Formel E

Formel E diskutiert Saisonabschluss in Asien, Motoren-Entwicklungsverbot & Gen2-EVO-Verschiebung

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Aufgrund der Corona-Krise ist die Formel-E-Saison 2019/20 vorübergehend ausgesetzt. Die Zwangspause könnte jedoch nicht nur abgesagten Rennen dieses Jahres beeinträchtigen, sondern auch die Motorenentwicklung für die kommende Saison 7, in der eigentlich das neue Gen2-EVO-Chassis kommen soll. Gleichzeitig wird ein Saisonabschluss mit drei Rennen in Asien diskutiert.

Wie das Motorsport-Portal 'The Race' berichtet, sollen die Formel-E-Teams und die FIA in mehreren Videokonferenzen während der vergangenen Woche unter anderem über ein Entwicklungsverbot für Motoren diskutiert haben. Die derzeit homologierten Antriebsstränge würden in einem solchen Szenario auch in der kommenden Saison genutzt werden können.

Homologationsfrist könnte verschoben werden

Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass sich die Hersteller auf ein solches Entwicklungsverbot einigen. Schließlich würden vermeintliche Hinterbänkler-Teams wie Nio oder Dragon, die in der aktuellen Saison keine effizienten und damit wettbewerbsfähigen Antriebe haben, effektiv zwei Meisterschaftsjahre abschreiben. Nio setzt in der aktuellen Saison zudem auf die Motoren und Inverter von Dragon aus dem Vorjahr. Schwer vorstellbar, dass sich die Chinesen, die umfassende Technik-Upgrades für die nächste Saison geplant haben, auf ein solches Verbot einlassen würden.

Deutlich realistischer erscheint ein Vorschlag, nach dem die Homologationsfrist für die E-Antriebsstränge der Saison 2020/21 verschoben würde. Derzeit fällt die Deadline hierfür auf den 31. Oktober 2020. Wenngleich die meisten Hersteller inzwischen die eigenen Antriebskonzepte für das nächste Formel-E-Jahr finalisiert haben dürften, können sie aufgrund der Coronavirus-Situation wohl frühestens im Mai mit den Saison-7-Testfahrten beginnen.

Gen2-EVO-Produktionsfirma stellt Betrieb temporär ein

Da die Zulieferer einiger Teams ebenfalls von der Krise betroffen sind, könnte darüber hinaus ein mehrwöchiger "Test-Shutdown" oder eine Test-Begrenzung im Sommer angeordnet werden, um keinem Team einen unfairen Vorteil zu gewähren. Zu den betroffenen Zulieferern zählt übrigens auch das italienische Unternehmen HP Composites, das gemeinsam mit Spark das neue Gen2-EVO-Bodykit der Formel E herstellen soll.

HP Composites stellte den Betrieb am 22. März vorübergehend ein, wie die Firma in einem Statement auf Facebook ankündigte. Am Freitag wurden die Werke jedoch umfassend desinfiziert, sodass die Produktion bereits in dieser Woche wieder aufgenommen werden könnte. Planmäßig sollen die ersten Fahrzeuge im Juli an die Teams ausgeliefert werden. Wenngleich einige Teams laut 'The Race' angeregt haben, das derzeitige Fahrzeug auch noch im nächsten Jahr einzusetzen, sei es im dringenden Interesse der Formel E, dass die Saison 2020/21 mit dem "Gen2 EVO" bestritten wird. Immerhin soll sie das erste Weltmeisterschaftsjahr der Serie werden.

Batteriezulieferer unter Zeitdruck

Die Corona-Krise sorgt auch beim Batteriezulieferer McLaren Applied Technologies (MAT) für Kopfschmerzen: Die britische Firma, die gemeinsam mit dem US-Unternehmen Atieva Technologies die aktuellen Formel-E-Batterien produziert, benötige in der Sommerpause zehn bis zwölf Wochen, um die Aggregate zu erneuern. Wenn die nächste Saison planmäßig im Dezember in Diriyya startet, müsste dieser Prozess also spätestens Ende September begonnen werden - womöglich kurz nach dem Saisonende, sollten Ersatz-Rennen im August und September angeordnet werden. Eine verspätete Aufnahme der Arbeit könnte auch Auswirkungen auf die obligatorischen Oktober-Testfahrten der Formel E in Valencia haben (aktuell geplant für die Woche des 12. Oktober).

Inzwischen gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die aktuelle Formel-E-Saison 2019/20 nicht mit den aktuell verbleibenden Läufen im Rennkalender beendet werden kann. Am Freitag eröffnete im Londoner ExCeL-Zentrum das Not-Krankenhaus "NHS Nightingale" - jener Ort, an dem die Formel E im Juli ursprünglich ihr Saisonfinale austragen wollte. Hier sollen in Kürze mehrere tausend Corona-Patienten aufgenommen werden. Gleiches gilt übrigens auch für das Fährenterminal Red Hook im Hafen von Brooklyn. Auch hier wurde ein Lazarett am Rennort der Formel E errichtet.

Möglicher Saisonabschluss mit 3 Rennen in Asien?

Mit Blick auf Situation in Deutschland und insbesondere die steigende Infizierungsrate in den USA dürfte es für die Elektroserie schwer werden, die laufende Saison planmäßig zu beenden. Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch: Durch rückläufige Fallzahlen können auf ersten Rennstrecken in China wieder Veranstaltungen ausgetragen werden. Wenn eine Verlängerung der derzeitigen Saison über den Juli hinaus beschlossen wird, rückt womöglich sogar ein E-Prix in Sanya zurück in den Rahmen des Möglichen. Laut Johns-Hopkins-Universität gibt es derzeit keinen gemeldeten COVID-19-Fall auf der Halbinsel Hainan, wo die Formel E eigentlich bereits am 21. März hätte fahren sollen.

Neben Sanya diskutiert die Formel E darüber hinaus über Ersatztermine in Seoul und womöglich sogar Jakarta. Zwar gibt es noch andere Szenarien. Doch die Option, Saison 6 im August und September mit drei Rennen in Asien zu beenden, scheint halbwegs realistisch. Der Sanya E-Prix könnte unter Umständen Ende August stattfinden. Das erste Rennen in Südkorea könnte am 5. September abgehalten werden, sollten die internationalen Reiserichtlinien dies zulassen.

Ein Saisonfinale in Jakarta Ende September ist zwar eine Option, jedoch weniger wahrscheinlich als die beiden anderen Asien-Läufe. Ein Grund hierfür: Die politischen Entscheidungsträger in Indonesien steckten laut 'Investor Daily Indonesia' vergangene Woche einen großen Teil des ursprünglich geplanten Formel-E-Budgets in Hilfsmaßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie. Es ist von einer "Umverteilung der Ausgaben für Waren und Dienstleistungen für die Umsetzung der Formel E" in Höhe von insgesamt mehr als 435 Mrd. Rupiah die Rede (umgerechnet rund 24 Mio. Euro). Beim Treffen des Weltmotorsportrats im Juni könnten die besprochenen Termine im Kalender fixiert werden.

zusätzliche Berichterstattung durch Timo Pape

Foto: Peter Minnig / Spacesuit Media

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