Formel E: Norman Nato feiert 1. Podium der Saison in Rom - wohl aber zu spät für Verbleib bei Nissan
Timo Pape
Saisonfinale 2021: Norman Nato siegt sensationell in Berlin - und muss sein damaliges Venturi-Team anschließend verlassen. Ähnlich könnte es auch in diesem Jahr laufen. Beim Rom E-Prix am Sonntag holte der Franzose als Zweiter überraschend sein erstes Formel-E-Podium mit Nissan - das erste überhaupt für das Team in dieser Saison. Trotzdem soll er das Team einem Bericht zufolge verlassen, denn zwei mögliche Nachfolger stehen womöglich schon bereit.
Nach seinem Unfall im Anschluss an das 1. Freie Training lief es für Nato am Rom-Sonntag deutlich besser: Er qualifizierte sich überragend für den dritten Startplatz und machte im Rennen trotz seines ineffizienten Nissan-Antriebs sogar noch einen Platz gut. Mit 0,0 Prozent verbliebener Energie fuhr er am Ende sensationell als Zweiter ins Ziel und holte sein viertes Punkte-Ergebnis in Folge - sein bislang bestes der Saison.
"Wir waren mit dem Qualifying zufrieden, wussten aber, dass es im Rennen schwieriger werden würde", erklärt Nato. Die Schwächen seines Autos waren ihm vollumfänglich bekannt: "Es war eng mit der Energie, aber ich habe es gut hinbekommen. An beiden Tagen in die Punkte zu fahren, ist großartig. Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung heute."
Wie einst Lucas di Grassi beim Saisonstart in Mexiko konnte Nato Kapital schlagen aus einer guten Startposition gekoppelt mit einem Streckenlayout, das das Überholen schwierig macht. Obwohl der Jaguar von Sam Bird hinter ihm deutlich energieeffizienter war als der Nissan, verteidigte sich Nato bravourös. Er sparte dort Energie, wo es möglich war, ohne seine Position zu verlieren. Seine großartige Verteidigungsleistung brachte ihm letztlich 18 Punkte ein.
"Gezeigt, welche Fortschritte wir in dieser Saison gemacht haben"
"Die Strategie war perfekt", findet Nato. "Wir haben hart gekämpft und gezeigt, welche Fortschritte wir als Team in dieser Saison gemacht haben." Wahre Worte. Denn nachdem Nissan zu Saisonbeginn im "Nirgendwo" der Formel E herumdümpelte und auch gegen das eigene Kundenteam McLaren keinen Stich machte, ging es seit dem Monaco E-Prix bergauf für die Mannschaft von Tommaso Volpe: 61 seiner 79 Punkte holte Nissan seit dem Rennen im Fürstentum.
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— Nissan NISMO (@NISMO) July 16, 2023
Grundlage für die verbesserte Performance der Nissan-Fahrzeuge waren einige Software-Updates, die das Team nach dem Berlin E-Prix vorgenommen hatte. "Was die reine Pace des Autos betrifft, so haben wir einen großen Schritt gemacht", bestätigte Sacha Fenestraz schon nach dem Monaco E-Prix gegenüber e-Formel.de. Somit ist dem Team auch beim London E-Prix in anderthalb Wochen einiges zuzutrauen.
"Einer der schnellsten Nissan-Piloten" muss wohl gehen
Das Saisonfinale könnte allerdings das letzte Formel-E-Wochenende für Norman Nato werden. Einem Bericht von 'The Race' zufolge habe der 31-Jährige kürzlich erfahren, dass Nissan für die kommende Saison 2023/24 nicht mehr mit ihm plane. Teamkollege Sacha Fenestraz, der zum aktuellen Zeitpunkt 15 Punkte weniger auf dem WM-Konto hat, soll hingegen beim Team verbleiben.
Nato müsste sich damit nach einem anderen Cockpit in der Formel E umsehen, will er weiter als aktiver Fahrer antreten. Seine Optionen wären jedoch überschaubar. Natos Manager, Tiago Monteiro, soll in Rom bereits Gespräche mit potenziellen neuen Arbeitgebern geführt haben.
"Ich bin einer der schnellsten Nissan-Piloten, vor allem im Rennen. Wenn das Team der Meinung ist, dass sie jemand anderen ins Auto setzen können, der so viel Leistung bringen kann, ist das ihr gutes Recht - ich werde die Entscheidung respektieren", so Nato. Er gibt jedoch zu bedenken: "Ich kann mich genauso gut entscheiden, woanders hinzugehen, weil ich (…) das Gefühl habe, dass ich woanders besser abschneiden kann. Das werde ich auch tun."
Oliver Rowland & Nyck de Vries mögliche Nachfolger
Es wäre bereits das zweite Mal, dass Nato seinen Stammplatz in der Formel E verliert. Zuletzt musste er 2021 bei Venturi den Hut nehmen, um für Lucas di Grassi Platz zu machen. Auch damals hatte er im Saisonverlauf nur drei Top-10-Ergebnisse neben seinem eingangs erwähnten Sieg erzielt. Die aktuelle Saison verlief ähnlich. So bestätigte auch Teamchef Volpe, dass Nato in der ersten Saisonhälfte "ein bisschen zu kämpfen hatte". Natos Aufschwung kam offensichtlich zu spät.
Ein potenzieller Nachfolger für ihn bei Nissan wäre Oliver Rowland, der bereits von 2018 bis 2021 für das Team e.dams fuhr, als dem Nissan hervorging. Der Brite verließ Mahindra zur Saisonmitte und ist aktuell ohne Cockpit. Nichtsdestotrotz hat der einstige E-Prix-Sieger sein Potenzial in der Formel E schon häufig unter Beweis gestellt und wäre eine logische Wahl.
Ein anderer Kandidat für die Nato-Nachfolge ist Nyck de Vries, der kürzlich sein AlphaTauri-Cockpit in der Formel 1 verloren hat. "Wahrscheinlich hat jeder in der Formel E über ihn nachgedacht, als er plötzlich verfügbar wurde", gesteht Volpe. "Er ist durchaus einer der interessanten Fahrer für die nächste Saison - gerade als Weltmeister. Ich kann aber nicht bestätigen, was wir tun werden."
Sollte die Entscheidung gegen Nato tatsächlich bereits gefallen sein, bleibt ihm in London am 29. und 30. Juli nur noch das, was er vermeintlich am besten kann: Über sich hinauswachsen, wenn der Groschen bereits gefallen ist.
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