Formel E

Formel E zurück in Afrika: Die große Rennvorschau zum Marrakesch E-Prix 2020

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Es geht weiter: Nur zwei Wochen nach dem ereignisreichen Mexico City E-Prix trifft das Fahrerlager der Formel E erneut zusammen. Wenn die Elektroserie am Wochenende (29. Februar) in Marrakesch gastiert, könnte der fünfte Sieger im fünften Rennen der Saison gekrönt werden. Was du vor dem E-Prix in Marokko wissen musst, erfährst du in unserer Rennvorschau.

Seit dem Saisonauftakt in Diriyya gab es keine kürzere Pause zwischen zwei Rennen als zwischen Mexiko und Marrakesch. Unmittelbar nach dem Ende des ereignisreichen E-Prix in Mexiko-Stadt verschifften die Teams ihre Fahrzeuge nach Nordafrika, wo am Wochenende zum vierten Mal der Marrakesch E-Prix stattfindet. In den letzten Jahren lieferte Marokko den Fans der Formel E stets aufregende Rennen. Wir dürfen gespannt sein, was in diesem Jahr passiert.

Stadt, Land, Fluss…

Marrakesch, eine der vier Königsstädte Marokkos, ist insbesondere für seine historische Innenstadt weltweit bekannt. Die Koutoubia-Moschee, der zentrale Marktplatz Djemaa el Fna, die Agdal-Gärten (die direkt an die Rennstrecke grenzen) oder die Festung Kasbah machen Marrakesch zu einer wahren Schatzgrube für Historiker und Geschichtsfreunde.

Schließlich blickt der 930.000-Einwohner-Ort im Westen des Landes auf eine über 1.000-jährige Geschichte zurück. Einst als Zentrum der Almoraviden-Dynastie gegründet, die im 11. Jahrhundert den Islam bis nach Andalusien trug, wuchs Marrakesch in den vergangenen Jahrhunderten zu einer muslimisch geprägten Weltstadt heran. Mehrmals wurde Marrakesch zur Hauptstadt Marokkos erklärt, inzwischen hat diesen Status jedoch Rabat inne.

Fotos: Lou Johnson, Shivraj Gohil / Spacesuit Media

Was seit dem letzten Saisonlauf passierte

In der kurzen Pause zwischen den Rennen in Mexiko und Marokko kamen nur wenige Neuigkeiten ans Tageslicht. Zu den größten Meldungen zählte wohl die Veröffentlichung der Nennliste für den Rookie-Test, der am Sonntag nach dem Marrakesch E-Prix am 1. März stattfinden wird. Mehrere hochkarätige Rennfahrer werden am Test teilnehmen, darunter die Formel-2-Piloten Sergio Sette Camara (Dragon) und Antonio Fuoco (Nio). Mit Lucas Auer (BMW), Filipe Albuquerque (DS Techeetah) und Joel Eriksson (Dragon) sind auch einige Fahrer mit DTM-Erfahrung beim Rookie-Test vertreten.

Formel E in Marrakesch: Der Zeitplan 2020 (MEZ)

  • 16:45 - 17:30 Uhr (Freitag) - 1. Freies Training
  • 09:00 - 09:30 Uhr (Samstag) - 2. Freies Training
  • 11:00 - 12:00 Uhr (Samstag) - Qualifikation
  • 15:03 - 15:50 Uhr (Samstag) - Rennen (45 min + 1 Runde)

Bitte beachte, dass das 1. Freie Training der Formel E in Marrakesch auf den Freitag vorzgezogen wurde. Der Grund hierfür ergibt sich aus dem etwas früheren Rennstart um 15 Uhr: Beim üblichen Rennformat hätte das 1. Freie Training noch vor Sonnenaufgang stattgefunden. Um eine Session bei schlechten Lichtverhältnissen zu verhindern, zog die Elektroserie das 45-minütige Training einen Tag vor.

Altbewährter Kurs, hohe Geschwindigkeiten: Die Strecke

Die 2,971 Kilometer lange Strecke von Marrakesch ist seit 2016 fester Bestandteil des Rennkalenders der Formel E. Neben langen und geschwungenen Kurven fällt der Kurs insbesondere durch seine zahlreichen mittellangen Geraden auf. In Mexiko fuhr Sam Bird mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 138,633 km/h die schnellste Runde, die je im Rahmen eines E-Prix gefahren wurde, doch das Rennen in Marrakesch könnte womöglich noch schneller werden.

Abschnitte des Kurses sind zudem Teil einer permanenten Rennstrecken-Infrastruktur. So wird die Formel E auf dem Circuit Automobile Moulay el Hassan beispielsweise von einer "klassischen" Boxengasse mit gut ausgebauten Garagen Gebrauch machen. Charakteristisch für die Piste ist auch die Doppel-Linkskurve im mittleren Streckenabschnitt. An dieser Stelle gaben im letzten Jahr die beiden BMW-Fahrer den sicher geglaubten Doppelsieg aus der Hand, als sie im Positionskampf kollidierten. Die Attack-Zone befindet sich erneut in Kurve 3 auf der Außenbahn.

Kein Qualifying im Free-TV: Das Formel-E-Rennen von Marrakesch im TV & Live-Stream

Wie in dieser Saison üblich gibt es auch in Marrakesch zwei Wege, das Formel-E-Rennen in Deutschland zu verfolgen. So zeigt Eurosport 1 als offizieller Inhaber der TV-Lizenzrechte den E-Prix ab 14:45 Uhr im Free-TV. Die ARD bietet auf sportschau.de ebenfalls einen eigenen Live-Stream an, der um 14:55 Uhr starten wird. Der Rennstart ist für 15:04 Uhr deutscher Zeit angesetzt.

Pay-TV-Sender Eurosport 2 zeigt zudem das Qualifying live und in voller Länge (ggf. auch über DAZN zu sehen). Die Qualifikation ist somit wie schon in Santiago nicht live im deutschen Free-TV zu empfangen. Alternativ empfehlen wir unseren e-Formel.de Live-Ticker, in dem wir wie immer jede Session des Wochenendes für dich begleiten - inklusive Qualifying. Die Trainings-Sessions sind wie üblich kostenlos über die offiziellen YouTube- und Facebook-Auftritte der Formel E zu verfolgen. Die Streams bieten wir dir wie gewohnt ebenfalls auf e-Formel.de an.

>>> zur ausführlichen TV- und Live-Stream-Übersicht für das Formel-E-Rennen in Marrakesch

Auch in der Schweiz wird das Rennen von Eurosport 1 ausgestrahlt. Der Bezahlsender MySports zeigt außerdem jede Session mit deutschem Kommentar. Fans in Österreich gehen in Sachen Live-Übertragung leider erneut leer aus: Erst am Sonntag zeigt ORF eins um 9 Uhr eine Wiederholung des Marrakesch E-Prix.

Übersicht: Die Qualifying-Gruppen für Marrakesch

Als Schlüssel zum Erfolg gilt auch in Marrakesch ein gutes Qualifying-Ergebnis. Um zu gewährleisten, dass auf der engen Strecke jeder Fahrer (zumindest in der Theorie) eine "freie Runde" fahren kann, teilt die Formel E die 24 Piloten vor dem Rennen in insgesamt vier Gruppen ein. Die Gruppen werden anhand der aktuellen Meisterschaftsposition der Fahrer gebildet.

Da sich die Streckenbedingungen erfahrungsgemäß im Verlauf eines Qualifyings verbessern, starten die sechs letztplatzierten Piloten der Fahrerwertung in der letzten Gruppe. Sie haben somit die potenziell besten Bedingungen, um sich einen guten Startplatz zu sichern. Während die Plätze 7 bis 24 nach dem Gruppen-Qualifying "eingefroren" werden, kämpfen die Top 6 in einem anschließenden Shoot-out um die Super-Pole und die ersten drei Startreihen. Für Marrakesch ergeben sich folgende Gruppen.

Wettervorhersage: Frischer Sahara-Morgen, warmer Nachmittag

Die Temperaturen in Marrakesch können sich im Verlauf eines Tages schnell ändern. Während im 1. Freien Training bis zu 28 Grad Celsius auf dem Thermometer stehen könnten, werden am Rennsamstag nach einem frischen Morgen voraussichtlich höchstens 23 Grad erreicht. Abgesehen von leichter Bewölkung soll das Wetter jedoch gut bleiben. Mit Regen ist nicht zu rechnen.

Marrakesch: Fast Facts

  • Die Formel-E-Strecke in Marrakesch ist nach dem aktuellen marokkanischen Thronfolger Moulay Hassan benannt. Der erstgeborene Sohn von König Mohammed VI. ist übrigens deutlich jünger als alle Fahrer, die jemals in der Formel E gefahren sind: Er wurde am 8. Mai 2003 geboren und ist damit erst 16 Jahre alt.
  • Der Djemaa el Fna im Zentrum Marrakeschs ist mit einer Fläche von 86.000 Quadratmetern der zweitgrößte öffentliche Platz auf dem afrikanischen Kontinent. Hier könnte man rund 9.400 Gen2-Formel-E-Autos parken.
  • Bei allen drei Ausgaben des Marrakesch E-Prix hat ein anderer Fahrer gewonnen. Die bisherigen Sieger sind Sebastien Buemi (2016), Felix Rosenqvist (2018) und Jerome d'Ambrosio (2019).
  • In Marokko steht der Fennek, der kleinste aller Wildhunde, unter Artenschutz. Die putzigen Vierbeiner können bis zu 30 km/h schnell laufen. Pro Runde in Marrakesch würden sie also 5:57 Minuten brauchen. Sie würden dabei allerdings rund fünfmal von einem Formel-E-Auto überrundet werden.
  • Es würden etwa 1.039.850 Tassen benötigt, um die Formel-E-Strecke mit frisch gebrühtem marokkanischen Minztee zu überfluten.

Rückblick: BMW-Drama 2019 in Marrakesch

Der Marrakesch E-Prix 2019 darf getrost zu den kontroversesten Rennen der letzten Saison gezählt werden. Meisterschaftsanwärter Jean-Eric Vergne verunfallte durch ein übermütiges Manöver bereits am Start und musste im Verlauf des Rennens jede Menge Boden gutmachen. Pascal Wehrlein gab in Marokko sein Mahindra-Debüt, musste seinen Wagen allerdings nach nur einer Runde mit einem Schaden aus dem Start-Chaos an der Box abstellen.

Im weiteren Rennverlauf zeichnete sich ein Zweikampf zwischen den damaligen BMW-Teamkollegen Antonio Felix da Costa und Alex Sims ab, der wenige Minuten vor Schluss in einer weiß-blauen Farce gipfelte: Bei einem Überholversuch gerieten beide Fahrer aneinander. Felix da Costa fand sich wenig später in der Barriere wieder, Sims wurde als Vierter gewertet. Statt des sicher geglaubten Doppelsiegs sollte es von nun an bergab gehen für das stark in seine Debütsaison gestartete BMW-Team. Rennsieger wurde letztlich Jerome d'Ambrosio, der damit zwischenzeitlich die Führung in der Fahrermeisterschaft übernehmen konnte.

VIDEO: Die Highlights des Marrakesh E-Prix 2019

Prognose: DS Techeetah greift nach dem Sieg, BMW will Wiedergutmachung

Felix da Costa zählte bereits in Mexiko-Stadt zu den gefährlichsten Fahrern des Wochenendes. Lediglich ein mittelmäßiges Qualifying-Ergebnis machte dem Portugiesen vor zwei Wochen einen Strich durch die Rechnung. Schafft er es diesmal auf eine gute Startposition, darf der Techeetah-Neuzugang wohl in keiner Prognose fehlen. Teamkollege Vergne hat mit Marokko ebenfalls noch eine Rechnung offen: Der amtierende Meister will am Wochenende seinen zwölften Platz in der Fahrerwertung verbessern.

Seit dem Podium von Santiago und dem Sieg in Mexiko-Stadt zählt allerdings auch Mitch Evans (Jaguar) zu den Topfavoriten der Formel E. Der Neuseeländer reist vor Sims als Gesamtführender nach Marokko. Während sich James Calado weiterhin an das Auto gewöhnt, könnte sich Evans zum Ende des ersten Saisondrittels selbst eine Steilvorlage für eine Meisterschaftskampagne geben.

Konkurrenz dürfte jedoch aus dem Hause BMW kommen. Die Münchner wollen nach dem Debakel von 2019 Wiedergutmachung in Marokko. Sims präsentierte sich schon in den letzten Rennen von seiner besten Seite, und auch Maximilian Günther wird nach dem Totalausfall von Mexiko zurückschlagen wollen. Das Duo muss allerdings in den ersten zwei Qualifying-Gruppen ran. Ob das reicht?

Abgesehen von den Techeetah-Fahrern sind noch einige weitere Fahrer im Rennen, um zum fünften Sieger im fünften Saisonrennen zu werden. Wie wäre es beispielsweise mit einem der beiden Nissan-Piloten? Könnte der größte Pokal womöglich an eines der vier mit Audi-Power angetriebenen Fahrzeuge gehen? Wer mutig ist, möchte vielleicht sogar einen Groschen auf Mercedes setzen: Der Rookie Nyck de Vries zum Beispiel hat sich erstaunlich schnell in der Elektroserie eingefunden und mehrmals seine Qualifying-Stärke gezeigt. Wie üblich ist in der Formel E alles offen: Freuen wir uns auf ein hoffentlich gutes Rennen in Marrakesch!

Übrigens: Auch in diesem Jahr haben unsere Leser eine kostenlose Community-Tippspiel-Runde organisiert. Wer mitmachen möchte, hat noch bis zum Wochenende Zeit, seine Tipps abzugeben oder sich noch neu anzumelden!

Titelfoto: Lou Johnson / Spacesuit Media

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