Alle Neuerungen im Überblick: Das hat sich vor dem Saisonstart der Formel E in Sao Paulo verändert
Timo Pape
Mehr als 18 Wochen sind vergangen seit dem Formel-E-Saisonfinale 2024 in London, wo sich Pascal Wehrlein seinen ersten Weltmeistertitel sicherte. In wenigen Tagen beginnt mit dem Sao Paulo E-Prix (7. Dezember) die neue Saison 2024/25. Du hast die Nachrichtenlage in den vergangenen Monaten nicht so genau verfolgt? Kein Problem - hier kommen die wichtigsten Veränderungen im Überblick.
Lola an Bord: neue Hersteller- & Teamkonstellationen
Neulinge werden sich wundern, was mit den ABT-Autos passiert ist, denn Titelsponsor Cupra hat sich still und heimlich aus der Formel E verabschiedet. Stattdessen nennt sich das Team nun Lola Yamaha ABT, tritt als eigenständiger neuer Hersteller an und fährt nicht mehr unter deutscher, sondern britischer Flagge. Wie schon vor einigen Jahren hat ABT seine Formel-E-Lizenz verkauft - damals an Audi, heute an Lola. Die Allgäuer fungieren aber weiterhin als Einsatzteam.
Der indische Hersteller Mahindra Racing hat dadurch kein Kundenteam mehr und kann sich voll auf das eigene Werksteam konzentrieren. Porsche hingegen hat plötzlich sogar ein drittes Kundenteam: Kiro Race Co. Das zuvor als "ERT" bezeichnete Team hat einen neuen Besitzer aus den USA gefunden, seinen Herstellerstatus abgegeben und einen Antriebsdeal mit Porsche abgeschlossen. Statt des neuen Gen3-Evo-Antriebs erhält Kiro jedoch eine leicht modifizierte Variante jenes Motors, den Porsche und Andretti in den beiden vergangenen Saisons eingesetzt haben.
Kiro tritt dabei mit auffälliger neongelber Lackierung auf, und auch das Porsche-Werksteam sieht inzwischen ganz anders aus: Die Zuffenhausener erstrahlen ab sofort in Lila. Während das Team DS Penske fortan in Schwarz mit goldenen Akzenten fährt - ähnlich seiner Sonderlackierung vom Monaco E-Prix 2024 -, hat Jaguar bislang noch kein neues Design vorgestellt, könnte nach einem grundsätzlichen Re-Branding des Jaguar-Konzerns in den nächsten Tagen noch überraschen…
Maserati hat mit Cyril Blais nicht nur einen neuen Teamchef gefunden, sondern kürzlich auch seinen langfristigen Verbleib in der Formel E bis mindestens 2030 bekannt gegeben. Nach Jaguar, Nissan, Porsche, Lola und Maserati sind damit nur noch die Hersteller Mahindra und DS Automobiles ohne "Gen4-Fahrschein".
3 neue Stammfahrer, 1 Rookie
In der elften Formel-E-Saison - ja, die Elektroserie feierte im September ihr zehnjähriges Jubiläum - erhalten drei Fahrer erstmals ein Stammcockpit. Taylor Barnard übernimmt für Jake Hughes bei McLaren, nachdem der Brite schon in der vergangenen Saison als Ersatz für Sam Bird überzeugt hat.
Auch David Beckmann bekommt seine Chance: Der junge Deutsche übernahm beim Vorsaison-Test das Cockpit von Sergio Sette Camara bei Kiro und hat das Team offensichtlich von seinen Fähigkeiten überzeugt. Auch die Verbindung zwischen Kiro und seinem Antriebslieferanten dürfte eine Rolle dabei gespielt haben, dass Porsche-Fahrer Beckmann ein Stammcockpit erhalten hat.
Der einzige Rookie der neuen Saison ist Zane Maloney. Der Youngster von der Karibikinsel Barbados testete bereits bei verschiedenen Gelegenheiten für Andretti in der Formel E und erhielt ein Cockpit bei Lola.
Außerdem gab es ein paar reguläre Transfers zwischen den Teams: Nico Müller wechselte von ABT zu Andretti und verdrängte dort Norman Nato. Der Franzose kam wiederum bei Nissan unter, woraufhin Sacha Fenestraz die Formel E verlassen musste. Max Günther ging von Maserati MSG Racing zum Schwesterteam DS Penske. Da Jehan Daruvala Maserati verlassen musste, tritt das Team mit Sitz in Monaco als einziges mit einem gänzlich neuen Line-up an: Stoffel Vandoorne (vorher DS Penske) und Jake Hughes (vorher McLaren).
Technik: neues Gen3-Evo-Auto & Pit-Boost
Nach den ersten beiden Gen3-Jahren kommt in der Formel E - wieder für zwei Saisons - ein neues Fahrzeug zum Einsatz. Das sogenannte Gen3 Evo verfügt erstmals über einen Allradantrieb, der den Elektrorennwagen in 1,86 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt - schneller als ein Formel-1-Auto! Der Allradmodus darf beim Start, im Attack-Mode und in den Qualifying-Duellen eingesetzt werden.
Außerdem hat Hankook einen deutlich weicheren Einheitsreifen entwickelt, der gemeinsam mit dem Allradantrieb für deutlich schnellere Rundenzeiten sorgen wird. Zu guter Letzt hat sich auch die Karosserie der Formel-E-Autos leicht verändert, besonders im Bereich der Fahrzeugnase.
Zwar ist bislang noch keine offizielle Entscheidung gefallen, aber es ist wahrscheinlich, dass die viel diskutierten Schnelllade-Boxenstopps in dieser Saison mit zwei Jahren Verspätung eingeführt werden - zum Saisonstart aber wohl noch nicht. Der gut 30-sekündige Ladevorgang, der inzwischen "Pit-Boost" genannt wird, könnte bei allen Double-Header-Wochenenden bei jeweils einem Rennen zum Einsatz kommen. Ein Testrennen mit Pit-Boost beim Vorsaison-Test verlief weitgehend problemlos.
Improvisierte Vorsaison-Testfahren in Madrid
Durch die schweren Unwetter in der Region Valencia musste die Formel E ihren diesjährigen Kollektiv-Test kurzfristig auf den Circuito del Jarama nahe Madrid verlegen. Die schnellste Rundenzeit der Woche setzte Jaguar-Pilot Mitch Evans. Zudem überzeugten Porsche und vor allem das neue Kundenteam Kiro: Dan Ticktum landete im Wochenklassement auf dem zweiten Platz vor Weltmeister Pascal Wehrlein, der ab sofort übrigens mit der Startnummer 1 fährt. David Beckmann im zweiten Kiro war Viertschnellster.
Außerdem veranstaltete die Formel E in Madrid erstmals einen Frauen-Test, bei dem alle Teams mindestens eine Fahrerin einsetzen mussten. Die Bestzeit erzielte dabei die Britin Abbi Pulling für das Nissan-Werksteam. Unsere wichtigsten Learnings aus den Vorsaison-Testfahrten haben wir in einem eigenen Artikel niedergeschrieben.
Sportliches Reglement: Hersteller-WM & längere Trainings
Wie jedes Jahr hat die Formel E einige Änderungen an ihrem Sportlichen Reglement vorgenommen. Die wohl wichtigste: Die während der Vorsaison eingeführte Hersteller-Trophäe wurde zu einer offiziellen FIA-Weltmeisterschaftswertung. In dem Zuge hat die Formel E die Punkteberechnung leicht angepasst.
Weiterhin erzielen nur die beiden bestplatzierten Fahrzeuge je Hersteller Punkte für die WM. Die übrigen zwei bis vier Autos desselben Herstellers werden aus der Wertung ausgeschlossen, sodass die Fahrzeuge der anderen Hersteller ggf. aufrücken. Im Gegensatz zur Regelung der "Manufacturers' Trophy" der abgelaufenen Saison zahlen die Bonuspunkte für die Pole-Position und die schnellste Rennrunde nicht mehr auf die Hersteller-WM ein.
Eine weitere wichtige Änderung: Die Freien Trainings bei einem E-Prix dauern ab sofort jeweils 40 Minuten, nicht mehr 30 Minuten. Am Qualifying und Rennen ändert sich hingegen nichts.
Rennkalender: neue Strecken in Saudi-Arabien & USA
Mitte Oktober hat die Formel E ihren endgültigen Rennkalender für die Saison 2024/25 herausgegeben. Dabei hat sie es nicht geschafft, die lange Pause zwischen den Rennen in Saudi-Arabien (15. Februar) und USA (12. April) zu füllen. Fans müssen einmal mehr eine lange Durststrecke hinnehmen.
Beide letztgenannten Länder erhalten neue Austragungsorte: In Saudi-Arabien zieht die Formel E von Diriyah nach Jeddah und fährt dort auf einer verkürzten Variante des F1-Kurses. In den USA ist fortan nicht mehr Portland, sondern Miami Gastgeber. Allerdings nicht auf dem einstigen Stadtkurs von 2015, sondern auf der klassischen Rennstrecke Homestead International Speedway.
Monaco und Tokio werden erstmals zum Double-Header mit zwei Läufen, Jakarta kehrt in den Kalender zurück. Der Berlin E-Prix findet 2025 erst im Juli statt, London ist abermals Schauplatz des Saisonfinales. Los geht es diesmal schon vor dem Jahreswechsel - am 7. Dezember im brasilianischen Sao Paulo.
Du bist neu in der Formel E? Dann hör dir den neuen Einsteiger-Guide in unserem Podcast ePod an!
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