Formel E

Formel E: Mitch Evans gewinnt Samstagsrennen in Seoul und vertagt Titelentscheidung

Timo Pape

Timo Pape

Mitch Evans hat das erste Formel-E-Rennen in Seoul gewonnen. Damit vertagte der Jaguar-Pilot die Titelentscheidung auf Sonntag, da sein Titelrivale Stoffel Vandoorne (Mercedes) nur Fünfter wurde. Edo Mortara und Jean-Eric Vergne verabschiedeten sich hingegen vorzeitig aus dem WM-Kampf. Das Podium am Samstag komplettierten Oliver Rowland im Mahindra und Lucas di Grassi im Venturi.

Evans erwischte auf der nassen Strecke einen großartigen Start und ging von Platz 3 aus direkt an Pole-Sitter Oliver Rowland vorbei. Lucas di Grassi kam jedoch ebenfalls sehr gut von der Stelle, ging in Führung und verteidigte diese in Kurve 1 gegen Evans. Schon eine Kurve später griff der Jaguar-Fahrer jedoch an und ging vorbei - die frühe Führung für den ersten Verfolger von Stoffel Vandoorne! Im Stadionabschnitt griff Rowland di Grassi an und überholte den Brasilianer, der keinen Grip fand. Pascal Wehrlein verlor am Start einige Plätze und fiel von Position 4 auf Rang 8 zurück.

Am Ende von Runde 1 ereignete sich ein merkwürdiger Massencrash, der an jenen Unfall vor vier Wochen in New York erinnerte. Mehrere Piloten fuhren in Kurve 19 geradeaus und krachten frontal in die TecPro-Barriere beziehungsweise in andere stehende Fahrzeuge - bedingt durch stehendes Wasser auf der Strecke und schlechte Sichtverhältnisse in der Bremszone. Insgesamt acht Fahrzeuge waren beteiligt: Norman Nato, Nick Cassidy, Oliver Askew, Andre Lotterer und die beiden Nio-Piloten Oliver Turvey und Dan Ticktum. Außerdem fuhr Nyck de Vries unter den Nissan von Sebastien Buemi. Alle Fahrer blieben unverletzt.

Rennleiter Scot Elkins ließ sofort rote Flaggen schwenken. In der folgenden Unterbrechung wurden die Unfallfahrzeuge nach und nach mit mehreren Kranwagen abtransportiert. Zu dieser Zeit immer noch in seinem und unter einem Auto: de Vries. Cassidy und Nato konnten ihre Autos selbst befreien und fuhren an die Box zurück. Anschließend reparierten Streckenposten die TecPro-Barriere. Der Zwischenstand nach den ersten zwei Rennrunden: Evans vor Rowland, di Grassi, Jake Dennis, Edo Mortara, Jean-Eric Vergne, Stoffel Vandoorne und Pascal Wehrlein. Die beiden Dragon-Piloten Sergio Sette Camara und Antonio Giovinazzi vervollständigten die Top 10.

Neustart: Evans geht voran, Mortara lässt Federn

Nach einer gut 43 Minuten langen Pause ging es schließlich mit einem rollenden Start weiter. Zunächst zog sich das Prozedere jedoch hin. Scot Elkins funkte mehrfach an alle Teams, ihre Fahrzeuge doch bitte in der richtigen Reihenfolge in der Boxengasse aufzureihen. Auch Nato und Cassidy durften sich am Ausgang der Boxengasse bereit machen, um das Rennen nach ihrem Unfall wieder aufzunehmen. So ging es hinter dem Safety-Car zurück auf die Strecke. Die Wolkendecke am Himmel war inzwischen aufgerissen, sogar die Sonne kam teilweise durch. Dennoch blieb die Strecke zunächst noch nass.

Beim Neustart gab es keine nennenswerten Angriffe. Mortara musste sich jedoch schon bald gegen Vergne verteidigen. Etwas später kam es zum Kontakt: Vergne schob Mortara ungestüm von hinten an, sodass dieser einen weiten Bogen fahren musste. Dadurch ging nicht nur Vergne an ihm vorbei, sondern auch sein Titelrivale Vandoorne. Eine 5-Sekunden-Zeitstrafe erhielt später jedoch nicht Vergne, sondern Mortara, weil er beim Verteidigen mehrfach die Spur gewechselt hatte. Sette Camara verlor indes zwei Plätze gegen Giovinazzi und Antonio Felix da Costa, der damit in die Punkteränge vorrückte. Nach knapp zehn Minuten aktivierte Dennis als erster Fahrer seinen ersten von zwei verpflichtenden Attack-Modes (à vier Minuten).

Nun reagierten mehrere Fahrer und fuhren ihrerseits durch die Attack-Zone, so auch die Spitzengruppe. In den nächsten Minuten wurde es ruhiger. Wehrlein biss sich trotz Attack-Mode die Zähne an Mortara aus. Giovinazzi fiel einige Positionen zurück, nachdem Alexander Sims ihn gedreht hatte. Der Brite erhielt später eine 5-Sekunden-Zeitstrafe für die Aktion. Evans fuhr souverän vorweg und managte einen Vorsprung von rund 1,5 Sekunden. Vergne attackierte im Attack-Mode Dennis, doch auch er hatte Schwierigkeiten vorbeizukommen. Gleiches galt für Mortara gegen Vandoorne. Erstaunlich, dass das Überholen trotz der langen Geraden offensichtlich so schwierig war.

Mortara verabschiedet sich aus dem Titelrennen

Evans holte sich gegen Rennhalbzeit seinen zweiten Attack-Mode und blieb dabei vorn. Vandoorne rückte eine Position gegen Vergne vor, der am Kurvenausgang die Mauer touchiert hatte und entsprechend schlechter herausbeschleunigte. Der Mercedes-Pilot war damit bereits Fünfter und verlor zu diesem Zeitpunkt "nur" noch 15 Punkte gegen seinen WM-Rivalen Evans. Wehrlein bewies, dass Überholmanöver doch möglich waren: Mit Zusatzleistung ging der Deutsche an Mortara vorbei und übernahm den siebten Platz vom Schweizer, dessen Titelchancen mehr und mehr schwanden - er hätte deutlich vor Vandoorne ins Ziel kommen müssen.

Dann kam es noch schlimmer für Mortara und Venturi: Der Schweizer musste seinen Elektrorennwagen mit einem Reifenschaden abstellen - aus der Traum vom Titel für den amtierenden Vizemeister! Damit blieb nur noch Evans als Herausforderer von Vandoorne übrig und tat als Erster alles dafür, seine Chancen für den Finallauf am Sonntag zu optimieren. Tatsächlich baute der Neuseeländer seinen Vorsprung an der Spitze auf einer weiter abtrocknenden Strecke stetig aus. Zudem hatte er noch am meisten Energie aller Fahrer im Akku. Dennoch leistete er sich einen kleinen Fehler, der seinen Vorsprung auf Rowland wieder auf 1,5 Sekunden schrumpfen ließ.

Sims-Unfall lässt Rennende dahinplätschern

Dann verunfallte Sims im Stadion: Bereits zum dritten Mal an diesem Samstag krachte er mit seinem Mahindra in die Streckenbegrenzung. Die Rennleitung rief Full-Course-Yellow aus, um das Fahrzeug des Briten von der Strecke zu entfernen. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die "Nachspielzeit", die kurz zuvor bereits mit 45 Sekunden angegeben worden war. Dann kam in der vorletzten Runde doch noch einmal das Safety-Car auf die Strecke.

Somit gingen die beiden letzten Rennrunden mit Tempolimit über die Bühne. Evans brachte entsprechend seinen vierten Saisonsieg ins Ziel und verkürzte den Rückstand auf Vandoorne auf 21 Punkte. Die Entscheidung im Titelkampf fällt also erst am Sonntag. Evans muss dann auf einen Ausfall Vandoornes hoffen und gleichzeitig mindestens Zweiter werden und die Pole-Position holen. Zweiter beim ersten Rennen des Seoul E-Prix wurde Rowland vor di Grassi. Dennis bejubelte einen guten vierten Platz vor Vandoorne, Vergne und Wehrlein. Die letzten Punkte gingen an Robin Frijns, Felix da Costa und Cassidy.

In der Teamwertung büßte Mercedes-EQ an der Spitze fünf Punkte gegen Venturi ein, liegt aber immer noch 31 Zähler vor seinem Kundenteam. 47 Punkte werden am Sonntag noch vergeben, somit kann Venturi noch Meister werden. Mahindra dürfte Gesamtrang 8 gegen Nissan gesichert haben. Porsche hingegen liegt nur noch neun Punkte vor Andretti und könnte auch den sechsten WM-Rang noch verspielen.

Das nächste Formel-E-Rennen beginnt in weniger als 24 Stunden: Rennstart zum letzten Saisonrennen 2022 ist abermals um 9 Uhr deutscher Zeit - zu verfolgen im TV bei ProSieben sowie im Liveticker auf e-Formel.de.

Ergebnisse & Zeiten

Gesamtwertung (Fahrer & Teams)

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