Formel-E-Hersteller dürfen auch in Gen3 nur alle 2 Jahre neuen Antrieb homologieren, Testfahrten reduziert
Tobias Wirtz
Mit der Veröffentlichung der Hersteller-Registrierung für die Gen3-Ära der Formel E hat der Weltautomobilverband FIA die neuen Regeln für Hersteller in den Saisons 9 bis 12 bekannt gegeben. Neben einer Reduzierung der Testmöglichkeiten sieht das Regelwerk vor, das bereits für die kommenden beiden Saisons eingeführte Prinzip der Doppelhomologation auch bis zum Jahr 2026 beizubehalten.
Die Formel E setzt ihre neu eingeführten Sparmaßnahmen auch in der Gen3-Ära fort. Das geht aus den offiziellen Dokumenten zur Hersteller-Registrierung hervor, die die FIA kürzlich auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Auch für die Saisons 9 und 10 sowie für die Saisons 11 und 12 darf jeder Hersteller nur jeweils einen neuen Antrieb homologieren.
Festlegen müssen sich die Hersteller dabei schon bald: Bereits am 31. März läuft die Frist ab, bis zu der das offizielle Anmeldeformular bei der FIA eingegangen sein muss. Mahindra hatte sich als bisher einziger Hersteller bereits im Dezember für die Gen3-Ära der Elektrorennserie eingeschrieben.
Angesichts der Kürze der Zeit ist davon auszugehen, dass McLaren hingegen keinen eigenen Antrieb entwickeln wird. Das Motorsportteam mit Sitz im britischen Woking hatte sich vor wenigen Tagen eine Startoption für die Gen3-Ära gesichert, jedoch noch nicht abschließend über einen endgültigen Formel-E-Einstieg entschieden.
Ian James: "Leistungs- und Effizienzgewinn wird offensichtlicher"
"Für jeden Entwickler geht es natürlich immer darum, die Weiterentwicklungen, an denen man arbeitet, schnellstmöglich zu testen und auf die Rennstrecke zu bringen. Vor diesem Hintergrund wäre die Möglichkeit, jedes Jahr neu zu homologieren, natürlich attraktiv", kommentiert Mercedes-Teamchef Ian James auf Anfrage von 'e-Formel.de'. Es sei jedoch für die Rennserie essentiell, auch finanziell nachhaltig zu sein. Der Brite weiter: "In dieser Hinsicht ist eine 2-Jahres-Homologation eine Möglichkeit, Kosten zu sparen."
Die verdoppelte Entwicklungszeit, die den Herstellern künftig für ihren neuen Antrieb zur Verfügung steht, wird zu deutlich sichtbareren Schritten bei der Weiterentwicklung führen, meint James: "Diese Einsparungen gehen dabei vor allem auf eine Reduktion bei der Hardware zurück. Da die Entwicklungsaktivitäten über den Zeitraum nicht aufhören, sollte – in der Theorie – der Leistungs- und Effizienzgewinn, der über den Zeitraum von zwei Jahren gemacht wird, auf der Rennstrecke offensichtlicher sein als bei einem einjährigen Zyklus."
Die Daten der Vorsaison-Testfahrten in Valencia scheinen die Aussage von James zu bestätigen: Trotz altem Antrieb lagen in unserem Performance-Rating die beiden DS-Techeetah-Piloten an der Spitze, Oliver Rowland im Nissan wurde Sechster. Auch die beiden Dragon-Piloten Sergio Sette Camara (Platz 11) und Nico Müller (Platz 18) präsentierten sich nicht schlechter als in der Vorsaison. Bei der Zeitenjagd am abschließenden Tag der Testfahrten belegten sie sogar die Positionen 2 und 3.
Testfahrten werden weiter reduziert
Anstelle von 13 Testtagen in der aktuell laufenden Gen2-Ära stehen den Herstellern der Formel E künftig nur noch zehn Tage zur Verfügung, in denen der Antriebsstrang auf der Rennstrecke weiterentwickelt werden kann. Dafür werden Hersteller, die Kundenteams ausstatten, zukünftig mehr von einer Zusammenarbeit profitieren: Anstelle von bislang sechs Tagen erhalten sie in Zukunft derer acht, sofern sie einen Kunden beliefern.
Erstmals in der Geschichte der Formel E werden die Hersteller jedoch per Reglement dazu verpflichtet, einen Teil dieser Tage auch tatsächlich an ihre Kundenteams abzugeben. Mindestens 50 Prozent der zusätzlichen Zeit - also vier Tage - stehen den Kundenteams laut Regelwerk zu. Audi und Mercedes - die einzigen beiden Hersteller, die in der vergangenen und kommenden Saison Kundenteams ausstatten - hatten dies bei ihrer Antriebsentwicklung für die Saisons 7 und 8 bereits freiwillig gemacht: Venturi und Virgin durften 2020 einige der Hersteller-Testtage mit dem neuen Antrieb bestreiten.
Somit hat ein Hersteller mit einem oder mehreren Kundenteams statt 19 Tagen zukünftig mit 18 Tagen nur unwesentlich weniger Zeit zur Verfügung, den neuen Antrieb auf der Strecke zu testen. Der Hersteller selbst darf davon jedoch maximal 14 Tage selbst nutzen.
Zeitraum | Testtage pro Hersteller | zusätzl. Tage bei Kundenteam | davon an Kundenteam |
Gen2 (S5-S8) | 13 | 6 | 0 (freiwillig) |
Gen3 (S9-S12) | 10 | 8 | 4 (mindestens) |
James: "Es bleibt für die Hersteller weiterhin ein guter Anreiz"
James gibt sich mit dieser Regelung grundsätzlich zufrieden: "Sobald ein Hersteller in der Lage ist, ein Kundenteam zu beliefern, macht es natürlich Sinn, die Anzahl der Testtage zu erhöhen. Die Regelung, diese zusätzlichen Testtage zu gleichen Teilen auf das Kundenteam zu verteilen, bleibt für Hersteller weiterhin ein guter Anreiz. Ich würde sagen, die angesprochene Balance bei diesem Thema stimmt insgesamt, auch wenn die Herausforderung daraus für ein Herstellerteam natürlich größer wird."
Wie bereits bei den Antrieben für die Saisons 7 und 8 darf an einem Testtag nur zwischen 6:00 Uhr und 20:00 Uhr getestet werden. Maximal sind zwölf Stunden Streckenzeit erlaubt. Außerdem darf der Akku pro Tag im Schnitt nur viermal voll aufgeladen werden. Insgesamt stehen für alle zehn Tage demnach 2.040 kWh Energie zur Verfügung. Jedes Team ist verpflichtet, am Ende des Tages die Daten des Batterie-Management-Systems an die FIA zu übermitteln, damit die Einhaltung auch kontrolliert werden kann.
Die Homologation für die Saisons 9 und 10 ist für September 2022 vorgesehen. Den Gen3-Herstellern bleiben also noch rund anderthalb Jahre für die Entwicklung ihrer 350 kW starken Antriebe. Das erste Rennen der Gen3-Ära findet voraussichtlich im November oder Dezember 2022 statt.
Foto: Daimler AG
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