Formel E

FIA bestätigt signifikanten Leistungsanstieg & neue Regeln für 3. Formel-E-Generation

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Der Weltmotorsportrat des Automobilverbandes FIA hat bei seinem letzten Treffen die Weichen für die dritte Formel-E-Generation gestellt: Die Fahrzeuge erhalten ab Saison 9 mehr Leistung und eine höhere Energierückgewinnung (Rekuperation). Um die Kosten im Griff zu halten, wird dafür schon in der kommenden Saison am Teampersonal und an den Reifen gespart.

Nachdem wir bereits am Mittwoch über die Entscheidungen betreffend der neuen Einheitsausrüster in den Bereichen Batterie (Williams), Chassis (Spark) und Reifen (Hankook) für die dritte Generation der Formel E berichtet haben, wurden nun auch Details zum Regelwerk der Elektroserie veröffentlicht. Viele der beschlossenen Maßnahmen greifen bereits in der kommenden Saison.

Mehr Leistung & Rekuperation, aber keine Eigenentwicklungen beim Frontmotor

Der Gen3-Rennwagen soll demnach wie geplant in Saison 9, also 2022/23, eingeführt und für vier Jahre eingesetzt werden. Die diskutierte Verschiebung um ein Jahr, ähnlich wie beim Facelift des Gen2-Fahrzeugs, ist damit vom Tisch. Spark Racing Technology wird dabei nicht nur das Chassis entwickeln: Auch der neue vordere Antriebsstrang gehört mit zum Paket, das sämtlichen Teams in identischer Form zur Verfügung gestellt wird.

Anders als beispielsweise bei den LMP1-Fahrzeugen der Langstreckenweltmeisterschaft WEC sollen die Formel-E-Boliden keinen Allradantrieb erhalten, sondern an der Vorderachse ausschließlich Energie zurückgewinnen dürfen. Die Rekuperationsleistung wird dadurch von derzeit 250 kW, die ausschließlich an der Hinterachse zurückgewonnen werden, auf 600 kW mehr als verdoppelt.

Für die selbstentwickelten Antriebsstränge der Hersteller ist ebenfalls eine Leistungssteigerung vorgesehen: Im Qualifying werden die Gen3-Boliden künftig 350 kW (476 PS) leisten dürfen. Das entspricht der leistungsstärkeren Spezifikation A, die bei der Ausschreibung für das Gen3-Fahrzeug veröffentlicht wurde. Im Rennen werden die Fahrer 300 kW (408 PS) abrufen können. Derzeit leisten die Antriebe der Formel E 250 kW (340 PS) im Qualifying und 200 kW (272 PS) im Rennmodus.

Dies dürfte bei den Rundenzeiten einen deutlichen Sprung nach vorne bieten, da gleichzeitig auch die Batterie und damit der gesamte Wagen leichter wird - auf Kosten der Energiekapazität. Stattdessen wird es in Zukunft Boxenstopps während der Rennen geben, bei denen die Akkus per Schnellladung mit maximal 600 kW Ladeleistung wieder aufgeladen werden dürfen.

Aus Kostengründen: Einschnitte bei Bremsen, Reifen und Personal - vor Ort und im Werk

Bereits unmittelbar nach der Sitzung des WMSC hatte die FIA in einer Pressemitteilung erklärt, dass eine Reihe von Maßnahmen beschlossen wurden, um die Meisterschaft effizienter zu organisieren und die sportliche sowie finanzielle Gesundheit der Serie sicherzustellen. Zuvor wurde schon festgelegt, dass das GEN2EVO-Facelift verschoben und aus Kostengründen nur ein einziger Antrieb pro Hersteller für die Saisons 7 und 8 homologiert werden darf - statt jedes Jahr einen neuen Antriebsstrang zu entwickeln.

Die Anzahl der Sätze von Bremsscheiben und Bremsbelägen, die im Laufe einer Saison verwendet werden dürfen, wird zukünftig limitiert. Außerdem wird die Reifenzuteilung ab der kommenden Saison reduziert: Bei einem Einzelrennen wird die Anzahl um 25 Prozent gesenkt, bei einem "Double-Header" gar um bis zu 50 Prozent. Dabei soll es aber nicht bleiben. FIA und Formel E arbeiten momentan gemeinsam daran, auch in den Bereichen Software, Karosserie und Sensoren Beschränkungen einzuführen, um die Kosten weiter einzudämmen.

Was bereits beschlossen wurde: Das Personal der Teams vor Ort wird verringert. Statt wie bislang 20 dürfen dann nur noch 17 Mitarbeiter in der Box an den Fahrzeugen arbeiten. Ziel ist es, Reisekosten und den durch die Anreise der Teams verursachten CO2-Ausstoß zu senken. Und auch bei den Ingenieuren, die am Rennwochenende parallel im Werk der Teams arbeiten, wird es erstmals Beschränkungen geben: Es ist nur noch ein Einsatzort mit maximal sechs Mitarbeitern zugelassen. Große Kontrollzentren der Teams, wie es sie seit Jahren in der Formel 1 gibt, in denen unzählige Ingenieure während des Rennens in Echtzeit Daten analysieren und so das Personal vor Ort unterstützen, werden somit stark reglementiert.

Neue Formel-E-Arbeitsgruppe "Logistik" gegründet

Auch die Logistik der Rennserie wird auf den Prüfstand gestellt, immerhin entstehen beim Transport der Fahrzeuge und des Equipment 72 Prozent der gesamten CO2-Emissionen. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ab der kommenden Saison ihre Arbeit aufnehmen wird. Sie hat das Ziel, die Logistikkosten erheblich zu optimieren und gleichzeitig einen deutlichen Einfluss auf die Umwelt zu haben. Ob dies dafür sorgen wird, dass die Rennkalender optimiert werden und unnötige Kontinentwechsel (wie von Europa für ein Rennen nach Nordamerika und dann zurück nach Europa) verschwinden werden, steht in den Sternen.

Langfristiger Finanzplan soll Wettbewerbsfähigkeit & Kostenkontrolle sicherstellen

Außerdem wurde sowohl den Teams als auch den Herstellern ein erster Entwurf eines Finanzrahmens für einen fairen und nachhaltigen Wettbewerb in der Meisterschaft mit Zielen, Leitprinzipien und einem Zeitplan vorgelegt. Dieser beinhaltet eine neue Verteilung der Preisgelder ab Saison 7.

Die Formel E erhofft sich so, das Wettbewerbsgleichgewicht in der Rennserie zu erhalten. Das Ziel ist es auch weiterhin, dass jedes Team mit einem "vernünftigen" Budget um Rennsiege kämpfen kann. Gleichzeitig soll die Formel E durch die technische Herausforderung, die sie darstellt, sich auch ihre Bedeutung für die Hersteller bewahren.

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