Formel E

Der Weg von Jean-Eric Vergne: Neues Zuhause "Formel E"

Svenja König

Svenja König

Lang gesucht und doch gefunden: Der Franzose Jean-Eric Vergne ist endgültig in der Formel E angekommen und bestätigte dies mit dem Gewinn der Meisterschaft 2017/18. Doch bis hierhin war es ein weiter Weg, der Vergne über Red-Bull-Nachwuchsprogramme hin zu einem Stammcockpit in der "Königsklasse" und schließlich in die Formel E führten…

Drei Jahre und insgesamt 58 Grands Prix lang fuhr er bei Toro Rosso in der Formel 1, verpasste aber im Kampf gegen seine Teamkollegen gleich zweimal den Sprung in ein Top-Cockpit und verlor 2014 auch noch seinen Startplatz.

Nur zwei Wochen später richtete Vergne seinen Fokus jedoch auf eine neue aufstrebende Rennserie, als er erkannte, dass es keine neue Chance bei Red Bull geben würde - die Formel E. "Ich habe mich also mit meinem Manager zusammengetan", erinnert sich Vergne. "Der hat mich angerufen und gesagt: Schau, ich habe eine neue Serie für dich gefunden. Probier es doch mal aus und guck, ob es dir gefällt." Ohne jegliche Vorbereitung machte sich der damals 24-Jährige auf zum dritten Lauf der Formel-E-Geschichte nach Uruguay, einzig gerüstet mit dem Willen, es allen zeigen zu wollen.

"Eine Stunde später hatte ich mein Flugticket und flog am nächsten Morgen nach Punta del Este! Ich hatte also keine Vorbereitung, keine Fahrt im Simulator. Ehrlich gesagt habe ich die Rennen vorher noch nicht einmal gesehen und war von den Designs der Autos überrascht. Alles, was ich vor meiner Ankunft in Uruguay von der Formel E gehört hatte, war, dass man das Auto wechseln muss."

Als Neuling platzierte Vergne nicht nur seinen Andretti überraschend auf der Pole-Position, sondern kämpfte bis kurz vor Rennende um den Sieg, bevor er mit einem technischen Defekt ausfiel. Daraufhin bot der US-amerikanische Rennstall ihm einen Vertrag bis Saisonende an. Er bewies auch im weiteren Verlauf der Saison sein Können und beendete die Rennen in London und Long Beach auf dem Podium.

Unglückliches Intermezzo bei DS Virgin

Seine zweite Saison in der Formel E, in der er für DS Virgin fuhr, verlief nicht so glanzvoll wie die Erste. Die Kombination aus Vergne und Virgin entwickelte sich mehr und mehr zum Alptraum. Es knallte mehrmals innerhalb des Teams, beispielsweise beim Heimrennen in Paris nach Kollision mit seinem Teamkollegen Sam Bird oder in Buenos Aires, als das Team ihn mit Lebensmittelvergiftung nicht starten lassen wollte. Dazu kam der zu schwere Virgin-Flitzer, der als eines der am schwersten zu fahrenden Autos zählte.

"Ich war wirklich schockiert", sagt Vergne. "Nie hat mir jemand das Fahren verbieten wollen, weil ich ein bisschen krank war. Danach habe ich mir gesagt: Das ist meine letzte Saison mit diesen Leuten."

Am Ende von Saison 2 konnte er zwar zwei Podiumsplatzierungen verbuchen, verlor das teaminterne Duell jedoch mit 35 Punkten Rückstand auf Bird deutlich und machte sich für die neue Saison auf die Suche nach einem neuen Rennstall.

Fündig wurde er beim neuen Techeetah-Team, welches aus dem erfolglosen Rennstall Aguri hervorgegangen war. Die Chinesen traten als einziges Privatteam in der Elektroserie an und bezogen den Antriebsstrang von Renault. Das Gesamtpaket funktionierte sofort gut, und auch "JEV" schien verändert. Er strotzte plötzlich vor Selbstvertrauen und zeigte sich entspannter als jemals zuvor in einem Fahrerlager.

"Ich bin so viel glücklicher als im letzten Jahr. Natürlich läuft noch nicht alles nach Plan, aber wir haben eine gute Zukunft vor uns", prophezeite Vergne schon vor Saison 3. "Jeder ist extrem motiviert, wir haben einen der besten Antriebsstränge, talentierte Mechaniker und Ingenieure auf unserer Seite. Jeder ist kompetent und hat Lust auf Siege - ich weiß einfach, dass wir erfolgreich sein werden." Und er sollte Recht behalten, denn er beendete die Saison in Montreal mit seinem ersten Formel-E-Sieg.

Reif für den Titel

Die darauffolgende Saison krönte Vergne sogar mit dem Gewinn des Fahrertitels. Dahinter standen viele Testtage im Simulator, eine Qualifying-Stärke, die ihm allein in dieser Saison zwölf Meisterschaftspunkte einbrachte, konstante Rennergebnisse (er punktete in jedem Rennen) und vor allem ein nicht zu bändigender Hunger auf Erfolg.

Auch bei Techeetah eckte er hin und wieder mit seiner Art an, und es lief nicht immer alles rund, da Vergne von jedem forderte, über die eigenen Grenzen zu gehen. Eine Position, die er als Miteigentümer des Rennstalls einnehmen konnte, die es ihm möglich machte, Management-Entscheidungen zu fällen und die ihm die Sicherheit gab, langfristig im Team eingespannt zu sein. Erfolge wie der Titelgewinn, den er noch am Boxenfunk seinem verstorbenen Weggefährten Jules Bianchi widmete, gaben ihm Recht.

Jean-Eric Vergne ist nicht mehr der Fahrer, der er einmal war. Durch die Formel E ist er erwachsen geworden und als einer der wenigen Piloten, die für drei Teams in der Serie gefahren sind, schlussendlich bei Techeetah sesshaft geworden.

"Ich hatte Glück, dass ich zum richtigen Zeitpunkt in die Formel E gekommen bin", erzählt Vergne gegenüber 'f1i.com'. "Heute denke ich, dass es das Beste war, was mir passieren konnte. Die Formel 1 zu verlassen, war die schwierigste Zeit meiner Karriere, aber im Nachhinein war es der Wendepunkt meiner Karriere. Ich habe eine Menge verändert, in der Art, wie ich den Sport angehe. Heute sehe ich alles ganz anders. Für einen globalen Fahrer ist das ganz wichtig."

Dieser Prozess des Franzosen ist auch an der Formel 1 nicht spurlos vorbei gegangen. "Jean-Eric hat sich entwickelt und ist zu einem guten Fahrer gereift", zeigt sich Red-Bull-Teamchef Christian Horner gegenüber 'Motorsport-Total.com' beeindruckt. "In der Formel E soll er eine starke Saison abgeliefert haben. Er ist seit seiner Zeit in der Formel 1 viel erwachsener geworden." In den letzten Tagen gab es immer wieder Gerüchte über eine eventuelle Rückkehr in die Formel 1 - bestätigt wurde bisher nichts.

In der Formel E wird wird Vergne in Saison 5 zu seinem alten Hersteller DS zurückkehren, diesmal gemeinsam mit seinem neuen Team Techeetah. Wohin der Weg führen wird, werden wir ab Dezember erfahren. Nur die Zielsetzung ist klar: 2019 will Jean-Eric Vergne mit seinem Team zwei Titel mit nach Hause nehmen.

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