Formel E

Formel E: Rennkommissare verteilten erste Strafpunkte der Saison

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Bereits seit der dritten Saison können Formel-E-Piloten für Vergehen Strafpunkte erhalten, ähnlich wie dies in der Formel 1 der Fall ist. Während Strafpunkte in der "Königsklasse" allgegenwärtig sind - Sebastian Vettel stand im vergangenen Jahr sogar kurz vor einer Rennsperre -, fristeten sie in der Formel E bislang nur ein Schattendasein. Dies änderte sich beim E-Prix in Marrakesch…

Das Sportliche Regelwerk der Formel E wurde im Herbst 2016 durch den Artikel 4.3 (inzwischen in Artikel 4.4 umbenannt) ergänzt, der übersetzt wie folgt lautet: Zusätzlich zu jeder Strafe nach Artikel 16.3 können die Rennkommissare Strafpunkte auf die e-Lizenz eines Fahrers verbuchen. Wenn ein Fahrer 12 Punkte überschreitet, wird seine e-Lizenz für die folgende Veranstaltung eingezogen, anschließend werden ihm 12 Punkte abgezogen. Strafpunkte verbleiben auf der e-Lizenz für eine Zeit von 12 Monaten. Nach diesen 12 Monaten werden sie automatisch von der e-Lizenz entfernt.

In der dritten Saison wurden genau zweimal Strafpunkte vergeben: Loic Duval und Adam Carroll erhielten beim Saisonauftakt in Hongkong neben einer Rückversetzung um drei Startplätze jeweils vier Strafpunkte, weil sie im Shakedown beziehungsweise im 2. Freien Training trotz roter Flaggen nicht wie vorgeschrieben auf 50 km/h verlangsamten. Im weiteren Saisonverlauf wurden viele weitere Zeit- oder Durchfahrtstrafen für unterschiedliche Vergehen vergeben; Strafpunkte erhielt jedoch kein Fahrer mehr.

Beim Saisonauftakt der vierten Saison im Dezember, der wieder in Hongkong stattfand, wurden zwar erneut mehrere Strafen verhängt, Strafpunkte vergaben die Rennkommissare rund um den australischen Ex-Formel-1-Piloten Tim Schenken jedoch nicht. Ganz anders das Bild vor etwas mehr als einer Woche in Marrakesch: Dieses Mal sprachen die Rennkommissare unter der Leitung des Italieners Paolo Longoni im Rennen vier Strafen aus - und jedes Mal erhielt der betroffene Pilot auch Strafpunkte.

Dreimal wurde dabei das Verursachen einer Kollision bestraft. Daniel Abt, Antonio Felix da Costa und Maro Engel haben somit bis zum 13. Januar 2019 jeweils zwei Punkte für die Vergehen in Marrakesch auf ihrem Punktekonto. Noch schlimmer erwischte es Nicolas Prost: Für das Missachten der Geschwindigkeitsbeschränkung unter Full-Course-Yellow (er fuhr schneller als die erlaubten 50 km/h) erhielt der Franzose nicht nur nachträglich eine Durchfahrtstrafe, die ihn aus den Punkten hinauswarf, sondern auch gleich drei Strafpunkte.

Übersicht der aktuellen Formel-E-Strafpunkte

Fahrer Team Strafpunkte
Nicolas Prost Renault e.dams 3
Daniel Abt Audi Sport ABT Schaeffler 2
Maro Engel Venturi 2
Antonio Felix da Costa MS&AD Andretti 2

Kommentar von Tobias Wirtz

Strafpunkte sind in den vergangenen Jahren im Motorsport in Mode gekommen. Sie sollen der nachhaltigen Erziehung von Fahrern dienen, die immer wieder durch Regelverstöße oder unfaires Verhalten auf der Rennstrecke auffallen. So gibt es für die Regelhüter eine klar definierte Grenze, bei der eine Rennsperre verhängt wird.

Strafpunkte sind aber auch immer wieder ein Streitpunkt - sowohl bei Fans als auch bei den betroffenen Fahrern selbst. Man erinnere sich nur an Valentino Rossi, der 2015 infolge einer Rangelei mit Marc Marquez in der MotoGP wegen seiner vier Strafpunkte beim Saisonfinale in Valencia aus der letzten Startreihe ins Rennen gehen musste und so den Titel verlor. Oder an die drohende Rennsperre für Max Verstappen in der Formel 1. Kritik an Strafen (und besonders den Strafpunkten) wird in den meisten Fällen deshalb laut, weil die häufig wechselnden Rennkommissare jede klare, einheitliche Linie vermissen lassen. In der MotoGP führte die anhaltende Kritik im letzten Jahr sogar zur Abschaffung der 2013 eingeführten Strafpunkte.

Genau diese Diskussionen drohen den Regelhütern der Formel E jetzt auch. Urplötzlich wurde in Marrakesch jeder Fahrer, der eine Kollision verursachte, zusätzlich zur Durchfahrt- oder Zeitstrafe mit Punkten bestraft. Im Grunde genommen vollkommen zurecht und nachvollziehbar, wenn man sich die Regeln einmal genau ansieht.

Aber: In der Vorsaison gab es mehr als ein Dutzend Strafen für das Verursachen eines Unfalls, und auch vor sechs Wochen erhielt NIO-Pilot Luca Filippi in Hongkong noch lediglich eine Durchfahrtstrafe. Sam Bird wurde zudem für gefährliches Fahren in der Boxengasse - er hatte dort sogar einen seiner Mechaniker angefahren - um zehn Startplätze nach hinten versetzt. Strafpunkte wurden in all diesen Fällen jedoch nicht vergeben.

Wo bleibt da die Konstanz? Muss die Formel E erst die gleichen Fehler machen, die anderen Rennserien bereits viel Kritik einbrachten?

Eine klare Linie bei den Entscheidungen der Sportkommissare wäre wünschenswert. Bestenfalls mit einem festen Rennkommissar, der bei jedem E-Prix dabei ist und so für einheitliche Entscheidungen sorgen kann. Ob dies so kommen wird? Ich für meinen Fall glaube nicht daran. Leider.

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