Formel E

Brackley statt Affalterbach: Mercedes verlegt Formel-E-Basis nach Großbritannien

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Umstrukturierung beim Mercedes-Benz EQ Formula E Team: Wie der Stuttgarter Hersteller gegenüber 'e-Formel.de' bestätigte, bereitet das drittplatzierte Team der abgelaufenen Formel-E-Saison zum achten Meisterschaftsjahr (Ende 2021) einen Umzug vom HWA-Firmensitz in Affalterbach nach Brackley in Großbritannien vor. HWA verliert dadurch nach eigenen Angaben sein Rennsport-Projekt, behält aber kleinere Entwicklungsbereiche.

Hintergrund der Pläne sind Bestrebungen, das bislang sehr dezentral aufgestellte Team an einem Ort zu versammeln. So ist Mercedes derzeit neben Affalterbach, wo das operative Team setzt, auf vier weitere Standorte im Vereinigten Königreich und Deutschland verteilt. Die Entwicklung des Elektromotors findet beispielsweise bei Mercedes-AMG High Performance Powertrains in Brixworth statt, wo auch die Antriebe für die Formel 1 entwickelt und produziert werden.

"Wir haben uns nach der ersten Saison damit auseinandergesetzt, wie wir uns als Team weiterentwickeln und Aufgaben neu verteilen können", sagt Teamchef Ian James uns gegenüber. "Beispielsweise haben wir uns mit Nick Chester als Technischem Direktor personell verstärkt. Im Zuge der Diversifizierung des Standorts Brackley bekommen wir ab Saison 8 nun die Möglichkeit, das Formel-E-Rennteam an unseren Standort zu holen. Davon erwarten wir uns zusätzliche Synergien und Wissenstransfer zwischen dem Formel E- und dem Formel 1-Team", erklärt er.

Der operative Sitz in Affalterbach ist eine Folge des Formel-E-Einstiegs von HWA zur Saison 2018/19. Das Team ging mit Kundenmotoren von Venturi an den Start und sorgte so dafür, dass Ingenieure, Mechaniker und nicht zuletzt die Fahrer Gary Paffett und Stoffel Vandoorne bereits vor dem offiziellen Einstieg von Mercedes als Werksteam erste Erfahrungen in der Elektrorennserie sammeln durften. Im Anschluss übernahm Mercedes große Teile des Personals und somit auch gewissermaßen den Standort.

"HWA AG verliert Rennsportprojekt in der Formel E"

Am 4. November gab HWA schließlich eine Ad-hoc-Meldung an ihre Investoren heraus, die ebenfalls bestätigte: "HWA AG verliert Rennsportprojekt in der Formel E." Das Unternehmen schildert unmissverständlich: "Die HWA AG wurde darüber informiert, dass die Daimler AG ihre Motorsportaktivitäten in der Rennserie ABB FIA Formel E Meisterschaft ab der Saison 8 (Beginn Oktober 2021) restrukturiert und nahezu vollständig aus eigenen Ressourcen bestreitet. Die Zusammenarbeit mit der HWA AG als Dienstleister für das Mercedes-Benz EQ Formula E Team endet somit nach der nächsten Saison."

"Kleinere Engineering-Dienstleistungsumfänge bleiben der HWA erhalten", heißt es weiter. Der Vorstand der HWA AG prüfe umgehend die Optionen zur Kompensation dieses zukünftigen Umsatzausfalls im Bereich Automobilrennsport. "Die Entscheidung der Daimler AG hat nichts mit der Leistung und Performance der HWA AG in der ABB FIA Formel E Meisterschaft oder ihrer Dienstleistungsqualität grundsätzlich zu tun. Im Bereich Fahrzeuge / Fahrzeugkomponenten wird die Zusammenarbeit mit der Daimler AG unverändert fortgesetzt", so das Statement.

Ian James: Zusammenarbeit mit HWA wird nicht beendet

So deutlich äußert sich Mercedes nicht und betont stattdessen, dass HWA weiterhin ein Teil des Teams sein wird: "Wichtig ist, dass wir die Zusammenarbeit mit HWA nach Saison 7 nicht beenden, sondern sie werden auch darüber hinaus insbesondere in der Entwicklung ein wichtiger Partner für das Formel-E-Team bleiben", erklärt uns James und stellt klar: "Schließlich sind unsere Erfolge in der Formel E gemeinsame Erfolge."

Neben der Schaffung von Synergien spielt bei der Entscheidung für einen britischen Standort wohl auch die Einführung eines Budgetdeckels für die Formel-1-Weltmeisterschaft ab dem kommenden Jahr eine Rolle. Die Teams dürfen dann nur noch 175 Millionen Euro pro Jahr ausgeben, was mutmaßlich dafür sorgt, dass am Teamsitz in Brackley sowohl personelle als auch räumliche Ressourcen frei werden. Da zudem die Formel-E-Antriebe für die Saison 2021/22 eingefroren sind, würde sich der Zeitpunkt förmlich anbieten.

Teamchef Ian James sagt bei 'The Race', dass die aktuelle Konstellation mit fünf Standorten "nicht die effizienteste Aufstellung ist, wenn ich ehrlich bin. In erster Linie ist es eine Entscheidung für die Formel E, aber sie wird mit Blick auf das Gesamtbild des Motorsports getroffen."

"In Verbindung mit den anderen Entwicklungen, die sich derzeit in der Formel 1 abspielen - der Kostendeckelung und der Umstrukturierung, die Mercedes Grand Prix gerade durchmacht - bedeutet dies, dass wir in den nächsten Jahren die Möglichkeit haben, Synergien zu verstärken", so der Brite weiter. "Für die achte Saison werden wir deshalb den operativen Betrieb an der Rennstrecke in Großbritannien, in Brackley, ansiedeln."

zusätzliche Berichterstattung durch Timo Pape
Foto: Daimler AG

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