Formel E

Analyse: Was bedeutet die Formel-1-Übernahme von Liberty Media für die Formel E?

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Seit mehreren Wochen kursiert in den großen Motorsportmedien ein Name: Liberty Media. Der US-amerikanische Medienkonzern kaufte am Mittwoch in einem ersten Schritt mehr als 18,7 Prozent der Anteile der Formel 1. Ab 2017 soll die Firma dann die mehrheitlichen Stimmrechte in der Verwaltung der Königsklasse besitzen. Pikant: Der Eigentümer von Liberty Media hat ebenfalls Anteile an der Formel E. Wir analysieren, was die Formel-1-Übernahme von Liberty Media für die Elektroserie bedeutet.

Ist der Formel-1-Aufkauf von Liberty Media womöglich eine Gefahr für die Formel E? Zumindest auf kurze Sicht lautet die Antwort: nein. Seit März 2015 besteht eine Partnerschaft zwischen Liberty Global und der Formel E. Die Firma von Multimilliardär John Malone investierte laut dem 'Hollywood Reporter' damals mehr als 50 Millionen Euro in die Elektroserie und besitzt seitdem rund ein Drittel der Formel E. Neben Anteilen am Fernsehsender QVC, dem Online-Reisebüro Expedia oder dem Baseballteam Atlanta Braves übernimmt Malone nun auch - mit der Liberty-Global-Schwesterfirma Liberty Media - die Formel 1.

Formel E in Finanzkrise: Der entscheidende Faktor?

Für die Formel E ist der Liberty-Deal mit der Formel 1 trotzdem nicht ungefährlich. Der Grund ist wenig überraschend: Geld. Die Formel E ist noch nicht wirklich profitabel. Zwar fasziniert sie immer mehr Zuschauer rund um die Welt und beschäftigt inzwischen ein großes Organisationsteam, doch trotzdem konnte die Elektroserie auch 2015 keine schwarzen Zahlen schreiben.

Der Finanzreport der Formel E aus dem vergangenen Jahr ist auf den ersten Blick schockierend: In jenem Jahr konnte die Formula E Operations Ltd. nur 2,7 Millionen Euro durch Sponsoren einnehmen. Das Resultat: Die Firma verlor umgerechnet 65,1 Millionen Euro in ihren ersten anderthalb Jahren.

Ganz im Gegensatz dazu macht die Formel 1 jährlich über 293 Millionen Euro Profit. Hier der direkte Vergleich, aufgestellt von 'Formula Money' aus Firmendokumenten:

  Formel 1 Formel E
Einnahmen 1,5 Milliarden Euro 20,5 Millionen Euro
Betriebsgewinn 293 Millionen Euro

-65,1 Millionen Euro

Mitarbeiter 356

29

Immaterielle Vermögenswerte 5,2 Milliarden Euro

311.000 Euro

Aus der finanziellen Perspektive ist ein Engagement in der Formel 1 für eine derartige Firma wie Liberty - und vor allem für Herrn Malone - also deutlich lukrativer. Neben Liberty Global haben auch Qualcomm, Amura Capital, eine Privatkapitalgesellschaft aus Andorra, Causeaway Media Partners, die Privatleute Alejandro Agag (CEO der Formel E) und Enrique Banuelos und Discovery Communications (Mutterkonzern von Eurosport) Anteile an der Formel E. Bei Discovery besitzt Malone ebenfalls ein 29-prozentiges Stimmrecht. In Sachen Formel E hat der 75-Jährige also sehr viel Einfluss.

Formel E bald vor der EU-Kommission?

Der Mega-Deal mit der Formel 1 dürfte den Verwaltern jener Firmen, in die Malone investierte, die Schweißperlen auf die Stirn treiben: Was wäre, wenn er seine Unterstützung zurückzieht, sollten die Unternehmen nicht die Formel 1 unterstützen? Schließlich könnte die Formel 1 mit Abstand zur neuen größten Einnahmequelle für Malones Unternehmen werden. Die Frage, ob die Übernahme rechtens ist und keine Risiken für andere Malone-Unternehmen bietet, könnte in der nahen Zukunft sogar von der EU-Kommission behandelt werden. Diese untersucht die Formel 1 seit mehreren Jahren.

Liberty Media könnte möglicherweise versuchen, die Formel E als "Schwesterserie" im Rahmenprogramm der Formel 1 laufen zu lassen, um die Untersuchung der EU-Kommission zu umgehen. Dass das passieren wird, ist aber sehr unwahrscheinlich. Schließlich vertritt die Formel E gänzlich andere Werte als die Formel 1. Die Europäische Kommission könnte Malone deswegen auch zum Verkauf aller Formel-E-Anteile mit Liberty Global zwingen. Ähnliches passierte bereits in der Vergangenheit, als das luxemburgische Finanzunternehmen CVC die Beteiligung an der MotoGP aufgeben musste, da es in die Formel 1 investierte.

Neue Investoren gesucht

Eine mögliche Langzeitkonsequenz der Formel-1-Übernahme durch Liberty Media könnte also der letztendliche Rückzug von John Malone und Liberty Global aus der Formel E sein. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass der Formel-1-Deal noch nicht in trockenen Tüchern ist: Noch gibt es viele Hürden, die Liberty Media überwinden muss.

Gesetzt den Fall, dass sich Liberty Global als Formel-E-Investor zurückzieht (egal ob freiwillig oder per Anordnung der EU), muss sich Alejandro Agag, der Geschäftsführer der elektrischen Rennserie, schnellstmöglich nach neuen Investoren umsehen. Die finanziell noch schwach aufgestellte Formel E braucht dringend Geld und neue Unterstützer, sonst droht das Konzept zu kippen.

Doch ebendieses revolutionäre Konzept der Formel E, eine vollelektrische Formelserie, die in den Innenstädten von Weltmetropolen für Elektromobilität wirbt, könnte bei Agags Suche der größte Trumpf sein. Schließlich wird die Idee der elektrischen Meisterschaft mit großer Sicherheit mehrere "Big Players" als Investoren anziehen, wenn sich die Serie einmal etabliert hat. Wir sind gespannt, wie sich die Debatte um Liberty Media weiterentwickelt.

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