Formel-E-Fahrer nach gefährlichem Kran-Zwischenfall verwirrt: "Dann hörte ich nur noch Carbonteile brechen"
Tobias Bluhm
Die letzten zehn Minuten des zweiten Formel-E-Rennens in Saudi-Arabien fanden weitgehend unter Safety-Car-Bedingungen statt. In der Schlussphase des Diriyya E-Prix erforderte ein Unfall von Alexander Sims den Einsatz des Porsche Taycan S, um eine "sichere" Bergung des havarierten Mahindra-Wagens zu gewährleisten. Für das genaue Gegenteil sorgte jedoch ein Abschleppkran, der nach dem Rennen bei einigen Fahrern für Unmut sorgte.
Der Kran rollte kurz nach Beginn der Safety-Car-Phase auf den Riyadh Street Circuit, um die Unfallstelle mit Sims' Mahindra zu räumen. Die Ausfahrt des Krans wurde offenbar jedoch nicht mit der herannahenden Safety-Car-Kolonne koordiniert, denn das mehrere Tonnen schwere Gefährt überquerte nur wenige Meter vor dem Formel-E-Feld die Strecke.
"Das war echt gefährlich", schimpft Robin Frijns (Envision) in der offiziellen Pressekonferenz nach dem Rennen. Auf eine Frage von 'RaceFans' erklärt er: "Ich fuhr hinter Edo (Mortara), als das Safety-Car plötzlich anhalten musste. Ich habe ihn getroffen und kurz danach hörte ich hinter mir nur noch Carbonteile brechen."
"Der Kran stand mitten auf der Strecke, und das Safety-Car musste anhalten. Da muss etwas bei der Kommunikation schiefgegangen sein", so Frijns weiter. "Sims' Auto war einfach in einer sehr ungünstigen Position, um es zu bergen."
Der Zweitplatzierte Lucas di Grassi nimmt die Verantwortlichen tendenziell eher in Schutz: "Ich bin mir sicher, dass es für diesen Vorgang einen guten Grund gab. Es ist ohnehin schwer, an dieser Stelle ein Auto zu bergen. Dort gibt es nicht viele Orte, um einen Kran zu parken. Sie haben also die Arbeit gemacht, die sie tun mussten. Das Safety-Car hat es richtig gemacht, langsam um den Traktor zu fahren."
Mortara: "Der arme Kerl hatte seinen Kran echt nicht unter Kontrolle!"
Für zusätzliche Gefahr sorgte das Bergungsfahrzeug, als das Feld ein zweites Mal die Unfallstelle passierte. Der Mahindra-Wagen hing zu diesem Zeitpunkt bereits am Haken, jedoch fixierten die Streckenposten den in der Luft schwingenden M8Electro nicht ausreichend. Einige Fahrer konnten dem Kran-Rennwagen-Gespann nur knapp ausweichen, darunter Maximilian Günther (Nissan), Sam Bird (Jaguar) und Nick Cassidy (Envision).
"Um ehrlich zu sein, war das das erste Mal, dass ich mitten im Rennen einen Kran vor mir gesehen habe", beschreibt Rennsieger Edoardo Mortara seine Perspektive und scherzt: "Der arme Kerl war echt nicht gut darin, seinen Kran unter Kontrolle zu behalten!"
Still shocked to see how the end of the race was handled. A Crain on track, a safety car stopping right before it in a blind corner resulting in cars piling up, no informations given to us… seems like people don’t learn from past mistakes pic.twitter.com/QtMlkEomDZ
— Jean-Eric Vergne (@JeanEricVergne) January 30, 2022
"Im ersten Moment war es schon witzig, aber für die Leute hinter mir war es das ganz sicher nicht. Sie näherten sich mit höherer Geschwindigkeit. Ich bin sicher, dass das ein wenig Chaos verursacht hat." Vom Rückstau war unter anderem Jake Dennis (Andretti) betroffen, der infolge eines Fremdkontakts hinter dem Safety-Car Teile seiner vorderen Fahrzeugverkleidung verlor.
Jean-Eric Vergne äußerte sich am Tag nach dem Rennen über den Kurznachrichtendienst Twitter. "Ich bin immer noch schockiert, wie das Ende des Rennens lief", kommentiert der DS-Techeetah-Fahrer ein Foto des Bergungsfahrzeugs. "Ein Kran auf der Strecke, ein direkt davor stehendes Safety-Car und eine blinde Kurve führten dazu, dass mehrere Autos ineinander geschoben wurden. Und das ohne Informationen, die uns durchgegeben wurden... Sieht so aus, als würden die Leute nicht aus Fehlern der Vergangenheit lernen."
Die kuriose Szene beim Diriyya E-Prix war übrigens nicht das erste Mal, dass ein Kran eine Rolle bei einem Formel-E-Lauf in Saudi-Arabien spielte: Bereits 2019 sorgte ein Bergungsfahrzeug für eine Unterbrechung des Rennens. Damals wurde der E-Prix nach einer Safety-Car-Phase freigegeben, obwohl der Abschleppkran noch auf der Strecke fuhr, und sich Streckenposten auf dem Kurs aufhielten.
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