Blick hinter die Kulissen: So bereitet sich Cupra Kiro auf ein Rennwochenende in der Formel E vor
Tobias Wirtz

Cupra Kiro (X)
Das Formel-E-Team Cupra Kiro hat ausgewählten Journalist:innen im Rahmen eines Fabrikbesuchs auf Einladung von Cupra einen Einblick Vorbereitung und Durchführung eines Rennwochenendes gewährt. "Wie bereitet sich ein Formel-E-Team während der Saison auf jedes Rennen vor? Ein exklusiver Einblick in unser Rennteam-Programm – basierend auf einem dreiwöchigen Abstand" lautete dabei der Titel einer Präsentation, die auch e-Formel.de vorliegt. Hier zeigte das Team, wie die Vorbereitung eines E-Prix während der Saison 2024/25 aussah.
Zwischen zwei E-Prix sind in der Formel E drei Wochen Abstand eine durchaus übliche Lücke, wie es sie in der abgelaufenen Saison beispielsweise zwischen den E-Prix von Miami und Monaco sowie zwischen Shanghai und Jakarta gab. Es gibt jedoch auch Fälle, da wird diese um eine Woche unterschritten - aber auch deutlich längere Pausen kommen bedauerlicherweise im Formel-E-Rennkalender immer wieder vor.
Die ersten Vorbereitungen auf einen E-Prix beginnen jedoch in der Regel schon früher: Ganze vier Wochen vor einem Rennen erhalten die Teams bereits die Streckenkarte von der FIA, 21 Tage vor dem Event teilt diese dann die Rennlänge sowie die erlaubte Energiemenge mit. Das passiert in der Regel an einem Freitag, sodass die Ingenieure, die nicht beim Rennen vor Ort sind, in der Fabrik bereits die ersten Simulationen durchführen können, während Team und Fahrer noch vor Ort sind und um Punkte kämpfen.
Woche 1
Am Montag nach dem E-Prix, dem Rückreisetag, beginnt das Team, die Daten für den Simulator einzurichten, wobei Änderungen an der Strecke im Vergleich zum Vorjahr diesen Prozess verzögern können. Man beginnt mit der Analyse des vergangenen Rennwochenendes und hält am Folgetag zwei Ingenieursmeetings ab: Eines zum Thema Leistung, wo die Performance-, Renn- und Reifeningenieure Themen besprechen, die ihrer Meinung nach einer Analyse bedürfen, sowie eine Fehlerbesprechung.
Am Mittwoch werden Berichte zum Energiemanagement, den Systemen, der Strategie, der Simulation und der Fahrer zur Nachbesprechung des E-Prix veröffentlicht. Außerdem findet eine Fehlerbesprechung mit Antriebslieferant Porsche statt, in der die gemeinsame Planung für die kommende Woche aufgesetzt wird. Am Donnerstag gibt es die Nachbesprechung des vorangegangen Rennens, wo für jedes Auto unter anderem folgende Fragestellungen behandelt werden: Was ist passiert? Was lief gut, was lief schlecht? Wo gibt es Bereiche für Verbesserungen, sowohl auf die Saison als auch auf diese spezifische Strecke bezogen? Nach diesem Meeting erfolgt der vollständige Switch auf die Vorbereitung des nächsten Rennens.
Am Freitag werden weitere Simulationen durchgeführt und Berichte für die in der kommenden Woche anstehenden Simulator-Fahrten angefertigt. Das Wochenende ist frei, bei Bedarf werden hier jedoch einzelne, nicht abgeschlossene Arbeiten nachgeholt.
Woche 2
Am folgenden Montag werden die ersten Testanfragen für die Simulator-Fahrten eingereicht, um das erwartete Rennformat und die entsprechenden Simulationsmodelle zu bestätigen. Im Bereich des Energiemanagements werden Energieziele sowie mögliche Anpassungen des Fahrstils untersucht und bezüglich der Strategie anhand des erwarteten Rennverlaufs erste Läufe festgelegt. Es werden Chassis-spezifische Tests definiert, um die Ergebnisse der Simulation zum Thema Fahrzeugabstimmung zu bestätigen. Außerdem werden die thermischen Daten aus der Simulation überprüft, sofern mögliche Probleme im Bereich der Temperatur identifiziert wurden.
Einen Tag später liegen die ersten Berichte für Fahrer und Renningenieure vor. Themen sind hier das Setup und die Reifenperformance, Temperaturen von Batterie und Frontmotor, Strategie sowie Energiemanagement. Außerdem findet ein Meeting mit der Software-Entwicklungsabteilung von Porsche statt, um die neuesten Änderungen in diesem Bereich zu besprechen.
Am Mittwoch nimmt mit David Beckmann dann erstmals ein Kiro-Fahrer im Simulator Platz. Beckmann fährt den gesamten Tag im Porsche-Simulator in Deutschland und wird dabei von seinem Renn- und dem Performance-Ingenieur betreut. Das Team unterstützt die Kollegen aus der Fabrik in England, da sämtliche Daten mit den Ingenieuren geteilt werden. Außerdem findet ein wöchentliches Meeting mit Porsche statt, in dem Lösungen für Probleme, die in der vergangenen Woche möglicherweise aufgetreten sind, besprochen werden.
Am Donnerstag werden die Daten aus dem Simulator analysiert und anhand der Learnings aus dem Simulator neue Simulationen durchgeführt. Meistens geht es dabei um Veränderungen des Griplevels, die erwarteten Rennprofile (beispielsweise aufgrund von Energiespar-Rennen mit Windschattenfahren) sowie Aussagen des Fahrers bezüglich der Überholmöglichkeiten mit 350 kW, was einen Einfluss auf die Rennstrategie hat. Am Freitag sitzt Dan Ticktum im Simulator, testet die vorgenommenen Anpassungen und untersucht weitere Fragestellungen, die bis dahin noch nicht geprüft werden konnten.
Das folgende Wochenende ist ebenfalls frei, jedoch erneut mit dem Hinweis versehen, dass im Bedarfsfall nicht abgeschlossene Arbeiten nachgeholt werden.
Woche 3: Race Week
Am Montag findet die Vorbesprechung des anstehenden Rennwochenendes statt. Jede Abteilung legt dabei ihre Erwartungen und einen Plan für das Wochenende vor, damit das Team weiß, worauf es sich vor Ort konzentrieren muss. Am Dienstag ist der Anreisetag für die Vor-Ort-Crew, die Ingenieure im Backoffice bereiten sich auf das Rennen vor und führen weitere Analysen der Simulationen und Simulator-Sessions durch. Am Mittwoch baut das Vor-Ort-Team die Garage auf und beginnt damit, die Fahrzeuge für das Wochenende vorzubereiten.
Der Donnerstag ist ein wichtiger Vorbereitungstag, auch wenn die Fahrzeuge noch nicht auf die Strecke gehen: Die Mechaniker bauen die Fahrzeuge zusammen und prüfen, dass alle korrekten Teile verbaut sind, während die Systemingenieure prüfen, dass beide Autos aus elektrischer Sicht ordnungsgemäß sind. Dazu finden mehrere Meetings statt: Die Performance-Ingenieure setzen den Plan fürs Wochenende auf und informieren die Fahrer über Anpassungen, die nach den Simulator-Tests vorgenommen wurden. Anhand eines mathematischen Modells wird eine Rennsimulation in Echtzeit durchgeführt, bei der strategische Entscheidungen und die Kommunikation mit den Fahrern geprobt werden. Somit wird sichergestellt, dass Software und Infrastruktur an der Strecke bereit sind. Außerdem findet ein Meeting mit Porsche statt, um die Erwartungen für das Rennen miteinander abzustimmen.
Am Freitag geht es zuerst zum Track-Walk, außerdem werden die beiden Rennwagen von der FIA abgenommen. Dabei werden nach dem Zufallsprinzip einzelne Komponenten des Fahrzeugs sowie der Fahrerausrüstung kontrolliert, außerdem werden die Autos gewogen und vermessen. Es findet ein Briefing der Ingenieure statt, in dem sämtliche Planänderungen besprochen werden, die unter anderem aufgrund der Kommunikation seitens der FIA, der Zulieferer sowie von Porsche vorgenommen wurden. Im Anschluss an das 1. Freie Training findet ein Meeting statt, in dem die Session analysiert wird. Außerdem wird ein Fehlerbericht erstellt.
Am Samstag findet vor dem 2. Freien Training ein weiteres Ingenieurs-Briefing statt, bei dem Learnings aus dem 1. Freien Training sowie Änderungen vor dem 2. Freien Training besprochen werden. Auch im Anschluss an dieses sowie nach dem Qualifying werden die jeweiligen Sessions analysiert sowie Fehlerberichte erstellt. Eine Stunde bevor die Fahrzeuge in die Startaufstellung fahren, findet ein Strategie-Meeting statt. Hier wird anhand der Startposition der Plan für das Rennen angepasst, außerdem werden alle Gespräche mit Porsche berücksichtigt und in die Strategie integriert. Im Anschluss an das Rennen findet erneut eine Analyse statt und es wird ein Fehlerbericht erstellt.
Im Falle eines "Double-Headers" wiederholt sich am Sonntag der Ablauf des Samstags vollständig. Im Anschluss werden die Autos zur Verladung bereit gemacht sowie die Garage abgebaut, bevor der gesamte Zyklus von vorne beginnt.
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