Formel E

Der große e-Formel.de Saisonrückblick 2017/18 - Teil 1/4

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Die vierte Formel-E-Saison ist im Juli in New York zu Ende gegangen. Wir haben zwölf spannende und teils dramatische Rennen gesehen. Zwölf verschiedene Fahrer von neun verschiedenen Teams haben es bei mindestens einem Rennen auf das Siegerpodest geschafft. Mit Jean-Eric Vergne kürte sich der vierte Fahrer in vier Jahren zum Champion. Und bei den Teams ging die Trophäe erstmals nicht an Renault e.dams, sondern an Audi Sport ABT Schaeffler. e-Formel.de liefert dir die besten Stories der Saison in einem vierteiligen Saisonrückblick.

Die Formel-E-Saison 2017/18 versprach im Vorfeld sehr viel Neues: Zusammenstellung der Qualifying-Gruppen nach dem aktuellen Meisterschaftsstand, 180 statt 170 kW im Rennmodus, neue Rennen in Rom, Santiago, Sao Paulo und Zürich - wenngleich nicht alle davon stattfinden sollten. Audi übernahm mit Teamchef Allan McNish das Formel-E-Team von ABT, BMW intensivierte die Zusammenarbeit mit Andretti, Faraday Future flog bei Dragon raus, Venturi-Präsident Gildo Pastor glaubte daran, "eines der stärksten Autos im Feld" zu haben, die Porsche-Werksfahrer Andre Lotterer und Neel Jani saßen erstmals im Formel-E-Cockpit, dazu debütierten Tom Blomqvist, Luca Filippi und Edoardo Mortara sowie Alex Lynn als Stammpiloten. Zu guter Letzt: Nelson Piquet jr. fuhr nun Jaguar.

Einiges war bekanntermaßen jedoch nur von kurzer Dauer: Die Rennen in Sao Paulo und Montreal wurden abgesagt, lediglich für das Brasilien-Rennen konnte die Formel E ein Ersatz-Event in Punta del Este aus dem Hut zaubern. Tom Blomqvist und besonders Neel Jani erlebten große Teile der Saison (wenn überhaupt) vor dem Fernseher. Und die prognostizierte Stärke der von BMW beziehungsweise HWA technisch unterstützten Andretti- und Venturi-Fahrzeuge war wohl auch eher Wunschdenken. Doch schauen wir uns die insgesamt zwölf Saisonläufe im Einzelnen an.

Rennen 1: Hongkong (Samstag)

Aufregung im Qualifying: Jean-Eric Vergne holt sich trotz eines Drehers vor der Ziellinie die erste Pole-Position der Saison - 0,027 Sekunden vor seinem späteren Titelrivalen Sam Bird und 0,029 Sekunden vor Nick Heidfeld, der die Erwartungen zum Start seines vierten Formel-E-Jahres hochhängt.

Nur wenige Kurven ist die Saison alt, als Nelson Piquet jr. und Andre Lotterer nebeneinander durch die Schikane fahren - der Deutsche prallt in die TecPro-Barriere und kann anschließend weder vor noch zurück, da hinter ihm Evans steht, der seinerseits von Nico Prost blockiert wird. Die Rennleitung bricht das Rennen ab - der erste Rennabbruch der Formel-E-Geschichte. Kurz vor der Rennhalbzeit überholt Bird dann Vergne und geht in Führung. Kurz darauf der Schock - Bird verpasst die Einfahrt in sein Boxenzelt, zwei Mechaniker können sich nur durch einen Sprung retten. Bird erhält eine Durchfahrtsstrafe, die ihn wegen der sehr kurzen Boxengasse in Hongkong nur rund sieben Sekunden kostet. Der Brite gibt die Führung nicht mehr ab und gewinnt den E-Prix vor Vergne und Heidfeld.

Negatives Highlight des Tages ist Andre Lotterer, der nicht nur für den Rennabbruch verantwortlich war, sondern im Rennen ganze vier Strafen erhält - eine 5-Sekunden-Strafe, da die Mechaniker die Kühlgeräte vor dem Rennstart zu spät vom Fahrzeug entfernen, zwei Durchfahrtsstrafen wegen Nicht-Anhaltens, als er die Schikane auslässt und schließlich sogar die Disqualifikation, weil er nach dem Rennen das Auto fahrbereit im Parc Ferme stehen lässt. Auch für Bird gibt es schlechte Nachrichten: Die Kommissare brummen ihm wegen gefährlichen Fahrens in der Boxengasse eine Strafversetzung um zehn Plätze für die Startaufstellung beim Sonntagsrennen auf.

Rennen 2: Hongkong (Sonntag)

Ganz anders als am Samstag sieht die Startaufstellung im Sonntagsrennen aus: Rosenqvist sichert sich die Pole-Position vor Edo Mortara und Daniel Abt. Was noch keiner ahnt: Alle drei Fahrer sollten für jeweils ein negatives Highlight des Tages sorgen…

Was in keinem Saisonrückblick fehlen darf: Die Startampel in Hongkong funktioniert nicht, weshalb nach einer gefühlten Ewigkeit das Safety-Car auf die Strecke geschickt wird - der erste derartige Start in der Geschichte der Rennserie. Rosenqvist zeigt ein gutes Timing beim fliegenden Start, jedoch nicht beim Anbremsen in die erste Kurve. Die Hinterräder seines Mahindra blockieren, er dreht sich und fällt bis auf Platz 10 zurück. Bei der folgenden Aufholjagd kollidiert er nur eine Runde später fast mit Luca Filippi, beide müssen in die Auslaufzone und verlieren weiteren Boden. Mortara führt somit vor Abt und Evans.

Lucas di Grassi, der nur im Mittelfeld liegt, versucht seinen Stint länger zu ziehen als die übrigen Piloten. Ein taktisch guter Zug, der jedoch von einem technischen Problem mit dem Batterie-Management-System an seinem Boliden zunichte gemacht wird. Es sollte noch einige Rennen dauern, bis Audi die technischen Probleme in den Griff bekommt. Hongkong verlässt der amtierende Champion nach einem weiteren Defekt am Vortag ohne Punkte. Neben di Grassi hat auch Rosenqvist seinen Boxenstopp lange hinausgezögert. So liegt der Schwede nach zwei Dritteln des Rennens wieder auf Podiumskurs.

An der Spitze fahren Mortara und Abt einem sicheren Sieg und einem sicheren zweiten Platz entgegen - bis sich Mortara beim Versuch, in seinem zweiten Formel-E-Rennen auch noch die schnellste Rennrunde zu holen, vollkommen unbedrängt dreht - Abt und Rosenqvist gehen vorbei. Abt fährt den Sieg sicher nach Hause, und das an seinem 25. Geburtstag. Das denken zumindest alle - bis bei der technischen Nachkontrolle festgestellt wird, dass die Barcodes auf Motor und Inverter nicht denen entsprechen, die im Fahrzeugpass angegeben sind. Disqualifikation für den Kemptener. Den Sieg erbt Rosenqvist vor Mortara und Evans - das erste Jaguar-Podium in der Formel E. Und obwohl Jaguar im weiteren Saisonverlauf stets die nötige Performance hatte, sollte in dieser Saison kein weiteres mehr hinzukommen.

Station 3: Marrakesch

Vor dem Rennen erfolgt ein Aufschrei im Fahrerlager: Aus Sicherheitsgründen sprechen sich alle zehn Teams gegen die von der FIA kurzfristig geplante Abschaffung der Mindestzeit beim Fahrzeugwechsel aus. Grund: Die Gurte sind nicht dafür geeignet, schnell angezogen zu werden. Die FIA reagiert und verschiebt die Abschaffung der Mindestzeit auf Santiago, wo andere Gurte zum Einsatz kommen sollen.

Neel Jani bei Dragon raus, Jose Maria Lopez rein - eine von zwei großen und überraschenden Nachrichten kurz nach dem Jahreswechsel, denn auch die Formel E selbst sorgt für Schlagzeilen, indem sie ihren Namen an den Schweizer Industriegiganten ABB verkauft. Lopez bedankt sich auf seiner WTCC-Paradestrecke in Marrakesch für das Vertrauen und stellt den in Hongkong noch meilenweit unterlegenen Dragon auf Startplatz 4 hinter Buemi, Rosenqvist und Bird. Di Grassi kommt nach einem technischen Problem auf seiner Super-Pole-Runde nur auf den fünften Platz. Das Team verwendet den für die Saison zur Verfügung stehenden Joker, um den Inverter straffrei zu wechseln, jedoch sollten sich auch bei dem neuen Bauteil schnell Probleme zeigen.

In der zweiten Runde dann die erste Rennszene, die für Diskussionen sorgt: Daniel Abt zieht am Ende der Start-Ziel-Geraden im Kampf um Platz 6 innen neben Alex Lynn, der die Tür zuschlägt. Dabei kollidieren die Fahrzeuge, Lynn dreht sich und fällt ans Ende des Feldes zurück. Die Rennkommissare geben Abt die Schuld, der Kemptener erhält eine Durchfahrtsstrafe und wird nur Zwölfter. Nach sieben Runden wird di Grassi langsamer und muss seinen Wagen am Streckenrand abstellen - erneut also keine Punkte für Audi.

Nach dem Fahrzeugwechsel schnappt sich Rosenqvist zuerst Bird und dann mit einem sehenswerten Manöver auch Buemi und gewinnt seinen zweiten E-Prix in Folge. Bemerkenswert: Tom Blomqvist erzielt als Achter bei seinem Debüt - in Hongkong trat Kamui Kobayashi für Andretti an - vier Punkte. Es sollen seine einzigen Zähler in der Formel E bleiben…

Teil 2 unseres großen Saisonrückblicks liest du in Kürze auf e-Formel.de.

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