"Anders als alles, was ich bisher gefahren bin": Wie der Frauentest die Formel E auf die Zukunft vorbereitet
Jasmin Fromm
FIA Formula E
Die Fahrerinnen des Formel-E-Frauentests in Valencia waren von der Erfahrung hinter dem Steuer der Elektrorennwagen begeistert. Sie sehen jedoch noch Verbesserungspotenzial, um das Fahrerlebnis insbesondere für Frauen zu optimieren. Mit der Einführung der vierten Fahrzeuggeneration steht die Formel E dabei ohnehin vor einem wichtigen Entwicklungsschritt, der es in der Zukunft auch Frauen erleichtert, die Elektro-Boliden zu fahren.
Am letzten Tag der Formel-E-Vorsaison-Testfahrten in Valencia wurde der zweite Frauentest in der Geschichte der Serie durchgeführt. Am 31. Oktober stiegen 14 Fahrerinnen am Vor- und Nachmittag jeweils für drei Stunden hinter das Lenkrad der Formel-E-Boliden. Für die meisten war es bereits das zweite oder dritte Mal, dass einen Elektrorennwagen der Formel E fuhren. Doch es waren auch komplett neue Gesichter dabei, wie die US-Amerikanerin Lindsay Brewer. Sie hatte von DS Penske die Möglichkeit bekommen, den Wagen von Maximilian Günther zu pilotieren.
"Es ist definitiv ein ganz anderes Auto als alles, was ich bisher gefahren bin. Aber es ist unglaublich. Es macht so viel Spaß, damit zu fahren", schwärmte Brewer in der Pressekonferenz, nachdem sie aus dem Auto gestiegen war. Die Rundenzeiten der Amerikanerin haben am Ende aber nur für den vorletzten Platz gereicht; die fehlende Formel-E-Erfahrung im Vergleich zu vielen anderen Fahrerinnen war erkennbar.
Brewer: "Ich hätte härter trainieren sollen"
Doch auch ein anderer Aspekt machte sich für die Amerikanerin bemerkbar: "Ich hätte wohl auch härter trainieren sollen", gab sie im Gespräch mit FE Notebook zu. Die Formel-E-Fahrzeuge sind aktuell nicht mit einer Servolenkung ausgestattet; dies ist etwas, das erst mit der vierten Fahrzeuggeneration ab der Saison 2026/27 kommen wird. Ein Aspekt, über den die Fahrerinnen ihre Freude bekundeten, wenn auch einige nicht ganz so stark zu kämpfen hatten wie andere. Die schnellste Fahrerin des Frauentests, Brewers Landfrau Chloe Chambers im Mahindra, sah sich aufgrund ihres aktuellen Trainings etwas im Vorteil.
"Die Lenkung ist schwer, aber ich bin es gewohnt, Autos ohne Servolenkung zu fahren", so Chambers. "Ich denke, dass einige der anderen Fahrerinnen, die eher aus dem Sportwagenbereich kommen, wahrscheinlich etwas mehr zu kämpfen hatten als ich. Aber ich habe ohnehin für eine schwere Lenkung trainiert, daher zeigt mir das, auf welchem Niveau ich in Bezug auf meine körperliche Leistungsfähigkeit sein muss." Chambers fährt zurzeit in der F1 Academy, wo die Fahrzeuge ebenfalls keine Servolenkung besitzen.
Auf Nachfrage von e-Formel.de zum Gen4-Rennagen erklärte Beth Paretta, Vize-Präsidentin für Sport bei der Formel E: "Der Gen4-Wagen hat so viel Leistung und Drehmoment, dass die Servolenkung für alle Fahrer:innen eine Notwendigkeit ist. Wenn man sich das Auto ansieht, das jetzt über Allradantrieb und Servolenkung verfügt, dann waren diese Elemente aufgrund der Entwicklung dieses Autos unverzichtbar. Ich möchte also sicherstellen, dass allen klar ist, dass diese nicht nur hinzugefügt wurden, um den Fahrerpool zu vergrößern, sondern dass dieses Auto so leistungsstark ist, dass es eine Notwendigkeit ist, damit alle das Optimum aus dem Auto herausholen können, wir ein großartiges Rennen haben und die Leute es tatsächlich kontrollieren können."
Garcia: "Es geht vor allem darum, Kontakte zu knüpfen"
Allen Rennfahrerinnen liegt es in der Natur, die Schnellste sein zu wollen. Bei Testfahrten wie dem Frauentest ist das jedoch nicht das ultimative Ziel. Vielmehr geht es um ganz andere Dinge, wie Marta Garcia betonte, die für Lola Yamaha ABT fuhr: "Es geht vor allem darum, Kontakte zu den Teams zu knüpfen. Abbi (Pulling) ist zum Beispiel bei Nissan, Jamie (Chadwick) ist bei Jaguar. Ich denke, dass sich langfristig viele Möglichkeiten mit dem Team ergeben können, was meiner Meinung nach das Beste ist, denn wir müssen uns weiterentwickeln und uns gemeinsam vorbereiten."
Für Garcia war es bereits das dritte Formel-E-Team, mit dem sie in Verbindung kam, nachdem sie 2024 beim Rookie-Test in Berlin für ERT fuhr. Im selben Jahr folgte dann der erste Frauentest in Madrid, wo sie für das Porsche-Werksteam ins Cockpit stieg. Auch wenn es von Vorteil sein kann, bereits die Arbeitsweise unterschiedlicher Teams kennengelernt zu haben, scheint Garcia doch den Wunsch nach Konstanz zu hegen. Die Spanierin freut sich bereits auf den ersten Madrid E-Prix: "Ich werde versuchen, auch dorthin (Madrid) zu gehen, hoffentlich auch dort zusammen mit Lola".
Auch für Super-Formula-Fahrerin und Formel-E-Neuling Juju Noda, die den Jaguar von Mitch Evans fuhr, war der Test eine große Lernerfahrung: "Das Beste an diesem Test mit Jaguar TCS Racing war meiner Meinung nach, dass alle Mechaniker und Ingenieure über ein so hohes technisches Verständnis verfügten, dass ich schon allein durch das Beobachten der Tests (an den Tagen zuvor) viel lernen konnte. Als ich selbst an der Reihe war, zu fahren, waren die Informationen der Ingenieure und die Art und Weise, wie das Team kommuniziert, eine wirklich gute Lernerfahrung."
Zur Performance des Autos beschreibt sie bei FE Notebook: "Ich habe während des Tests mehrere Startübungen gemacht und war überrascht, wie schnell das Auto beschleunigt. Ich glaube, die Beschleunigung ist so schnell, dass man damit die gesamte Startaufstellung der Super Formula überholen könnte! Das hat mir bewusst gemacht, wie beeindruckend Elektroautos sind."
Die Höchstgeschwindigkeit des Autos sei zwar geringer als die der Super Formula, ergänzt sie, "aber die Beschleunigung ist schneller, also habe ich versucht, meine Fahrweise spontan anzupassen, um diesen Vorteil voll auszunutzen."
Pulling: "Es gibt viele verschiedene Wege. Eine Nachwuchsserie wäre also sinnvoll"
Von Seiten der Formel E gibt es den Wunsch, wieder eine Frau in die Startaufstellung eines offiziellen Formel-E-Rennens zu bringen, Daher wurden Testfahrten wie der Frauentest in die Welt gerufen wurden. Auch die Thematik einer elektrischen Nachwuchsserie wäre eine weitere Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen.
"Es gibt keine spezielle Nachwuchsserie für die Formel E. Alle kommen aus unterschiedlichen Bereichen des Motorsports, sei es GT, Hypercar, Formel 1 oder sogar Formel 2 und Formel 3. Es gibt viele verschiedene Wege, wie man zur Formel E kommt. Eine Nachwuchsserie wäre meiner Meinung nach also sinnvoll“, beschreibt Nissan-Entwicklungsfahrerin Abbi Pulling. Es sollte es sich aber nicht um eine Nachwuchsserie nur für Frauen handeln, findet Pulling: "Ich denke, sie sollte für alle offen sein. Und ich glaube, das wäre ein ziemlich spannender Weg."
Der zweite Formel-E-Frauentest am Ende der Vorsaison-Testfahrten ist somit erfolgreich abgeschlossen. Der nächste offizielle Stopp der Elektro-Weltmeisterschaft ist der Saisonstart in Sao Paulo, Brasilien am 6. Dezember 2025.
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