Formel E

Einspruch gegen Misano-Disqualifikation von Felix da Costa abgelehnt: Formel-E-Team Porsche scheitert vor Gericht

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Das TAG Heuer Porsche Formel E Team ist mit seinem Einspruch gegen die Disqualifikation des Rennsiegers Antonio Felix da Costa beim Samstagsrennen des Misano E-Prix gescheitert. Die FIA gab am Dienstagabend die entsprechende Entscheidung des internationalen Berufungsgericht bekannt. Damit behält Nissan-Pilot Oliver Rowland den Rennsieg in Italien.

Wie erwartet, hat das Berufungsgericht der FIA unter dem Vorsitz von Laurent Anselmi nach der Anhörung am 7. Juni seine Entscheidung noch vor dem Portland E-Prix bekannt gegeben. Die Entscheidung der Rennkommissare Achim Loth, Francesco Maffezzoni und Michael Schwägerl, denn eigentlichen Rennsieger Antonio Felix da Costa mehr als vier Stunden nach dem Zieleinlauf von der Wertung des Rennens auszuschließen, bleibt dabei bestehen.

e-Formel.de hat das insgesamt 17 A4-Seiten umfassende Dokument des Berufungsgerichtes analysiert und fasst es dir hier zusammen. Das Originaldokument in englischer Sprache kannst du auch hier herunterladen.

Was genau wurde Porsche vorgeworfen?

Das Team habe im Formel-E-Rennen in Misano am 13. April 2024 im Bereich der Pedalerie ein nicht zugelassenes Teil verwendet, namentlich die Strompedalfeder. Diese bringt das Strompedal in Ausgangsstellung zurück, wenn der Fahrer den Fuß vom Pedal nimmt.

Die im Fahrzeug von Antonio Felix da Costa verbaute Feder entspricht nicht den drei Federn, die laut Teilekatalog von Chassishersteller Spark erlaubt waren. Damit habe das Team sowohl gegen Artikel 27.10 des Sportlichen, als auch gegen Artikel 3.3 des Technischen Reglements der FIA-Formel-E-Weltmeisterschaft verstoßen.

Artikel 27.10 des Sportlichen Reglements bezieht darauf, dass Teams zu jedem Zeitpunkt die Gebrauchsanweisungen der FIA-Lieferanten befolgen müssen. Artikel 3.3 des Technischen Reglements besagt, dass alle verwendeten Teile in den Teilekatalogen der Hersteller aufgeführt werden müssen.

Was passierte im Anschluss?

Bereits zwei Minuten nach der Bekanntgabe der Entscheidung der Rennkommissare kündigte Porsche seine Absicht an, Rechtsmittel einzulegen. Am 17. April ging der Einspruch ein, am 7. Mai reichte Porsche die Begründung nach. Am 29. Mai beantragte Porsche, weitere Beweismittel und Unterlagen einzureichen, was dem Team auch erlaubt wurde.

Die FIA reichte am 4. Juni eine schriftliche Stellungnahme zu den weiteren Dokumenten ein. Am 7. Juni fand die Anhörung der beiden Parteien - Porsche auf der einen, die FIA auf der anderen Seite - vor dem Berufungsgericht in Paris statt.

Wie argumentiert Porsche?

Die betroffene Feder sei im offiziellen Teilekatalog von Chassishersteller Spark für das Gen3-Auto gelistet gewesen und am 17. November 2022 im Fahrzeug verbaut gewesen, als (der Hersteller) Porsche sein Fahrzeug für die Saisons neun und zehn homologiert habe. Damit sei die Feder im Homologationszeitraum zulässig gewesen und wurde vom Team in der gesamten Saison 2023 sowie in den ersten fünf Rennen der Saison 2024 verwendet.

In diesem Zeitraum sei diese Feder bei diversen technischen Überprüfungen niemals beanstandet worden. Zudem sei die Aussage der Spark-Mitarbeiter in Misano, die Feder sei im Teilekatalog des Gen2-Fahrzeugs gelistet, jedoch nicht in dem des Gen3-Fahrzeugs, falsch.

Nach Ansicht von Porsche sei der Spark-Teilekatalog vom Zeitpunkt der Homologation bindend. Damit sei das Fahrzeug in seiner homologierten Form für den gesamten Homologationszeitraum legal. Außerdem machte Porsche geltend, dass selbst ein Verstoß nicht zu einer Disqualifikation führen könne, da dieser weder vorsätzlich noch fahrlässig begangen wurde.

Außerdem habe es von Seiten von Spark weder eine Mitteilung an (den Hersteller) Porsche gegeben, dass die Feder nicht mehr zulässig sei, noch habe man einen Performance-Vorteil durch die Verwendung der Feder erzielt. Außerdem sei es für die Teams nicht möglich, jedes einzelne Bauteil seiner Fahrzeuge vor dem Rennen mit dem 135 Seiten umfassenden Teilekatalog von Spark abzugleichen.

Wie argumentiert die FIA?

Die neueste Version des Teilekatalogs von Spark sei die einzige für das Rennen relevante Version gewesen. Außerdem dürfe keine Vermischung zwischen dem Gen3-Hersteller Porsche und dem Formel-E-Team Porsche stattfinden.

Die betroffene Feder sei dabei kein Teil des Herstellers Porsche, sondern ein Teil eines Einheitslieferanten (namentlich Spark) und damit nicht Teil der Homologation, sondern unterliege auch im Homologationszeitraum Änderungen seitens des Lieferanten. Insbesondere sei die von Porsche als Grundlage für seine Argumentation verwendete Version des Teilekataloges ausschließlich den Herstellern und niemals den Teams zur Verfügung gestellt worden.

Die Hersteller haben von Spark die Erlaubnis erhalten, bis zur Lieferung der korrekten Federn provisorisch die Federn aus dem Gen2-Fahrzeug zu verwenden. Die korrekten Federn wurden jedoch bereits am 21. November 2022 an die Teams geliefert. Vor Saisonbeginn 2023 erhielten die Teams eine überarbeitete Version des Teilekatalogs, in der nur die Gen3-Federn aufgeführt waren. Nach dem Technischen Reglement sind die Teams verpflichtet, diese Kataloge auch zu beachten.

Da die strittige Feder im Fahrzeug verbaut, aber nicht im Teilekatalog aufgeführt war, sei das Fahrzeug in Misano somit nicht regelkonform gewesen. Ob das Fahrzeug in der Zwischenzeit legal oder illegal gewesen sei, ließe sich im Nachhinein unmöglich beweisen, da Porsche seit 21. November 2022 im Besitz von beiden Federn gewesen sei und diese jederzeit habe tauschen können.

Zur Verhältnismäßigkeit der Strafe merkte die FIA an, dass nach der langjährigen Rechtsprechung ein Verstoß gegen das technische Reglement eine Disqualifikation zur Folge hat, außer es liegen außergewöhnliche Umstände vor. Als diese gelten beispielsweise ein Schreibfehler im Reglement oder im Homologationsdokument - dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu.

Außerdem habe die von Porsche verwendete Feder eine andere Länge als die drei erlaubten Federn, womit das Fahrzeug ein steiferes Pedal habe, was dem Fahrer bessere Möglichkeiten zur Kontrolle des Energieverbrauchs gebe.

Wie hat das Gericht die vorgebrachten Argumente bewertet?

Die strittige Feder war weder ein Teil des Herstellers Porsche noch im Homologationsdokument aufgeführt. Damit umfasst die Homologation nach Ansicht des Gerichts weder diese Feder noch die anderen im Teilekatalog aufgeführten Federn.

Porsche habe zudem keine Beweise vorgelegt, dass die beanstandete Feder nach dem 12. Dezember 2022 jemals einer besonderen Kontrolle unterlag und damit die Verwendung von FIA-Mitarbeitern genehmigt wurde. Da dies anderenfalls ein relevantes Argument sein könnte, wurde es somit zurückgewiesen.

Das Gericht stimmte zu, dass die von Porsche zugrunde gelegte Version des Teilekatalogs die strittige Feder beinhaltete. Dieser Katalog sei jedoch nicht für die Teams bestimmt gewesen, sondern ausschließlich für die Hersteller, womit dies keine Gültigkeit für das Rennen in Misano habe. Porsche konnte auch nicht nachweisen, dass der Teilekatalog der Hersteller zu irgendeinem Zeitpunkt auch für die Teams Gültigkeit gehabt habe.

Porsche habe vor Saisonbeginn sowohl die korrekten Federn als auch die gültigen Teilekataloge erhalten, in denen nur die korrekten Federn aufgeführt waren, jedoch nicht die strittige Feder. Lieferant Spark habe den Herstellern zudem mitgeteilt, dass sie die Federn des Gen2-Fahrzeugs in der Entwicklungsphase verwenden dürfen, bis die korrekten Federn geliefert werden.

Außerdem seien alle Teams vor Beginn von Saison 9 darauf hingewiesen worden, dass ausschließlich der überarbeitete Teilekatalog Gültigkeit habe. Für Saison 10 sei dies erneut erfolgt, mit Hinweis auf einen erneut überarbeiteten Teilekatalog.

Was hat das Gericht entschieden?

Die von Porsche verwendete Feder sei zu keinem Zeitpunkt zur Verwendung im Gen3-Fahrzeug zugelassen gewesen. Porsche habe mit der Verwendung eindeutig gegen das Technische Reglement verstoßen.

Da der Teilekatalog von Spark jedoch, wie der Name besagt, lediglich eine Liste mit erlaubten Teilen und keine Gebrauchsanweisung eines FIA-Lieferanten sei, habe es abweichend von der Entscheidung der Rennkommissare keinen Verstoß gegen Artikel 27.10 des Sportlichen Reglements gegeben.

Der Verstoß gegen das Technische Reglement habe in der Verantwortung von Porsche gelegen, damit sei das Team auch für diesen Regelverstoß zu bestrafen. Die einzige Strafe im Falle eines solchen Verstoßes sei die Disqualifikation, außer im Falle von außergewöhnlichen Umständen, die jedoch hier nicht vorlagen.

Aus den vorliegenden Dokumenten ging hervor, dass die Feder zuvor niemals von FIA-Mitarbeitern geprüft wurde. Dies sei auch nicht als außergewöhnlicher Umstand anzusehen. Zudem sei alleine das Team für die Einhaltung der Regeln verantwortlich und könne dies nicht an die FIA-Offiziellen delegieren.

Auch habe Porsche den überarbeiteten Teilekatalog bereits Monate vor dem Rennen erhalten und könne sich daher nicht darauf berufen, dass es nicht möglich gewesen sei, alle Teile im Fahrzeug mit dem Katalog abzugleichen. Auch das Argument, dass Porsche durch die Verwendung der Feder keinen Performance-Vorteil gehabt habe, sei im Fall eines Verstoß gegen das Technische Reglement überhaupt nicht relevant.

Auch wenn es keinen Verstoß gegen das Sportliche Reglement gab, entschied das Gericht, dass die von den Rennkommissaren ausgesprochene Strafe aufgrund des Verstoßes gegen das Technische Reglement aufrechterhalten wird. Der Einspruch wird daher abgewiesen. Porsche muss darüber hinaus die Kosten des Verfahrens tragen.

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