Buemi feiert Platz 2 in Berlin, aber wettert: "Ihr seid immer nur am Heulen"
Tobias Wirtz
Nissan e.dams meldete am Samstag in Berlin seine Ansprüche im Kampf um den Formel-E-Teamtitel an. Mit Sebastien Buemi gelang es zum dritten Mal in den zurückliegenden fünf Rennen einem Piloten des Teams, von der Pole-Position aus den zweiten Platz zu erzielen. Mit 56 Punkten aus den letzten beiden Rennen erzielte Nissan die meisten Zähler aller Teams und liegt nun auf Platz 4 der Teamwertung. Der Rückstand auf das Audi-Kundenteam Envision Virgin Racing beträgt dabei nur 13 Punkte. Buemi freute sich nach dem Rennen zwar über seinen zweiten Platz, ließ sich aber auch auf ein kleines Scharmützel ein...
Der Schweizer war mit positiven Erinnerungen in die deutsche Hauptstadt gereist, denn hier erzielte er im Jahr 2017 den letzten seiner bislang zwölf Siege in der Elektrorennserie. Schon im Freien Training zeigte Buemi, dass mit ihm zu rechnen sein würde: Beide Sessions beendete er auf dem vierten Platz im Klassement.
Auch im Qualifying war Buemi stark und gewann seine Qualifying-Gruppe 3 mit der bis dahin schnellsten Rundenzeit aller Fahrer. Nach der Gruppenphase musste er sich nur HWA-Pilot Stoffel Vandoorne beugen, der ihn in letzter Sekunde von der Spitzenposition verdrängte. In der Super-Pole zeigte Buemi eine nahezu perfekte Runde und sicherte sich mit einem neuen Streckenrekord von 1:07.295 Minuten die Pole-Position. Er distanzierte die Konkurrenz dabei um fast vier Zehntelsekunden. Buemi ist mit 13 Pole-Positions der mit Abstand beste Qualifyer in der Geschichte der Formel E. Schon mit den drei Bonuspunkten für die Super-Pole verkürzte er den Rückstand auf die vor ihm liegenden Fahrer in der Gesamtwertung.
Im Rennen konnte Buemi die Spitzenposition zunächst behaupten, musste sich aber in der fünften Runde Audi-Fahrer Lucas di Grassi beugen, der schnell einen Vorsprung herausfahren konnte. Buemi fiel sogar hinter Antonio Felix da Costa zurück, der zu dieser Zeit im Attack-Mode unterwegs war. Buemi holte sich die Position aber dank seines FANBOOSTs wieder zurück. Diesen Platz verteidigte er bis ins Ziel und sicherte sich mit Platz 2 sein erstes Podiumsresultat in dieser Saison. Damit erhöhte der Schweizer sein Punktekonto in Berlin um insgesamt 21 Punkte und kletterte in der Gesamtwertung auf den zehnten Platz.
"Ich bin glücklich, endlich ein Podium erreicht zu haben", sagte Buemi nach dem Rennen am Mikrofon von 'e-Formel.de'. "Ich habe die gesamte Saison immer mein Bestes gegeben, aber oftmals kein Glück gehabt. Daher ist das Ergebnis gut. Ich werde so hart wie möglich dafür arbeiten, dass ich in Bern ein gutes Ergebnis erreiche. Ich freue mich wirklich sehr darauf, weil ich bislang nur einmal ein Heimrennen erlebt habe, letztes Jahr in Zürich."
Wortgefecht in der Pressekonferenz
Auf die Frage eines Journalisten in der Pressekonferenz, ob das Rennen in Berlin das wahre Kräfteverhältnis der Teams gezeigt habe, verwies Rennsieger Lucas di Grassi auf den Effizienzvorteil seines Audi-Antriebs im Rennen. Im Qualifying seien die Nissan-Boliden jedoch zu stark. Dies kommentierte Jean-Eric Vergne mit einer provokanten Zwischenfrage in Richtung Buemi, wie dies bei identischer Leistung denn sein könne. Schließlich dürfe die Batterie im Qualifying-Trimm maximal 250 kW abgeben. Ein eindeutiger Fingerzeig auf den vieldiskutierten Nissan-Doppelmotor.
Di Grassi verwies zur Beantwortung der Frage an Buemi, der zum Rundumschlag ausholte: "Sie heulen einfach immer weiter", sagte Buemi in Richtung der Journalisten, ohne die beiden Kontrahenten zu seiner Linken dabei anzuschauen. "Sie können am besten direkt wieder (zum Filmfestival nach Cannes) zurückgehen. Sie heulen immer herum, sehen aber nicht das Ganze. Natürlich sind wir gut im Qualifying. Aber wir sehen im Rennen auch schlecht aus. Wir sind nicht effizient, aber das sagen sie nicht. Sie wollen nur wegen des Qualifyings heulen. Wenn sie schneller sind, interessiert es sie nicht. Wenn sie aber zurückliegen, dann heulen sie so sehr, man glaubt es kaum."
Vergne daraufhin: "Man sieht doch das klare Ergebnis von Qualifying und Rennen." Buemi drehte den Spieß daraufhin um: "Ich glaube, dass die Nissan-Fahrer richtig gut im Qualifying sind. Aber im Rennen ist das Auto vielleicht nicht effizient genug. Wie wäre es damit?" Jack Nicholls, Rennkommentator der Formel E und in Berlin Moderator der Pressekonferenz, nutzte die darauffolgende kurze Stille, um selbst das Wort zu ergreifen: "Braucht ihr mich hier noch? Ich bin mir da nicht sicher."
.@Sebastien_Buemi was bringing all the jokes in the #BerlinEPrix press conference #ABBFormulaE pic.twitter.com/pBEslbNGO5
— ABB Formula E (@FIAFormulaE) 26. Mai 2019
Rowland wieder in den Punkten
Oliver Rowland tat sich auf der für ihn neuen Strecke im Tempelhof deutlich schwerer als sein Teamkollege: Nach den Plätzen 15 und 8 in den Freien Trainings qualifizierte er sich am Samstagmorgen für Startplatz 12. Von dieser Position aus fuhr der Brite ein solides und unauffälliges Rennen und überquerte schließlich als Achter die Ziellinie.
"Im Training gestern war die Balance nicht so, wie ich sie brauchte. Auch im Qualifying hatte ich ein paar Probleme", erklärte uns Rowland seinen Leistungsabfall im Vergleich zu Buemi. "Ich hatte dann aber ein starkes Rennen. Das Auto war sehr gut, wir hatten einige Verbesserungen vorgenommen, daher bin ich sehr zufrieden. Nach einem guten Start konnte ich mehrere Positionen gewinnen. Ich kam an Paffett und Wehrlein vorbei. Dann musste ich aber eine Position wieder hergeben, als mich Sims überholte, was mich ziemlich frustrierte. Generell war es aber ein gutes Rennen, mehr konnte ich von Platz 12 aus nicht erwarten."
Angesprochen auf die von Buemi bereits genannten Effizienzprobleme des Nissan-Antriebs, antwortete der Brite in unser Mikrofon: "Am Start war es noch recht komfortabel, aber die Balance verschlechterte sich, und ich bekam Probleme. Es war ähnlich wie bei ihm, ich musste ganz schön kämpfen und habe zu viel Energie beim Überholen verbraucht."
"Ich freue mich auf Bern", so der Brite weiter. "Ich hoffe, dort ein gutes Qualifying zu zeigen. Wenn ich in den letzten Saisonrennen ein gutes Qualifying hinbekomme und weiterhin ein starkes Auto im Rennen habe, sollte ich viele wichtige Punkte erzielen können. Heute war ein guter Tag für das Team, und ich freue mich sehr für Seb."
"Unsere Fortschritte sind sehr ermutigend"
"Wir sind auf unsere Leistung heute sehr stolz und freuen uns für Sebastien", so Nissan-Motorsportchef Michael Carcamo nach dem Rennen. "Er hatte viel Pech in den bisherigen Saisonrennen. Das ist ein großartiges Ergebnis, mit dem er nun zu seinem Heimrennen in die Schweiz reist. Das gesamte Team ist sehr zufrieden mit unserer Leistung im Qualifying, und wir verbessern unsere Rennpace konstant. Das zweite Podiumsresultat hintereinander zeigt, dass wir nun auch konstant sind. Im nächsten Rennen wollen wir wieder um das Podium fahren."
e.dams-Teamchef Jean-Paul Driot ergänzt: "Wir freuen uns sehr, konstante Wochenenden zu zeigen und jedes Mal viele Punkte zu erzielen. Wir sind nun Vierter in der Teamwertung, was eine große Belohnung für unsere hart arbeitende Mannschaft ist. Wir versuchen zwar immer noch, Nissan auf die oberste Stufe des Podestes zu bringen, aber unsere Fortschritte sind sehr ermutigend. Wir waren nun bei drei Rennen in Folge die Schnellsten in der Super-Pole und wollen das jetzt in einen Sieg ummünzen."
Foto: Nismo
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