Formel E

Mercedes-F1-Team profitiert vom Technologietransfer aus der Formel E

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Mercedes-Benz ist der weltweit einzige Hersteller, der aktuell mit einem eigenen Werksteam in den beiden führenden Monoposto-Rennserien der FIA - Formel 1 und Formel E - engagiert ist. Und obwohl das erste elektrische Rennen für die Stuttgarter erst vor rund vier Monaten in Diriyya stattfand, profitiert das Formel-1-Team bereits heute von den gesammelten Erfahrungen bei der Entwicklung des Elektroantriebs.

Der Mercedes-AMG F1 W11 EQ Performance für die Formel-1-Weltmeisterschaft 2020 und der Mercedes-Benz EQ Silver Arrow 01 der Formel-E-Saison 2019/20 - auf den ersten Blick lässt nur die silberfarbene Lackierung erahnen, dass die beiden Rennwagen mehr als nur entfernt verwandte Cousins sind.

In der einen Ecke steht ein mit einem Budget von mehr als 400 Millionen Euro entwickelter, aerodynamisch bis an die Grenzen der Physik ausgefeilter Hochleistungsrennwagen, der es mit seinem Hybridantrieb auf mehr als 700 kW (952 PS) Leistung im Qualifyingmodus bringen soll. In der anderen Ecke: ein optisch zwar futuristisch anmutender, jedoch zu mehr als 95 Prozent aus Einheitsteilen bestehender Elektrorennwagen, der maximal 250 kW (340 PS) Leistung abrufen kann und inklusive Antrieb für genau 817.300 Euro von einem Kundenteam gekauft werden kann. Wie passt das zusammen?

Das ist definitiv die falsche Frage. Sie müsste viel mehr lauten: Wo passt das zusammen? Die Antwort: In den Hallen von Mercedes AMG High Performance Powertrains im britischen Brixworth. In der ehemaligen Fabrik des 1984 gegründeten Unternehmens Ilmor (von den ehemaligen Cosworth-Mitarbeitern Mario Illien und Paul Morgan sowie Roger Penske, Vater des Dragon-Teamchefs Jay Penske) werden seit 1993 im Auftrag von Mercedes Formel-1-Motoren konstruiert und entwickelt. Mercedes erwarb 1994 erste Unternehmensanteile und 2005 schließlich die komplette Firma. Seit 2018 wird hier auch der Antriebsstrang für die Formel-E-Boliden von Mercedes entwickelt.

Formel-1-Motor profitiert bei Drehmoment & Energierückgewinnung

Anlässlich der Vorstellung des Mercedes-AMG F1 W11 EQ Performance bestätigte Mercedes-Motorenchef Andy Cowell bei 'Motorsport-Total.com', dass tatsächlich Synergieeffekte bei der Entwicklung des Hybridantriebs für die Formel 1 genutzt wurden: "Ab Melbourne wird unser Formel-1-Hybridsystem von unserer Entwicklungsarbeit in der Formel E profitieren!" Damals war noch nicht abzusehen, dass der Saisonauftakt - wie auch einige weitere F1-Rennen - aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt würden. Nichtsdestotrotz steckt die Technik im Auto.

Mercedes HPP habe auch bei der Produktion einige Verbesserungen aus der Formel-E-Entwicklung übernommen. "Einige der Techniken, die für die Formel E entwickelt wurden, werden nun für die Elektromotoren in der Formel 1 eingesetzt", erklärt Cowell. Neben dem Wirkungsgrad von Elektromotor und Inverter - zentrale Punkte für die Effizienz des Formel-E-Antriebs - sei "auch die Genauigkeit des Drehmoments entscheidend", genau wie die Energierückgewinnung: "Das ist auch ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit in der Formel E", so der Brite.

Zu Beginn sei dies zeitweise eine Doppelbelastung für seine Ingenieure gewesen, dies habe sich jedoch eingespielt: "Es dauert einfach eine gewisse Zeit, bis man die richtigen Leute für eine neue Serie gefunden hat. Einige davon stammen aus dem Formel-1-Team, andere von außerhalb. Alles in allem ist es jedoch ein Vorteil, weil es Chancen bietet, sich im Bereich neuer Technologien und einer neuen Serie zu entfalten. Jetzt erleben wir, wie sich die Ideen zwischen beiden Serien gegenseitig beflügeln. Davon profitieren schlussendlich beide Antriebsstränge."

Wann die beiden Rennwagen zu ihrem nächsten beziehungsweise ersten Einsatz kommen, ist noch nicht abzusehen. Im Rennkalender der Formel E steht weiterhin der Berlin E-Prix am 21. Juni als nächstes Rennen an. Die Formel 1 hingegen hat gerade erst auch den Grand Prix in Aserbaidschan verschoben, als Saisonstart steht aktuell Montreal am 14. Juni im Raum. Wann die "Königsklasse" richtig loslegt, bleibt abzuwarten.

Foto: Peter Minnig / Spacesuit Media

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