Formel E: Dennis gewinnt unterhaltsames Freitagsrennen in Saudi-Arabien, Evans verschenkt Podium
Timo Pape
Formel-E-Meister Jake Dennis hat das zweite Saisonrennen in Saudi-Arabien gewonnen. In einem spannenden Freitagsrennen beim Diriyah E-Prix fuhr der Brite souverän mit 13 Sekunden Vorsprung ins Ziel, während hinter ihm bis in die letzte Kurve mit "harten Bandagen" um jede Position gekämpft wurde. Jean-Eric Vergne verteidigte beherzt Platz 2, auch weil sich Mitch Evans in der letzten Runde dramatisch verschätzte. Ausgerechnet sein Teamkollege Nick Cassidy erbte den dritten Podiumsplatz.
Pole-Sitter Jean-Eric Vergne erwischte einen guten Start und verteidigte seine Führung. Mitch Evans konnte sich in Kurve 1 gerade so gegen Sergio Sette Camara wehren, der eigentlich schon vorbei war, durch eine ungünstige Linie aber auch noch Jake Dennis passieren lassen musste - letztlich also keine Veränderungen in den Top 4. Pascal Wehrlein fiel von Platz 6 auf den neunten Rang zurück. Der Nissan von Sacha Fenestraz erlitt bei einem Fremdkontakt einen Schaden an der rechten Frontaufhängung und fiel ans Ende des Feldes zurück. Später sollte er aufgeben.
? WE GO GREEN IN DIRIYAH! ?
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A tight squeeze for our drivers going into Turn 1#DiriyahEPrix pic.twitter.com/iCY7xfiWFl
In Runde 4 holte sich Spitzenreiter Vergne als Erster den Attack-Mode und rutschte dadurch auf den dritten Platz ab. Eine Runde später reagierte Evans und fuhr seinerseits durch die Attack-Zone. Er kam auf der Innenbahn neben Vergne zurück, doch der DS-Penske-Fahrer hielt hart dagegen und drückte Evans Richtung Wand. Teile flogen, doch beide konnten weiterfahren - Vergne vor Evans. Dennis führte den E-Prix nun an.
CONTACT between @mitchevans_ and @JeanEricVergne on the outside of Turn 19 ?#DiriyahEPrix pic.twitter.com/IERDLiMrga
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In Runde 6 holte sich auch Dennis seinen ersten Attack-Mode, schaffte es aber nicht, vorn zu bleiben. Vergne damit wieder in Führung. Dennis war durch die spätere Aktivierung jedoch an Evans vorbeikommen und neuer Zweiter. Vergne holte sich nur einen Umlauf später bereits seinen zweiten Attack-Mode und fiel wieder hinter Evans auf Rang 3 zurück. Mit Zusatzleistung setzte er nun Evans unter Druck und wollte auf der langen Geraden zum Angriff ansetzen. Evans hielt jedoch dagegen.
Dennis profitiert von Verfolger-Duell
Dennis nutzte das Duell seiner Verfolger, fuhr seinerseits zum zweiten Mal durch die Attack-Zone - und blieb vorn! Dennis und Andretti damit in einer sehr guten Position. Auch Evans aktivierte zum zweiten Mal die Zusatzleistung und rutschte wieder auf Position 3 ab. Die neue "bereinigte" Top-3-Rangfolge: Dennis, Vergne, Evans. Norman Nato überholte Sette Camara für Platz 4.
Während der ERT-Fahrer tapfer in der Spitzengruppe mithielt, setzte sein Team bei Dan Ticktum wie schon in Mexiko auf eine extreme Energiespar-Strategie. Der Brite hatte nach in Runde 12 schon 25 Sekunden Rückstand auf Jehan Daruvala, der auf Rang 20 fuhr. ERT spekulierte auf ein Safety-Car, das bis dato bei jedem Rennen in Diriyah seinen Einsatz hatte. Diesmal sollte es jedoch ausbleiben.
In Runde 12 attackierte Evans Vergne auf der langen Geraden und bremste sich auf der Innenbahn in Kurve 18 am Franzosen vorbei. Evans hatte nun Blut geleckt und setzte auch den Führenden Dennis unter Druck. Am Ende der langen Geraden wagte er einen wilden Angriff, verschätzte sich aber leicht beim Bremsen und musste einen weiteren Bogen fahren. Dennis blieb vorn. Evans musste stattdessen in seine Rückspiegel schauen, denn hinter ihm lauerte Vergne.
.@mitchevans_ simply WILL NOT QUIT ?️?
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He has a go at race leader @JakeDennis19 but the @AndrettiFE driver holds onto the lead! ?#DiriyahEPrix pic.twitter.com/7soZ3h8W7I
Dennis & Vergne setzen sich ab
Jetzt witterte der Franzose seine Chance und machte Jagd auf Evans - tolle Rennaction in den ersten 17 Runden des Freitagsrennens! Vergnes Hartnäckigkeit sollte sich auszahlen. Denn erneut vertat sich Evans leicht beim Bremsen vor Kurve 18, sodass der DS-Penske-Fahrer vorbeikam und Platz 2 zurückeroberte. Die Verfolgergruppe hinter den Top 3 schloss indes auf, sodass das Feld wieder sehr dicht beisammen lag. Wehrlein schonte dabei - vermutlich bewusst - seine Energiereserven für einen späten Angriff, der aber ausbleiben sollte.
SIDE BY SIDE ?@JeanEricVergne reclaims P2 from @mitchevans_, with the two drivers getting a bit too close for comfort! #DiriyahEPrix pic.twitter.com/GQMQZN9Nr2
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Nach ein paar ruhigeren Minuten wurden die Abstände an der Spitze größer. Meister Dennis hatte in Runde 23 knapp drei Sekunden Vorsprung auf Vergne, der wiederum 2,3 Sekunden vor Evans fuhr. Der Neuseeländer schien das Feld hinter sich - wie schon in Mexiko - etwas aufzuhalten. Weil die gesamte Verfolgergruppe bis auf Nick Cassidy durch die Attack-Zone fuhr, rückte der Jaguar-Pilot auf Position 4 vor.
Cassidy gab nun Vollstrom und drehte prompt die schnellste Runde. Weil Sam Bird direkt vor ihm für die Attack-Zone verlangsamt hatte, kam es zum Kontakt. Cassidy verlor einen Teil seines rechten Frontflügels, den ein mutiger Streckenposten wenig später von der Strecke sammelte. In Runde 26 überholte Cassidy seinen Teamkollegen Evans und übernahm Rang 3. Er musste allerdings noch zweimal (!) durch die Attack-Zone fahren.
The moment @NickCassidy_ lost part of his front wing ?
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It doesn't appear to be slowing the @JaguarRacing driver, though, who is staying close to teammate @mitchevans_ #DiriyahEPrix pic.twitter.com/U2cw6g5lBd
Positionsspielchen bei Jaguar
Sette Camara zollte allmählich seinem ineffizienten ERT-Antrieb Tribut und war bereits auf Rang 8 abgerutscht. Bird hingegen drehte auf und ging an Nato vorbei, als dieser seinen Attack-Mode holte. Aus dem gleichen Grund wechselten auch die beiden Jaguar-Fahrer wieder ihre Positionen. Durch die Zusatzleistung überholte Cassidy seinen Landsmann aber schon eine Runde später zurück - gute Teamstrategie bei Jaguar.
Wehrlein - inzwischen mit einem wirklich erheblichen Energievorteil von rund vier Prozent gegenüber seinen Konkurrenten - überholte Sette Camara. Der Porsche-Fahrer fuhr zu diesem Zeitpunkt hinter Max Günther, der bislang ein gutes, aber unauffälliges Rennen fuhr. Nato vor ihm konnte sich den fünften Platz von Bird nicht zurückholen. Vergne machte in Runde 33 von 37 einen kleinen Fehler und verlor weitere acht Zehntelsekunden auf Dennis. Gleichzeitig hatte er nun Cassidy im Heck, der auf das Podium wollte.
Cassidy holte sich nun seinen zweiten Attack-Mode und kam vor Bird als Vierter auf den Kurs zurück. Evans damit wieder auf Podiumskurs. Vergne verlor in den letzten Runden an Pace, sodass selbst Bird am Funk über den langsamen DS-Fahrer klagte. Auf der langen Geraden gab Vergne aber immer Vollstrom, um sich verteidigen zu können. Dennis enteilte folgerichtig an der Spitze. Es ging in die letzten zwei Runden.
Evans mit folgenschwerem Verbremser
Während Dennis einem ungefährdeten Sieg entgegensteuerte, musste Vergne noch einmal zittern. Der Routinier schaffte es letzlich, bis zur Ziellinie vorn zu bleiben. Drama jedoch für Evans: Der Jaguar-Pilot setzte in der letzten Runde noch zum Angriff gegen Vergne an und verschätzte sich zum dritten Mal beim Anbremsen vor Kurve 18. Er musste einen weiten Bogen fahren und fiel vom dritten auf den fünften Platz zurück! Teamkollege Cassidy erbte seinen Podiumsplatz vor Bird. Nato wurde Sechster vor Günther, Wehrlein, Sette Camara (!) und Robin Frijns.
A BOLD BID from @mitchevans_ on @JeanEricVergne ?
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The attempted overtake cost the @JaguarRacing driver two positions in the final few turns of the #DiriyahEPrix pic.twitter.com/GYLiHhiwHR
Nach zwei Saisonläufen führt Wehrlein weiterhin die Weltmeisterschaft an, liegt aber nur noch einen Punkt vor Cassidy. Neuer Dritter ist Vergne vor Freitagssieger Dennis. Bei den Teams hat Jaguar klar die Führung übernommen und liegt nun vor Andretti. Porsche ist nur noch Vierter hinter DS Penske. Durch die zwei Zähler von Sette Camara ist ERT auf den achten Rang vorgerückt. Damit sind noch drei Teams ohne Zähler: Nissan, Mahindra und ABT.
Das nächste Rennen findet bereits in weniger als 24 Stunden statt. Start beim zweiten Nachtrennen des Diriyah E-Prix am Samstag ist abermals 18 Uhr (MEZ).
1 Kommentare
Helmut ·
Unterhaltsam waren leider maximal die letzten fünf Runden, wo Jev mit echt super strategischen Fahren seinen zweiten Platz behaupten konnte.
Der Rest des Rennens war leider ein Snoozefest und Ringelpitz mit Anfassen.
Und wieder mal mehr hat es sich gezeigt, dass der Attackmode nicht mehr das bringt, was er sollte. Er hatte auf den Rennausgang praktisch keinen Einfluss. Der muss weg, allerdings wird der Attack Charge es nicht besser sondern eher schlechter machen.
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