Entwicklung des Gen4-Akkus der Formel E schreitet voran: "Alles läuft so, wie wir es uns vorgestellt haben"
Tobias Wirtz

Podium Advanced Technologies
Mit der Einführung der Gen4-Autos Ende 2026 werden gleichzeitig auch mehrere neue Lieferanten in der Formel E auftauchen. Bridgestone wird anstelle von Hankook die Einheitsreifen für die Elektroserie zur Verfügung stellen, eine weitere Änderungen gibt es bei den Akkus: Podium Advanced Technologies löst Fortescue Zero (früher Williams Advanced Engineering) ab. Hier läuft die Entwicklung des neuen Batteriepakets bereits auf Hochtouren.
Nach nur zwei Rennen mit den neuen Gen3-Evo-Boliden der Formel E ist klar, dass die überarbeitete Variante der 2022 eingeführten Fahrzeuge einen deutlichen Schritt nach vorn bei der Performance gebracht hat. Mit Beginn der Gen4-Ära wird die Rennserie aller Voraussicht nach noch mal deutlich schneller werden: Mit bis zu 600 kW Leistung stößt die Formel E dann in Leistungsbereiche vor, die im Formelsport bislang nur der Formel 1 und der IndyCar Series vorbehalten sind. Nicht nur die Antriebskomponenten der Hersteller, sondern auch die Batterien müssen daher vollständig neu entwickelt werden.
Podium Advanced Technologies verfügt über mehrere Jahre Erfahrung im elektrischen und elektrifizierten Motorsport: Neben der MotoE, wo Podium die Einheitsbatterie zur Verfügung stellt, war das 2011 gegründete Unternehmen auch an der Entwicklung des Hybridsystems des mittlerweile eingestellten Hypercars von Glickenhaus sowie an den Glickenhaus-Projekten beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring beteiligt. Dennoch wurden viele von der Entscheidung der FIA überrascht, den Auftrag für die Gen4-Batterien an Podium zu vergeben.
"Die Ausschreibung war ein sehr enger Entscheid mit vielen Mitbewerbern, die gewinnen wollten", sagt Luca Ciancetti, Mitbegründer und Leiter der Geschäftsbereiche Straßenfahrzeuge und Motorsport bei Podium Advanced Technologies, gegenüber Motorsport.com. "Das Tolle am Motorsport ist, dass er demokratisch ist. Dieser demokratische Charakter ist eine der besten Eigenschaften des Wettbewerbs, der es auch weniger etablierten Unternehmen ermöglicht, bei Projekten dieser Größenordnung mitzumachen. Wenn man gut und effizient arbeitet, erhält man eine Chance."
Batterie soll "keinesfalls Gegenstand von Diskussionen sein"
Die Bekanntgabe der FIA, dass Podium Advanced Technologies diese Chance erhält, liegt bereits mehr als ein Jahr zurück. Die Entwicklung der Batterien ist daher schon weit fortgeschritten. Das Unternehmen möchte es jedoch tunlichst vermeiden, selbst zu sehr im Mittelpunkt zu stehen. Dies hatte der aktuelle Batteriehersteller nicht geschafft, da es bei den ersten Gen3-Testfahrten der Hersteller immer wieder zu Problemen kam, und 2023 bei den Vorsaison-Testfahrten in Valencia sogar eine Batterie in der Boxengasse Feuer fing.
"Die technische Herausforderung ist mit Sicherheit wichtig", beschreibt Ciancetti weiter. "Aber die eigentliche Thematik eines solchen Projekts liegt nicht so sehr in den Details der verschiedenen technischen Feinheiten. Es gibt keinen Bereich, in dem man größere Risiken eingehen darf. Das Entscheidende ist, ein solides Produkt abzuliefern, das keinesfalls Gegenstand von Diskussionen um die Meisterschaft ist. Es ist unsere Aufgabe als Lieferant eines so wichtigen Fahrzeugteils, den Teams ein leistungsstarkes Produkt zu liefern, das zuverlässig und funktionstüchtig ist. Das ist das wahre Problem bei einer solchen Belieferung."
"Kompromiss ist definitiv nicht einfach"
Unterschätzen dürfe man die technische Herausforderung aufgrund der von der FIA vorgegebenen Parameter jedoch nicht, erklärt Ciancetti. "Wenn man keine sehr strengen Zielvorgaben in Bezug auf Gewicht und spezifische Leistung hätte, könnte man ein einfacheres Produkt entwickeln. Hier hingegen ist die Herausforderung eine doppelte, denn man muss etwas entwickeln, das für die Teams sehr zuverlässig ist und gleichzeitig modernste Leistungsmerkmale aufweist. Dieser Kompromiss ist definitiv nicht einfach."
Aber auch die zeitliche Komponente spielt eine wichtige Rolle. Immerhin sollen erste Tests mit einem Gen4-Prototypen schon in der ersten Jahreshälfte 2025 durchgeführt werden: Anfang Juni müssen die Hersteller bereits die Batterien für ihre Rennfahrzeuge bestellen. Die Akkus für die Testfahrzeuge mussten sogar schon im vergangenen Jahr geordert werden.
Ciancetti sieht sein Team bislang gut im Zeitplan. "Was den bisherigen Entwicklungsstand betrifft, so liegen wir im Rahmen dessen, was vereinbart wurde und was wir erreichen sollten. Alles läuft so, wie wir es uns vorgestellt und mit der FIA vereinbart haben. Sie verfügt über ein sehr hohes Maß an Expertise und Fachwissen auf diesem Gebiet, sodass wir einen strukturierten und unterstützenden Gesprächspartner haben", beschreibt er und hebt die Rolle der FIA noch einmal hervor.
Die Batterietechnologie sei ein Gebiet, in dem die Entwicklung "glücklicherweise sehr schnell voranschreitet, was mit den verfügbaren chemischen Verfahren zusammenhängt. Wir arbeiten heute beispielsweise mit Zellen, die es vor einigen Jahren noch gar nicht gab", erklärt Ciancetti weiter.
Den Motorsport sieht er als Testlabor für Innovationen, die schnell ihren Weg auf die Straße finden werden. "In einem Technologiesektor, der so schnell voranschreitet wie die Batterietechnologie, in dem ständig neue Technologien zur Verfügung stehen und neue Ideen für Steuerungen und Algorithmen entwickelt werden, hat die Möglichkeit, dass man sie sofort im Motorsport testen und dann auf Straßenautos übertragen kann, heute eine sehr wichtige Bedeutung."
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