Formel E

Formel E: Agag will 2 Boxenstopps mit Schnellladevorgang ab Saison 2022

Timo Pape

Timo Pape

Die Formel E hat Relevanz für die Automobilbranche - und das soll auch so bleiben. Was der Formel 1 in den vergangenen Jahren abhanden gegangen ist, bekommen Hersteller in der Elektrorennserie: ein Testlabor für neue Technologien, die sie in die Serienproduktion überführen können. Mit Einführung der neuen Batterie Anfang dieser Saison und der Abschaffung des Fahrzeugwechsels hat die Formel E ihren ersten wichtigen Meilenstein erreicht: Das gerade eingeführte Gen2-Auto hat viele Kritiker verstummen lassen, denn es schafft eine ganze Renndistanz und ist deutlich leistungsstärker. Trotzdem richten sich die Blicke bereits in die Zukunft.

"Wir haben noch diese und drei weitere Saisons mit dem Gen2-Auto, dann kommt Gen3. Aber wir müssen jetzt schon anfangen, die Technik zu planen und zu entwickeln", erklärt Formel-E-Gründer und -CEO Alejandro Agag im Exklusiv-Interview mit 'e-Formel.de'. In entspannter Atmosphäre im "Soho House Berlin" gibt er uns Einblicke in die Konzeption des künftigen Formel-E-Rennwagens, der in der neunten Saison (2022/23) sein Renndebüt geben wird. "Viele Entscheidungen werden in den kommenden sechs Monaten fallen", so der Spanier.

"Ich kann dir ein Update dazu geben, was ich möchte. Am Ende gibt natürlich die FIA die Regeln vor, aber sie hören auch auf uns", holt Agag aus. "Für mich hat beim Gen3-Auto der Aspekt Ultra-Fast-Charging die absolute Priorität. Das ist die Technologie, die für Straßenfahrzeuge relevant werden kann. Es wäre der nächste wichtige Schritt für uns, denn in Sachen Batterie haben wir schon einen großen Schritt von Generation 1 zu Generation 2 gemacht. Das ist erst mal erledigt, auch wenn wir (die Batterie) natürlich weiterentwickeln werden. Die Leute sollen aber auch sehen, dass diese Fahrzeuge sehr, sehr schnell geladen werden können."

Energienachschub binnen einer halben Minute?

Wie genau das aussehen könnte, hat Agag bereits vor dem geistigen Auge. Im Raum steht die Wiedereinführung von Boxenstopps in der Formel E. "Wir schauen uns an, ob wir für 30 bis 60 Sekunden mit 450 Kilowatt laden können. Das wäre ein kurzer Boxenstopp. Du bekommst in dieser Zeit etwa acht, neun, zehn Kilowattstunden Energie in den Akku, was in etwa 50 Prozent des Akkus entspräche. Du absolvierst also zwei Boxenstopps pro Rennen und holst dir wieder zusätzliche Energie zurück, ohne aber die Batterie vorher komplett entladen zu haben."

Ein Fahrer würde pro Rennen also in Summe zwischen 16 und 20 kWh nachladen, was in Saison 9 voraussichtlich rund der Hälfte der Gesamtkapazität der Batterie entspräche. Diese dürfte in etwa bei 40 kWh liegen. Diese Annahme würde sich mit der folgenden Aussage decken, denn Agag verrät, dass der Energiespeicher - aktuell steht die Formel E bei 52 kWh nutzbarer Energie - in Zukunft womöglich wieder schrumpfen werde. "Eine kleinere Batterie würde die Autos leichter machen, also gleichzeitig auch schneller."

Neben dem Technologiesprung zeigt sich Agag vor allem über die "unfassbar vielfältigen" neuen Strategiemöglichkeiten für Fahrer und Teams begeistert, die mit einer Einführung des "Nachtankens" einhergingen. "Deswegen wünsche ich mir das - zwei Boxenstopps mit je 30 bis 60 Sekunden Dauer und Schnellladevorgang." Nico Rosberg, der ebenfalls im Gespräch dabei ist, hakt mit einer eigenen Frage ein: "Und was will die FIA?" Agag antwortet: "Sie mögen die Idee. Aber es gibt natürlich einige Herausforderungen. Zum Beispiel bräuchten wir viel Energie, denn der Output wäre in der Spitze schon sehr hoch. Du brauchst also eine gute Lösung, um den ganzen Saft für die Batterien auf saubere Art und Weise zu erzeugen."

Zudem spricht Agag das Thema Kühlung als große Herausforderung an: "Das Hauptproblem ist hier der Stecker an sich, denn er wird sehr, sehr heiß. Ich glaube, diese Herausforderungen müssen wir erst noch meistern. Aber in meinen Augen ist das die Technologie, die ich gern in Generation 3 sehen würde."

Nico Rosberg will "weiteren großen Leistungssprung schaffen"

Ex-Formel-1-Weltmeister Rosberg, der selbst Anteile an der Formel E besitzt, lenkt den Fokus ein Stück weg vom Schnellladen: "Natürlich ist es wichtig, auch bei der Batterie einen weiteren großen Schritt zu machen. Denn die gibt letztlich die Performance des Autos vor", erklärt er uns. Bereits heute könnten die Autos schneller fahren, wenn sie nur mehr Energie zur Verfügung hätten. "Es wäre schon cool, wenn wir in Sachen Leistung einen weiteren großen Sprung schaffen würden. Das wäre wahrscheinlich mein Hauptargument. Ich bin das Gen2-Auto ja gefahren und weiß, was für Sprünge (im Vergleich zum Gen1-Auto) möglich sind. Das hat sich schon großartig angefühlt. Es trägt für die Piloten erheblich zum Fahrspaß und zur gesamten Show bei."

Mit Blick auf das Aussehen des künftigen Formel-E-Autos hat Rosberg noch keine genauen Vorstellungen oder Wünsche: "Ich finde, das Gen2-Car sieht schon ziemlich gut aus. Das hat mich echt überzeugt." Agag fällt ihm ins Wort: "Es wird ja in anderthalb Jahren ein Facelift für das Gen2-Auto geben (zu Saison 7). Wir werden also Teile der Karosserie austauschen." Auf unsere Nachfrage hin gibt der Formel-E-Boss erste Ausblicke: "Wir schauen uns hier noch verschiedene Optionen an. Ich selbst habe die erste aber noch nicht einmal gesehen. Doch voraussichtlich werden wir die Frontpartie des Autos etwas verändern, vielleicht um die Räder herum."

Foto: FIA Formula E / Sebastian Gabsch

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