Formel E

Finanzbericht: Formel E vermeldet geringere Umsätze & Verluste im Corona-Jahr 2020

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

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Die Coronavirus-Pandemie hat auch die Formel E wirtschaftlich getroffen. In einem am Freitag veröffentlichten Bericht für das Geschäftsjahr bis zum 30. September 2020 vermerkten die Buchhalter:innen der "Formula E Operations" (FEO) einen Rückgang der Umsätze um 11,6 Prozent. Die Elektroserie verbuchte dennoch deutlich weniger Verluste als in den Vorjahren.

Die vor dem Geschäftsjahr 2020 veröffentlichten Finanzberichte deuteten auf ein deutliches Wachstum der Rennkategorie hin. Noch in der fünften Saison verbuchte sie einen neuen Umsatzrekord in Höhe von 161,5 Mio. Euro. Die Corona-Pandemie verpasste der Formel E jedoch einen (erwartbaren) Rückschlag.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr, für das die FEO eine Verlängerung um zwei Monate bis zum 30. September 2020 beantragte, brachen die Umsätze um 11,6 Prozent auf 141,8 Mio. Euro ein. Insgesamt habe die Serie aber nur rund 62.660 Euro verloren. Das kumulierte Defizit, also alle Ausgaben seit der Firmengründung 2013, beträgt nun 165 Mio. Euro.



Umsatz Verlust Defizit
(kumuliert)*
Live-Publikum
TV-Publikum
2013 0 EUR 0,23 Mio. EUR 0,23 Mio. EUR k.A. k.A.
2014 1,43 Mio. EUR 6,78 Mio. EUR 7,03 Mio. EUR k.A. k.A.
2015 20,99 Mio. EUR 62,18 Mio. EUR 70,08 Mio. EUR k.A. k.A.
2016 56,60 Mio. EUR 35,29 Mio. EUR 107,17 Mio. EUR 270.000 192 Mio.
2017 94,47 Mio. EUR 20,79 Mio. EUR 127,96 Mio. EUR 220.000 223 Mio.
2018 133,44 Mio. EUR 26,41 Mio. EUR 154,37 Mio. EUR 368.000 330 Mio.
2019 161,53 Mio. EUR 10,56 Mio. EUR 164,94 Mio. EUR 400.000 411 Mio.
2020 142,84 Mio. EUR 0,06 Mio. EUR 164,99 Mio. EUR k.A. k.A.

* Abweichungen aufgrund von Wechselkursen möglich

Für die Formel E bedeutet dies: Trotz der Corona-Pandemie konnte die Rennserie ihre Verluste deutlich reduzieren. Möglich ist dies mutmaßlich durch die geringere Anzahl der Veranstaltungen, schließlich fand über die Hälfte der Saison in Berlin statt.

Die Elektroserie wird voraussichtlich nur noch wenige Jahre brauchen, um die Investitionen der vergangenen Saisons in Profit umzumünzen. Derzeit nutzt sie ihre Einnahmen durch Lizenzvergaben oder Sponsorengelder vorrangig dafür, um in die Entwicklung des eigenen Geschäfts zu investieren.

Durch die Corona-Pandemie hat die Formel E im abgelaufenen Jahr darauf verzichtet, insgesamt 8,5 Millionen Euro ausstehender Vertragszahlungen von ihren Schuldnern einzufordern. Der Großteil dieses Betrags soll stattdessen 2021 auf die FEO-Konten eingehen, 1,7 Mio. Euro können sogar noch danach eingezahlt werden.

Auch die Formula E Race Operations Limited (FERO), die seit 2018 für die eigentliche Durchführung der Rennen verantwortlich ist, war zuletzt noch nicht profitabel. Die 100-prozentige Tochter der FEO vermeldete noch keine Einnahmen oder Verluste für das abgelaufene Geschäftsjahr.

Unklar ist, wie sich das Publikum der Elektrorennserie entwickelt. Erstmals seit der Saison 2015/16 veröffentlichte die Formel E keine Zahlen zu den TV-Einschaltquoten oder der Größe des Vor-Ort-Publikums. Angesichts der "Geisterrennen" in der Corona-Pandemie und des kläglichen Fan-Interesses am Diriyya E-Prix 2019 dürften diese Zahlen allerdings überschaubar sein.

Berlin E-Prix "rettet" die Formel-E-Bilanz 2020

Vor dem Hintergrund der Geschäftszahlen war es für die Elektroserie in vielerlei Hinsicht lohnend, ihre sechste Saison mehr oder weniger geordnet mit dem Berlin E-Prix 2020 zu beenden. Zwar bildete die Veranstaltung, bei der binnen neun Tagen sechs Rennen auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof ausgetragen wurden, für die Teams und Fahrer eine große sportliche Belastung.

Wirtschaftlich betrachtet wären die Auswirkungen einer Saison ohne das Berlin-Finale allerdings deutlich schwerwiegender ausgefallen. Die Formel E überbrückte die "Corona-Zwangspause" mit der Organisation der "Race at Home Challenge", um wenigstens in einem beschränkten Rahmen Sponsorengelder einzunehmen (beispielsweise durch virtuelle Werbebanden). Keineswegs hätte sie eine Saison ohne den Berlin E-Prix jedoch ansatzweise so "glimpflich" überstanden.

Formel-E-Boss Reigle unter Zugzwang

Vor dem Team um Formel-E-Geschäftsführer Jamie Reigle, der die Kontrolle der FEO im vergangenen Sommer offiziell übernahm, liegen dennoch einige herausfordernde Monate. Da im Jahr 2021 deutlich mehr Rennveranstaltungen stattfinden, ist im laufenden Geschäftsjahr wieder mit höheren Verlusten zu rechnen. Der Kanadier muss die Formel E auf der wirtschaftlichen Erfolgsspur halten, um die Gunst "seiner" Investoren nicht zu verlieren.

Hinter den Kulissen der Organisation soll Reigle seit Monaten immer weniger Rückhalt erhalten, jüngst veranschaulicht durch eine spektakuläre Dezimierung der Formel-E-Kommunikationsabteilung oder McLarens Entscheidung, sich zunächst nur für die Extreme E einzuschreiben - trotz einer bestehenden Formel-E-Einstiegsoption. Die Geschäftszahlen 2020 entlasten Reigle vom politischen Druck seines Vorstands nur vorübergehend.

Durch zunehmende Reisefreiheiten, geringere Hürden bei der Organisation von Rennveranstaltungen, neue TV-Verträge, beispielsweise mit ProSiebenSat.1 in Deutschland, und die Rückkehr von Zuschauer:innen auf die Tribünen bekommt die Formel E die Möglichkeit, im neuen Geschäftsjahr erstmals Profite zu verbuchen.

In der ersten Hälfte des Jahres haben laut Angaben der Formel E 150 Mio. Fans die E-Prix im Fernsehen verfolgt, die Serie ist somit "auf Kurs" für ähnliche Einschaltquoten wie in ihrer dritten oder vierten Saison. In den Schlüsselmärkten sei das Publikum dennoch um 125 Prozent gewachsen.

Wie sich die Saison 2021 in den Finanzen bemerkbar macht, dürfte jedoch erst im nächsten Sommer bekannt werden. Das laufende Geschäftsjahr endet am 30. September 2021.

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