Formel E

Formel E in Kapstadt: Sacha Fenestraz feiert Pole-Position in turbulentem Qualifying mit schweren Unfällen

Timo Pape

Timo Pape

Sacha-Fenestraz-Nissan-Formula-E-Cape-Town

Sacha Fenestraz hat sich die Pole-Position zum Kapstadt E-Prix der Formel E gesichert - die erste seiner noch jungen Karriere. Im Finale setzte er sich gegen Maserati-Fahrer Max Günther durch und schnappte sich nicht nur den ersten Startplatz, sondern auch die nächsten drei WM-Punkte. Die Qualifikation brachte jedoch noch zwei weitere große Geschichten hervor: ein heftiger Doppelunfall von Edo Mortara und Sam Bird sowie die endgültige Aufgabe aller Mahindra-Fahrzeuge in Südafrika.

Gruppe A: Fenestraz brilliert, Hughes eckt an

Vor dem Start der Qualifikation um 10:40 Uhr (MEZ) hatte sich der Himmel über Kapstadt weitgehend zugezogen, es blieb jedoch trocken. Nach rund vier Minuten kamen die ersten Rundenzeiten rein. Nico Müller konnte seine Box nicht verlassen, offenbar mit einem Problem an seinem ABT-Mahindra. Für den ersten kleinen Schreckmoment sorgte Jake Hughes: Der McLaren-Pilot kam beim Anbremsen vor Kurve 1 ins Schlingern und schlug seitlich mit der rechten Flanke an der Mauer an. Er riss ein Stück der Werbebande mit sich, kam aber in der Auslaufzone zum Stehen und konnte anschließend unbeschadet weiterfahren.

Nach den ersten Versuchen durfte sich Porsche über eine Doppelführung freuen: Antonio Felix da Costa führte vor Pascal Wehrlein. Dahinter folgten Jean-Eric Vergne und Sacha Fenestraz. Dann kamen alle Piloten zum Reifenwechsel an die Box, um sich auf die entscheidenden Runden vorzubereiten. Derweil kam die Sonne raus und erwärmte den Kurs.

FP2-Sieger Nick Cassidy übernahm gleich mit dem ersten Versuch die Spitze - mit mehr als vier Zehntelsekunden Vorsprung. Hughes verbesserte sich trotz eines weiteren leichten Mauerkontakts zunächst auf Platz 3. Es verbesserten sich jedoch noch einige Fahrer und drehten schnellere Runden. Der Beste war Fenestraz im Nissan mit 1:08.994 Minuten. Cassidys Runde sollte letztlich für Platz 2 reichen. Dritter wurde Wehrlein, und auch Indien-Sieger Jean-Eric Vergne schaffte es erneut in die Duelle.

Dan Ticktum scheiterte knapp als Fünfter, hatte seinen Nio-333-Teamkollegen an diesem Wochenende aber wieder klar im Griff. Die weiteren Positionen in Gruppe A: Norman Nato, Felix da Costa, Hughes, Andre Lotterer, Sergio Sette Camara und Müller, der seine Garage bis zum Ende nicht verlassen konnte.

Gruppe B: Schwerer Doppelcrash, alle Mahindra zurückgezogen

Gruppe B begann mit einem Kracher, denn auch die anderen drei Mahindra-Fahrzeuge gingen nicht auf die Strecke. Etwas später wurde gar bekannt: Der indische Hersteller zieht alle vier Autos von Mahindra Racing und ABT Cupra aus dem gesamten E-Prix zurück, also auch für das Rennen! Der Grund für diese Vorsichtsmaßnahme: ein Problem mit der Aufhängung im Heck, das bereits Lucas di Grassi im 1. Freien Training ereilt hatte. Die Sicherheit der Fahrer stehe über allem, hieß es im TV-Weltsignal.

Sam Bird war anfangs schnell unterwegs, verschätzte sich aber leicht in Kurve 10 und wendete anschließend in der Auslaufzone. Die ersten Zeiten waren direkt auf einem vergleichbaren Niveau wie in Gruppe A. Die Doppelführung behauptete nach den ersten sechs Minuten Jaguar. Dann schoben sich Sebastien Buemi und Max Günther aber noch zwischen Mitch Evans und Bird, ehe es für alle zum Reifenwechsel ging.

Rene Rast eröffnete die schnellen Runden mit einer Bestzeit in Sektor 1 und übernahm etwas später die Führung. Stoffel Vandoorne war annähernd genauso schnell unterwegs, doch dann krachte es heftig: Edo Mortara verlor die Kontrolle über seinen Maserati und schlug in der schnellen Linkskurve 9 - wie schon Buemi im 1. Freien Training - im 45-Grad-Winkel in die Mauer ein. Der Aufprall drückte den rechten Vorderreifen in die Frontpartie, sodass das Auto großen Schaden nahm. Mortara blieb offenbar unverletzt. Sein Maserati rutschte noch ein Stück an der Mauer entlang und blieb auf der rechten Spur stehen.

Trotzdem wurden an der Unfallstelle zunächst keine gelben Flaggen geschwenkt! Max Günther konnte seinem Teamkollegen noch um Haaresbreite ausweichen. Dann kam jedoch Sam Bird angerast, der auf fast identische Art und Weise seinen Jaguar verlor, ebenfalls in die Mauer knallte und dann hart mit der linken Seite in das Unfallfahrzeug von Mortara rutschte. Auch er blieb unverletzt.

Am Teamfunk sagte Bird kurz nach dem Unfall, dass er von Rennleiter Scot Elkins am Funk abgelenkt worden sei. Stattdessen hätte Elkins wohl besser gelbe Flaggen ausrufen sollen. Anschließend wurde die Qualifikation für lange Zeit mit roter Flagge unterbrochen.

So änderte sich an der Reihenfolge in Gruppe B nichts mehr. Rast zog als Schnellster ins Viertelfinale ein, Zweiter wurde Evans. Außerdem qualifizierten sich Buemi - weiterhin mit 100-Prozent-Quote in dieser Saison - und Günther für die Duellphase. Die Reihenfolge dahinter: Bird, Jake Dennis, Vandoorne, Mortara, di Grassi, Rowland und van der Linde.

Viertelfinale

VF1: Pascal Wehrlein vs. Nick Cassidy

Im ersten Duell ließ Cassidy die Muskeln spielen: In den beiden ersten Sektoren war der Neuseeländer im Envision merklich schneller als sein Porsche-Rivale. Zwar konnte Wehrlein im letzten Abschnitt kontern, musste sich aber am Ende mit 1,52 Zehntelsekunden Rückstand unterordnen. Der WM-Führende startet damit aus der vierten Reihe ins Rennen - trotzdem keine schlechte Ausgangsposition für Wehrlein, um erneut ordentlich Punkte zu sammeln.

VF2: Jean-Eric Vergne vs. Sacha Fenestraz

Auch im zweiten Viertelfinale ging es ähnlich zu: Youngster Fenestraz schnappte sich die ersten beiden Sektoren, während der dritte Abschnitt an Vergne ging. Diesmal war es jedoch knapper: Der Nissan-Pilot setzte sich mit fünf Hundertstelsekunden durch und zog ins Halbfinale ein. Starke Leistung von Fenestraz!

VF3: Sebastien Buemi vs. Mitch Evans

Im dritten Viertelfinale waren beide Piloten zunächst auf Augenhöhe unterwegs. Im dritten Sektor leistete sich Buemi jedoch den entscheidenden Fehler: Er ging in einer Kurve zu großes Risiko ein und rutschte mit der Frontpartie marginal in die Streckenbarriere. Zwar war der Schaden an seinem Frontflügel überschaubar, doch er verlor gut 3,5 Sekunden durch den Crash. Evans damit souverän im Halbfinale.

VF4: Max Günther vs. Rene Rast

Im deutschen Duell legte Günther gut vor und profitierte von einem kleinen Fehler Rasts zum Start. Auch in Sektor 2 war der Maserati-Fahrer schneller. Zwar nahm Rast seinem Landsmann im letzten Abschnitt wieder etwas Zeit ab, kam aber nicht an die Rundenzeit Günthers heran. Dieser zog mit 2,22 Zehntelsekunden Vorsprung in die nächste Runde ein - Rast vorzeitig ausgeschieden.

Halbfinale

HF1: Sacha Fenestraz vs. Nick Cassidy

Auch das Halbfinale eröffnete Fenestraz mit einem beeindruckenden ersten Sektor. In Abschnitt 2 waren beide auf Augenhöhe mit leichtem Vorteil für Cassidy. Letztlich behauptete sich jedoch "Underdog" Fenestraz mit rund einer Zehntelsekunde Vorsprung gegen den Envision-Fahrer und zog erstmals in seiner Formel-E-Karriere ins Qualifying-Finale ein.

HF2: Max Günther vs. Mitch Evans

Den besseren Start ins zweite Halbfinale erwischte Evans. Sektor 2 ging hingegen klar an Günther. Im letzten Streckenabschnitt holte der Deutsche noch mehr Zeit heraus und brachte seine Runde sauber zu Ende. Mit mehr als 3,5 Zehntelsekunden Vorsprung auf den Jaguar-Fahrer zog er somit ins Finale ein. Seine Runde war dabei außerdem geringfügig schneller als die Halbfinalzeit von Fenestraz. Favorit Evans musste sich mit dem vierten Startplatz zufriedengeben.

Finale: Sacha Fenestraz vs. Max Günther

Fenestraz gelang der bessere Start ins Finale. Im zweiten und dritten Streckenabschnitt nahm er Günther jeweils weitere Zehntelsekunden ab. Somit sicherte sich der Nissan-Pilot souverän und mit mehr als vier Zehntelsekunden Vorsprung seine erste Pole-Position in der Formel E! Es war außerdem die Runde mit der schnellsten Durchschnittsgeschwindigkeit der Formel-E-Geschichte.

Günther darf sich trotzdem über einen guten zweiten Startplatz freuen. "Es war keine optimale Runde, aber wir sind glücklich mit unserem Qualifying. In der ersten Reihe zu stehen, ist ein tolles Gefühl", so Günther im TV-Weltsignal.

Das fünfte Rennen der Formel-E-Saison 2023 beginnt am Samstagnachmittag um 15 Uhr (MEZ). ProSieben überträgt den Kapstadt E-Prix live im Free-TV, ran.de im Livestream. Wir begleiten das Rennen wie gewohnt in unserem beliebten Hankook Formel E Liveticker.

Ergebnisse, Zeiten & Startaufstellung

Gesamtwertung (Fahrer & Teams)

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