Diriyya-E-Prix-Promoter Carlo Boutagy im Interview: "Wollen jedes Jahr etwas Neues machen"
Tobias Wirtz
Seit Saison 5 trägt die Formel E ihren Saisonauftakt in Saudi-Arabien aus. Der Diriyya E-Prix - die erste internationale Sportveranstaltung im größten Land der Arabischen Halbinsel - gehört seitdem fest zum Rennkalender der Elektrorennserie. Im Rahmen der Vorsaison-Testfahrten in Valencia hat sich 'e-Formel.de' mit Carlo Boutagy, Gründer und CEO der Firma CBX, unterhalten. CBX tritt bereits seit Saison 2018 als Promoter des Rennens in Saudi-Arabien auf und plant auch in diesem Jahr den nächsten Schritt nach vorn.
Herr Boutagy, wie wurden Sie zum Promoter des Diriyya E-Prix?
Ich habe geholfen, das Rennen nach Saudi-Arabien zu bringen. Ich hatte das Wissen über Saudi-Arabien, da meine Familie dort seit 45 Jahren geschäftlich aktiv ist. Ich kannte mich auch mit internationalen Veranstaltungen aus, da ich zwölf Jahre lang in der Formel 1 gearbeitet habe. Der Diriyya E-Prix war das erste große internationale Event in Saudi-Arabien, daher benötigte man dort Erfahrung von jemandem von außerhalb. So bin ich dazu gekommen und wurde dann zum Promoter.
Im Vergleich zu anderen Austragungsorten blieb Diriyya auch im vergangenen Corona-Jahr Teil des Rennkalenders...
Wir hatten mit Blick auf Corona ein wenig Glück, da viele andere Rennen abgesagt wurden, aber in Saudi-Arabien hatten wir das im Griff. Dort hat man die Pandemie sehr gut bewältigt im Vergleich zu anderen Ländern und Städten (im Rennkalender). 2021 hatten wir ein Event mit 1.000 geladenen Gästen, Tickets haben wir keine verkauft. Alle Zuschauer waren im E-Motion Club, es gab keine Tribünengäste.
Wie sieht die Planung denn für das kommende Jahr aus?
Der Unterschied beim nächsten Rennen ist, dass wir 20.000 Fans haben werden. Die Veranstaltung wird öffentlich sein, und zwar mit 100 Prozent der Zuschauerkapazität. Wir freuen uns schon sehr darauf, da wir es vermisst haben, richtige Veranstaltungen zu haben. Das Rennen dieses Jahr durchzuführen, war toll, weil es das erste Nachtrennen der Formel E war. Und diesmal wird es ein Nachtrennen, bei dem zusätzlich 20.000 Fans pro Tag anwesend sein werden. Wir haben Freitag, Samstag und Sonntag geöffnet, was insgesamt 60.000 Fans macht. Wir haben große Konzerte an jedem der drei Tage, so wie in den ersten beiden Jahren auch. Ich freue mich sehr darauf.
Sind geöffnete Tribünen denn die einzige Änderung im Vergleich zu diesem Jahr?
Wir haben einige neue Dinge geplant, das tun wir jedes Jahr. Wir haben eine langfristige Vereinbarung mit der Formel E und versuchen jedes Jahr, etwas zu verbessern: Nachhaltigkeit, Unterhaltungsfaktor und Fan-Attraktivität. Jedes Jahr überlegen wir aufs Neue, wie wir den Unterhaltungsfaktor erhöhen. Wir haben eine nette kleine Überraschung auf Lager - die Show, die Beleuchtung und so weiter. Wir wollen auch im Bereich der Nachhaltigkeit jedes Jahr etwas Neues machen.
Sie sprechen das Thema Nachhaltigkeit an, ein Kernthema der Formel E. Wie lässt sich das mit einem Nachtrennen verbinden, wo ja sehr viel Energie zur Beleuchtung der Rennstrecke benötigt wird?
Zur Beleuchtung der Strecke verwenden wir im Gegensatz zu anderen Kursbetreibern LEDs. Allein mit den LEDs generieren wir weniger als 50 Prozent des Fußabdrucks im Vergleich zu normalen Lampen. Das haben wir in der vergangenen Saison bereits gemacht. Außerdem verwenden wir zur Energieerzeugung hydrierte Pflanzenöle, die zu 100 Prozent nachhaltig sind.
Sie sagten, dass Sie auch im Bereich der Nachhaltigkeit jedes Jahr etwas verbessern wollen. Welchen Schritt planen Sie aktuell?
Wir arbeiten für das kommende Rennen daran, ein papierloses Event durchzuführen. Das wird die erste papierlose Veranstaltung in Saudi-Arabien und - soweit ich informiert bin - auch in der Formel E. Wenn man etwas zu essen oder anderes im E-Village kauft, bekommt man es auf einem Tablet. Es wird nichts mehr mit Bargeld laufen, es gibt keine Quittungen, nichts davon. Man bestellt mit einer App und bekommt das Essen dann an den Tisch gebracht. Das ist eine coole Sache, ein weiterer Schritt.
Nach dem letzten E-Prix gab es einige Berichte, dass eine Verlegung des Rennens in eine andere Stadt in Saudi-Arabien in Erwägung gezogen werde, ähnlich wie vor ein paar Jahren in der Schweiz.
Ich mag diese Diskussion, denn gestern war ich in einem Meeting der Formel-E-Partner, und CEO Jamie Reigle sprach davon, dass es viele Gerüchte in der Formel E gibt. Gute und schlechte, wahre und unwahre. Aber dieses ist wahr. Es gab Gespräche darüber, dass wir mit dem E-Prix an einen anderen Ort umziehen. Die Idee ist immer noch da, wir haben das nicht verworfen. Wenn die Regierung will, dass wir umziehen, um eine andere Stadt in Saudi-Arabien zu präsentieren, stehen wir dem positiv gegenüber. Wenn unsere Analyse ergibt, dass es möglich ist, dann ziehen wir um. Aber wir lieben Diriyya, die Stadt liegt uns am Herzen. Diriyya ist wunderschön, eine tolle Kulisse und UNESCO-Weltkulturerbe. Sie ist 400 Jahre alt und war die erste Stadt in Saudi-Arabien.
Und warum sollte ein Umzug dann überhaupt durchgeführt werden?
Wir wollen nicht umziehen, aber man wird beim Rennen sehen, dass dort eine große Baustelle ist. Da werden gerade 16 Hotels gebaut, es ist die größte Baugrube auf der ganzen Welt, sogar größer als die in Hongkong. Wir werden möglicherweise irgendwann umziehen müssen, weil es dort so viel Bautätigkeit gibt, aber momentan funktioniert es noch. Wir kommunizieren sehr eng mit der DGDA (Diriyah Gate Development Authority), die für die Bauarbeiten in Diriyya und die Weiterentwicklung der Stadt zuständig ist. Die Zusammenarbeit hat sich als äußerst hilfreich erwiesen. Wir können dort aktuell bleiben, und wenn wir umziehen sollen, werden wir halt umziehen.
Im Jahr 2023 wird in der Formel ja bekanntlich mit dem Gen3-Auto gefahren, das kürzlich präsentiert wurde. Freuen Sie sich darauf?
In Saison 5 - bei der Premiere in Diriyya - wurde auch das Gen2-Fahrzeug eingeführt. Seitdem fahren wir mit dem gleichen Auto. Glücklicherweise war ich zur Gen3-Präsentation eingeladen, und ich habe gesehen, wo wir in einigen Jahren stehen werden. Es sieht sehr aufregend aus. Das Auto ist phänomenal, die Optik und das Design sind futuristisch. Ich habe auch mit Benoit Treluyer gesprochen, dem Testfahrer des Gen3-Autos, der mir sagte, dass das Auto und das Fahrgefühl komplett anders sind. Ich freue mich sehr darauf.
Sind für das Gen3-Auto Anpassungen an der Strecke notwendig?
Ich glaube, dass die Strecke in Diriyya auch für das Gen3-Fahrzeug geeignet ist. Ich bin mir aber sicher, dass auf einigen Strecken kleinere Anpassungen notwendig sind. Aber ich freue mich, diese Fahrzeuge auf der Strecke zu sehen und denke nicht, dass wir etwas anpassen müssen. Wenn es notwendig sein sollte, machen wir es.
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