"Ein lächerliches Design!" - Sette Camara erklärt kuriosen Ausfallgrund bei Formel-E-Rennen in Rom
Tobias Bluhm
Nicht nur in der Fahrerwertung der Formel E, sondern auch im Hinterfeld der Team-WM geht es um jeden Punkt. Beim Hankook Rom E-Prix 2023 übernahm Nio 333 dank zweier Top-10-Ergebnisse den neunten Platz von Mahindra Racing. Sonntags erreichte allerdings nur Dan Ticktum das Ziel, denn - Sergio Sette Camara war kurz vor Rennende wegen eines bemerkenswerten Technikproblems ausgeschieden.
Als Nio 333 vor einem Jahr zum Rom E-Prix nach Italien reiste, sah es für das britisch-chinesische Team in der Meisterschaft alles andere als gut aus. Null Punkte hatte das damalige Duo um Dan Ticktum und Oliver Turvey zu diesem Zeitpunkt gesammelt, ihr bestes Ergebnis war Position 14. Doch eine "Kombination aus gutem Setup und hervorragenden Fahrern", wie Nio 333 später beschrieb, änderte den Weg der Mannschaft: Beide Fahrer sammelten Punkte.
In diesem Jahr steht Nio 333 deutlich besser da. Schon 28 Punkte hatte das Team vor dem Rom-Rennen gesammelt, in Italien kamen weitere acht Zähler hinzu. Weil Mahindra Racing punktlos blieb, überholte das Mannschaft der Co-Chefs Alex Hui und Russell O'Hagan die Inder auch in der Fahrer-WM. Samstags fuhr Sergio Sette Camara auf Platz 8, sein Sonntagslauf war hingegen "ein Rennen zum Vergessen", wie er selbst sagt.
Trümmerteile reißen Kühlungsleitungen auf
Gegenüber e-Formel.de führt der Brasilianer aus: "Ich war hinter dem Safety-Car Zwölfter und habe gespürt, dass etwas mit meinem Auto nicht stimmt. Vorher bin ich über ein paar Trümmerteile gefahren und dachte zunächst, dass die Reifen platt wären. Aber die Drücke waren okay. Trotzdem bin ich in den nächsten fünf Runden wie verrückt gerutscht und alle Systeme, vor allem der Frontmotor, überhitzten. Am Ende hatte ich dann ein 'rotes Auto' (Fahrzeug steht unter Spannung) und musste aufgeben."
Resigniert sah Sette Camara zu, wie sein ER9-Wagen nach dem Rennen von einem Abschleppwagen ins Fahrerlager zurückgebracht wurde. Seine Mechaniker entdeckten das Problem am Renner schnell. "Sie haben gesehen, dass die Leitungen mit der Kühlflüssigkeit für den Frontmotor gebrochen waren", so Sette Camara.
"Das lag an den Trümmerteilen, über die ich gefahren war. Ich habe die Flüssigkeit auf der Strecke verloren und bin deswegen so viel gerutscht. Auch Lucas (di Grassi) hinter mir hat gesagt, dass er aufgrund der vielen Flüssigkeit und des Öls nichts mehr gesehen habe. Er hatte nur leider keine Abreißvisiere mehr." Tatsächlich beobachteten wir nach dem Rennen einen hitzigen Austausch der beiden auf Portugiesisch, der womöglich damit zu tun hatte.
Die Leitungen für den Frontmotor, genannt FPK-Leitungen (Front Powertrain Kit), verlaufen unter dem Auto. Sie werden allerdings nicht von Carbon geschützt, sondern "von einem schwachen Material: Das Cover ist echt lächerlich", meint Sette Camara. "Man kann es sogar mit den Händen verbiegen. Ich finde, dass das ein lächerliches Design ist, ehrlich gesagt. So ein wichtiges Sicherheitsfeature des Autos sollte eine vernünftige Abdeckung haben. Vor allem, wenn man bedenkt, dass so viele Rennen im kompletten Chaos enden und überall Trümmer liegen, ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis es jemand anderem passiert."
Ticktum trotz Punkten "angepisst"
Immerhin Dan Ticktum sammelte am Sonntag Zähler in Rom. Doch auch er ist mit seinem Rennergebnis - Platz 9 - nicht ganz zufrieden: "Es wäre auch Platz 6 oder 7 möglich gewesen", sagte er e-Formel.de nach dem Rennen. "Die Attack-Mode-Strategie war nicht gut, nachdem ich vorher bis auf Platz 4 vorgekommen war. Es ist gut, ein paar Punkte zu sammeln, aber mich pisst es trotzdem an, nicht mehr rausgeholt zu haben. Mit unserem Equipment ist das aktuell schwer, ehrlich gesagt."
Die letzte Gelegenheit, um in der WM Punkte zu sammeln - und sich damit womöglich vor den Verfolgern von Mahindra und ABT zu halten - bietet sich für Nio 333 in zwei Wochen. Beim London E-Prix beendet die Formel E am 29./30. Juli ihre Saison 2023.
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