Formel E

Debrief an der Bar - Santiago E-Prix

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Eine Hotelbar in Santiago, kurz nach zwei Uhr am Morgen. Vor wenigen Stunden ging der Santiago E-Prix zu Ende. Moderne LED-Lampen tauchen die Lobby in kaltes helles Licht, im Hintergrund läuft ein Song vom neuen Album von Justin Timberlake. Es riecht nach Chicha de manzana (chilenischem Apfelwein) und Mate-Tee. Auf den neuen, mit dunkelbraunem Leder bezogenen Metallhockern beugt sich ein Mann an der Bar einsam über sein fast leeres Glas. Ein zweiter Mann entscheidet sich dazu, ebenfalls noch einen letzten Drink an der Hotelbar zu nehmen.

In unserer Serie "Debrief an der Bar", die in der vierten Formel-E-Saison nach jedem E-Prix auf e-Formel.de erscheint, möchten wir die Geschichten eines Gewinners und eines Verlierers im Rahmen eines lockeren (und natürlich frei erfundenen) Gesprächs an der Hotelbar vorstellen - ruhig ein wenig abseits der großen Nachrichten, dafür mit der gewissen Würze. Wer da genau einen letzten Drink gemeinsam an der Bar nimmt, wird jedoch erst am Ende aufgelöst - wenn du es nicht vorher schon längst erraten hast…

"Da hast du heute aber echt eine Aufholjagd hingelegt, Chapeau!"

"Ich hatte viel Glück am Start, dass ich mich aus dem Tohuwabohu raushalten konnte und so auf Platz zwölf nach vorne kam."

"Stimmt, drei Jungs waren ja schon am Ende der ersten Runde nicht mehr dabei. Luca war gar nicht in der Startaufstellung, also hast du vier Leute überholt."

"Du hast ja auch vier Plätze in der ersten Runde gutgemacht. Und anschließend noch ein paar tolle Überholmanöver hingelegt."

"Einmal war's aber auch absolut auf der letzten Rille."

"Gegen Alex vor der Haarnadel? Ich hab's in den Highlights bei YouTube gesehen."

"Ich frage ich mich immer noch, was er da überhaupt versucht hat. Zuerst brettert er mir beim Einlenken so in die Kiste, dass ich mich fast drehe, und eine Kurve später biegt er dann in die Box ab."

"Übermotiviert. Du warst doch auch mal jung…"

"Das ist keine Ausrede."

"Ich finde schon. Du hast doch viel mehr Erfahrung, bestimmt 20 Jahre."

"Hey, schön vorsichtig, du Jungspund. Dafür schaffe ich eine ganze Qualifying-Runde, ohne dabei in den Notausgang zu fahren. Darfst du überhaupt schon Alkohol trinken?"

"So gerade eben. Aber mal zurück zum Rennen: Was war denn jetzt mit deinem zweiten Auto?"

"Keine Ahnung, das kam ohne Vorwarnung von jetzt auf gleich. Die gleichen Symptome wie in Marrakesch. Und das Schlimme ist: Meine Jungs wissen auch nicht, was es ist."

"Ich dachte, ihr konntet das Problem auf dem Prüfstand reproduzieren?"

"Ja, das lag definitiv am Inverter. Und den haben wir gegen ein Exemplar ohne das Problem getauscht."

"Die Dinger scheinen ja echt eine Schwachstelle zu sein, mir ging ja auch einer kaputt."

"Stimmt, du musstest ja dann noch zehn Sekunden an der Box warten."

"Und weißt du, wieviel mir im Ziel auf JEV gefehlt hat?"

"Keine Ahnung, sag es mir."

"Sieben Sekunden."

"Da wäre ja dann noch mehr für dich drin gewesen."

"Ja, aber ob ich auch vorbeigekommen wäre, ist eine andere Frage. Das ging Sam ja genauso."

"Bist du zufrieden mit deinem Ergebnis?"

"Mit dem Rennen definitiv. Mit dem Qualifying nicht wirklich."

"Verständlich. Tja, bei mir ist es genau umgekehrt. Ich werde jetzt aber mal ins Bett gehen."

"Gute Nacht, wir sehen uns dann in Mexiko."

 

An der Bar trafen sich dieses Mal Mitch Evans und Lucas di Grassi.

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