Formel E

Hitze-Herausforderungen in der Formel E: "Batterietemperatur fast wichtiger als die Energie"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Insbesondere bei hohen Außentemperaturen spielt in der Formel E das Management der Batterietemperatur eine entscheidende Rolle. Im Gespräch mit 'e-Formel.de' erklärt ein Ingenieur, dass bei Hitze kaum ein Faktor die Leistung der Boliden so sehr beeinflusst, wie die Batterie der Fahrzeuge im richtigen "Temperaturfenster" zu halten.

Beim Marrakesch E-Prix lief es bei Porsche-Fahrer Pascal Wehrlein trotz Startposition 4 überhaupt nicht nach Plan: Der Deutsche wurde in der Startphase durch das Feld gereicht und kam schließlich nur auf dem zwölften Platz ins Ziel. Nach dem Rennen erklärte Florian Modlinger, Gesamtprojektleiter Formel E bei Porsche, dass sich das Batterietemperaturmodell am Porsche 99X initialisiert habe, da das Fahrzeug zuvor zu lange ausgeschaltet war.

Aber was genau ist das Batterietemperaturmodell? Und welchen Einfluss hat es auf die Leistung der Fahrzeuge?

Wie jeder andere Lithium-Ionen-Akku erwärmt sich auch die von McLaren Applied entwickelte Batterie in den Formel-E-Boliden mit jeder Zuführung oder Entnahme von Energie. Mit jedem Tritt aufs Strompedal oder der Betätigung der Rekuperationswippe am Lenkrad erhöht sich somit die Temperatur des Energiespeichers. Eine zu hohe Batterietemperatur kann verheerende Wirkung haben: Die Rekuperation verringert sich ab 72 Grad Celsius, über 74 Grad Celsius wird auch die Energieabgabe reduziert.

Entgegenwirken können die Teams und Fahrer dem Temperaturanstieg vor allem mit der Zufuhr von Umgebungsluft, die in den Kühler auf der rechten Fahrzeugseite strömt.

"Ich glaube nicht, dass irgendjemand (der Konstrukteure) kein Batterietemperaturmodell hat", berichtet uns ein an der Entwicklung eines Formel-E-Antriebs beteiligter Ingenieur. "Die Batterietemperatur ist bei heißen Rennen fast wichtiger als die Energie selbst. Ein gutes Beispiel war Santiago in Saison 6, wo viele in der letzten Runde in Probleme geraten sind."

Temperaturen werden im Vorfeld simuliert

Die Teams bereiten sich speziell auf diese Situationen vor. Wenn die Wettervorhersage entsprechend ist, können gegebenenfalls die Rekuperation oder gar die Leistung des Antriebs reduziert werden, um Temperaturprobleme zu umgehen. Das kann rennentscheidend sein, wie etwa bei Jean-Eric Vergne (DS Techeetah) in Jakarta, der auf Anweisung seines Teams den Antriebsmodus wechselte, kurz bevor er die Führung an Mitch Evans (Jaguar) verlor.

"Bei entsprechenden erwarteten Temperaturen wird das sogar am Simulator geübt", beschreibt der Ingenieur weiter. "Mit den Leistungs- und Rekuperationseinstellungen kann man die Temperaturentwicklung der Batterie stark beeinflussen - auf Kosten der Leistung oder der regenerierten Energiemenge. Da kommt es dann darauf an, dass man clever priorisiert."

Keine Eigenentwicklung bei Batteriekühlung erlaubt

Anders als beim Antrieb kann ein Hersteller bei der Kühlung der Akkus keine Eigenentwicklung betreiben. "Die Batteriekühlung selbst, also die gesamte rechte Fahrzeugseite inklusive Kühler, Luftschacht, Pumpen und so weiter, ist bei allen Fahrzeugen gleich. Lediglich die Antriebskühlung auf der linken Fahrzeugseite kann ein Hersteller individuell entwickeln", so unsere Quelle.

Neben den Außenbedingungen habe aber auch das Streckenlayout einen Einfluss. "Das geht im Simulator durch das Geschwindigkeitsprofil ins Modell ein. Schlussendlich ist es eine Frage von elektrischer Energie 'rein und raus', und wie gut man die Wärme ableiten kann. Es ist also von der Umgebungstemperatur und dem Luftstrom durch den Kühler abhängig."

Es ist anzunehmen, dass sich die Teams für den anstehenden Seoul E-Prix (13./14. August) erneut auf hohe Batterietemperaturen vorbereiten. Denn auch beim Saisonfinale der Formel-E-Weltmeisterschaft 2022 werden wieder Temperaturen von 30 Grad und mehr erwartet, wenngleich die Aussagekraft von Wettervorhersagen mehrere Tage vor dem Event noch beschränkt ist.

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1 Kommentare

EyesForwardFTW ·

Etwas kurz fuer ein so umfangreiches Thema. Dass zum Beispiel die verfuegbare Leistung von 250kW bei 74C RESS auf 30kW bei 75C RESS faellt wird nicht erwaehnt; Dabei war das bei einigen Teams in Marrakesch zu beobachten, wie am Ende des Rennens die Leistung in die Knie ging. Und genau das ist der Grund warum die Teams versuchen, die RESS Temperatur bei heissen Rennen unter Kontrolle zu halten.

Dabei gibt es verschiedene "Tricks" bzw. Ansaetze wie man das erreicht, und die Energie Zu-/Abfuhr zu verringern ist nur einer davon ;)

Antwort von Tobias Wirtz

Hallo und danke für deinen Kommentar. Ich habe die Grundthematik mal ein klein wenig ausführlicher erläutert.

Viele Grüße, Tobi

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