldstrafe akzeptiert und gut", bezieht sich Glock auf die Spende für einen wohltätigen Zweck, welche die Formel E Abt unmittelbar nach Bekanntwerden der Aktion auferlegt hatte. "Ich würde sagen, es war ein Elfmeter für Audi, um sich von Daniel zu trennen. Und man hat sich entschieden, das so durchzuziehen. Das war relativ offensichtlich."

Bei 'Motorsport-Total' legt Glock nach: "Dieser Simracing-Event, bei dem sich alle in die Karre fahren und die Schadensmodelle auf 60 oder 70 Prozent reguliert sind (tatsächlich waren es 80 Prozent), war ja gefühlt eine reine Spaßveranstaltung", so der Deutsche. "Die Reaktion ist also relativ klar: Man wollte mit Daniel in Zukunft nicht weiterarbeiten und hat die Chance genutzt, ihn vor die Tür zu setzen. Das ist meine Meinung dazu."

Ob der Abt-Rauswurf, der den Weg für Rene Rast freimachte, trotz der Kritik eine gute Entscheidung für Audi war? "Keine Ahnung, das kann ich nicht beurteilen", antwortet Glock auf diese Frage. "Das werden sie selbst merken."

Lucas di Grassi: Daniel Abt "verdient Platz in der Formel E"

Abts Teamkollege in den vergangenen sechs Jahren war Lucas di Grassi. Beide harmonierten stets gut miteinander und verstehen sich auch menschlich hervorragend. Mit Blick auf den sportlichen Erfolg war di Grassi die klare Nummer 1 im Team, auch wenn Abt zwei Rennsiege verbuchen konnte und mit 390 Zählern in der ewigen Punkteliste der fünfterfolgreichste Fahrer der Formel-E-Geschichte ist.

"Ich finde, er hat das Talent und die Fähigkeiten, in der Formel E mitzufahren und weiterhin gute Ergebnisse einzufahren", meint di Grassi ebenfalls bei 'Motorsport-Total'. "Er ist sehr talentiert und war in den vergangenen Jahren extrem konkurrenzfähig. Deshalb muss er dabei sein."

Ob Abt irgendwann noch einmal bei einem anderen Formel-E-Team unterkommen wird, steht in den Sternen. Die Chancen sind eher klein. Allerdings enthüllte Abt kürzlich in seinem Twitch-Stream, dass ihm ein Vertrag zur Unterschrift vorliege, den er annehmen wolle. Um was für eine Rennserie beziehungsweise um was für ein Engagement es sich dabei genau handelt, ist noch unbekannt. Er wolle aber schon in Kürze darüber berichten.

"Ich werde Daniel im Team wirklich vermissen", sagt di Grassi und blickt auf die lange gemeinsame Zeit zurück: "Als wir uns das erste Mal getroffen haben, um gemeinsam Formel E zu fahren, befanden wir uns in unterschiedlichen Abschnitten unserer Karriere. Daniel kam aus der Formel 2 (seinerzeit noch GP2), während ich aus der Langstreckenszene und der Formel 1 kam. Ich bin sieben Jahre älter und hatte daher mehr Erfahrung. Er hat viel von mir gelernt."

Di Grassi glaubt durchaus an das Potenzial seines ehemaligen Teamkollegen und bringt ihn für andere Teams ins Gespräch: "Er ist in der Zeit, in der wir zusammengearbeitet haben, zu einem sehr guten Fahrer herangereift. Er verdient zweifellos einen Platz in der Formel E. Ich glaube, die Leute unterschätzen seine Fähigkeiten."

zusätzliche Berichterstattung durch Timo Pape

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