Formel E

Verpasste Fristen, fehlende Verträge: Formel-E-Rennen in Vancouver in Gefahr?

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

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Die Formel E steht in Kanada wohl unter keinem guten Stern: Der Promoter des Vancouver E-Prix, der für den 2. Juli 2022 geplant ist, soll einem lokalen Medienbericht zufolge seinem Zeitplan hinterherhinken. Mehrere notwendige Verträge für das "Canadian E-Fest", so der offizielle Name der Veranstaltung, seien noch nicht unterzeichnet worden, zudem sollen Fristen nicht eingehalten und Kautionen bislang nicht hinterlegt worden sein, heißt es.

Droht möglicherweise ein zweites Montreal? Das Rennen im Jahr 2017, das in einem "finanziellen Fiasko" für die Stadt endete, hatte wenige Monate später eine zentrale Rolle im Bürgermeister-Wahlkampf gespielt. Zudem wurden Vorwürfe von Vorteilsgewährung und Korruption laut. Die neue Bürgermeisterin Valerie Plante kündigte einst den Vertrag mit der Formel E. Erst im vergangenen Jahr einigte sich die Stadt außergerichtlich mit der Rennserie auf eine Vergleichszahlung von drei Millionen kanadischen Dollar (rund zwei Millionen Euro).

Nun berichtet die 'Vancouver Sun', dass am vergangenen Freitag ein kurzfristig anberaumtes Zoom-Meeting stattgefunden habe. Neben Vertretern der Stadtverwaltung von Vancouver, darunter die stellvertretende Stadtdirektorin Karen Levitt, hätten auch Lieferanten und Immobilienbesitzer teilgenommen, nicht jedoch der Promoter OSS Group (One Stop Strategy). In dem Gespräch sollen mehrere beteiligte Parteien Sorge geäußert haben, da der Veranstalter Kautionen nicht gezahlt und Fristen verpasst habe. Außerdem seien notwendige Verträge bislang nicht unterzeichnet worden.

Mehrere an dem Zoom-Meeting beteiligte Personen hätten jedoch die Hoffnung geäußert, dass die Veranstaltung ein großer Erfolg werde. Sie seien sich aber auch einig gewesen, dass der Zeitplan sehr knapp bemessen sei, da die Veranstaltung in weniger als drei Monaten stattfinden soll. Auslöser für das Meeting war eine am Montag vergangener Woche von der OSS Group versäumte Frist, um der Stadt Vancouver diverse Unterlagen vorzulegen, die zur Genehmigung der Veranstaltung erforderlich sind.

Kaution angeblich inzwischen bezahlt

Neben dem Formel-E-Rennen sind im Rahmen des "Canadian E-Fest" unter anderem eine Business-Konferenz sowie ein Open-Air-Konzert der kanadischen Rockband Nickelback geplant. Von Seiten des Veranstaltungsbüros der Stadt war zu hören, dass man den Organisatoren "angemessenen Spielraum" einräume, um die Veranstaltung zu ermöglichen.

Trotz der verpassten Frist sei alles für eine großartige Veranstaltung geplant, und bereits 33.000 Tickets seien für das "Canadian E-Fest" verkauft worden, auch wenn es einige "kleine Bodenwellen auf der Straße" gebe, so Matthew Carter, Geschäftsführer der OSS Group.

Carter bestätigte am Freitag, dass die benötigte Kaution in Höhe von 350.000 kanadischen Dollar (umgerechnet 256.000 Euro) an die Stadt Vancouver gezahlt wurde, und sagte zu, dass die noch offenen Verträge bald von allen Parteien unterzeichnet würden. Die OSS Group hatte bereits im Februar eine erste Kaution von 150.000 Dollar (etwa 110.000 Euro) an die Stadt gezahlt.

Stadt unterstützt Veranstalter: "Wir tun, was in unserer Macht steht"

"Wir stehen kurz davor, dass es losgeht", so die stellvertretende Stadtdirektorin Karen Levitt, die jedoch keine Details aus dem Zoom-Meeting nennen will. "Zu diesem Zeitpunkt müssen wir alles bereit haben, um die Genehmigung so schnell wie möglich zu erteilen."

"Wir brauchen das für die Planungssicherheit von OSS, die der Zulieferer und die der Stadt Vancouver", so Levitt weiter. Obwohl das Büro des Stadtdirektors normalerweise nicht an einzelnen Veranstaltungen beteiligt sei, gibt sie zu: "Ich arbeite im Moment fast täglich daran."

"Wir haben die Veranstaltung sehr engagiert unterstützt", erklärt Levitt. "Wir tun, was in unserer Macht steht, aber wir warten darauf, dass unser Vertragspartner uns die notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellt, damit wir unsere Arbeit machen können."

"Einige Bedingungen bislang nicht erfüllt"

So fehlen aktuell noch Verträge mit den Eigentümern der Grundstücke im Stadtteil False Creek, die für die Veranstaltung genutzt werden sollen. Darunter befinden sich die Science World, Concord Pacific und die B.C. Pavilion Corporation (PavCo). Carter habe zwar nach eigener Auskunft die Vereinbarungen mit der Science World und PavCo unterzeichnet, diese seien nun aber "in der Warteschlange", um von der Gegenseite unterschrieben zu werden.

"Es gibt noch einige Bedingungen, die bislang nicht erfüllt wurden. Daher ist der Vertrag auch noch nicht abgeschlossen worden", wird eine PavCo-Sprecherin zitiert. "Wir arbeiten mit dem Veranstalter zusammen und befinden uns in der Endphase, haben aber noch keine vollständig abgeschlossene Vereinbarung", bestätigt Tracy Redies, CEO der Science World. "Wir haben ihnen unseren Vertrag gegeben", so ein Sprecher von Concord Pacific. "Sie müssen ihn nun unterschreiben und zurückschicken."

Unklarheiten herrschen aber auch in Bereichen der Vermarktung. So soll der Veranstalter in einem digitalen Dokument Partnerschaften und Bewirtungsangebote für Firmenkunden unterbreiten. Unter anderem wird dort eine "private Hospitality-Suite in der Boxengasse" zum Preis von 3.000 Dollar pro Person bei einer Mindestanzahl von 50 Personen angeboten. Auf den 26 Seiten des Dokumentes sind die Logos mehrerer lokaler Wirtschaftsverbände abgebildet. Die OSS Group werbe dabei mit der Aussage: "Es ist uns gelungen, die Unterstützung jeder dieser Organisationen zu erhalten."

Angebliche Unterstützer unzufrieden mit Verwendung ihrer Logos in Werbeunterlagen

Die Wirtschaftskommission von Vancouver zeigte sich überrascht, als sie davon erfuhr, dort aufgeführt zu sein. Sie kündigte an, die Organisatoren zu kontaktieren. Das dort verwendete Logo sei zudem fast zwei Jahre alt, und man sei sich "nicht bewusst, das ein altes oder ein aktuelles Logo" für diesen Zweck verwendet worden sei. "Als gemeinnützige Einrichtung der Stadt Vancouver reagieren wir sehr empfindlich auf die Verwendung unseres Logos für Zwecke wie die Mittelbeschaffung", so ein Sprecher der Wirtschaftskommission weiter.

Auch Vertreter der New Car Dealers Association of British Columbia, die für die Organisation der Vancouver International Auto Show verantwortlich zeichnen, reagieren ähnlich: "Wir sind enttäuscht, dass die Organisatoren der Veranstaltung unsere Logos verwenden und den Eindruck erwecken, wir hätten die Veranstaltung unterstützt", so Blair Qualey, Präsident und CEO der New Car Dealers Association.

Nachdem er davon erfahren hatte, schickte Qualey letzte Woche einen Brief an die OSS Group, um sie förmlich zur Unterlassung aufzufordern. "Wir haben den Verantwortlichen von OSS unmissverständlich klargemacht, dass weder die New Car Dealers noch die Vancouver International Auto Show jemals ihre Veranstaltung unterstützt oder die Verwendung unserer Logos in irgendwelchen Materialien genehmigt haben", so Qualey.

"Hoffentlich bekommen sie ihre Herausforderungen in den Griff und können eine großartige Veranstaltung auf die Beine stellen", schließt Qualey jedoch und lässt damit durchblicken, dass er offenbar kein Gegner des "Canadian E-Fest" sei. "Das wäre eine gute Sache für Vancouver."

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