Formel E

Gass über Fahrer-Entscheidung in Formel E: "Schauen uns Gesamtbild an"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Bestreitet Daniel Abt mit Audi auch die sechste Formel-E-Saison, oder bringen die Ingolstädter nach fünf Jahren Abt/di Grassi mit dem Schweizer Nico Müller neues Blut in ihr Elektro-Werksteam? Dies war in der abgelaufenen Saison für lange Zeit eine offene Frage, die erst kurz vor dem Saisonfinale mit einem neuen Vertrag für den Kemptener Abt beantwortet wurde. Müller kam seinerseits schließlich bei Dragon unter.

Dabei hatte Müller bei Audi in der Vergangenheit durchaus überzeugt: Im Gesamtstand der DTM liegt er aktuell hinter dem bereits als Champion feststehenden Rene Rast auf dem zweiten Platz. In der Formel E hat er neben der Simulatorarbeit auch bei den offiziellen Rookie-Testfahrten in Marrakesch 2018 und 2019 beeindruckt, als er in den vier Sessions insgesamt dreimal eine Bestzeit aufstellte.

Bei 'Motorsport-Magazin.com' hat Audi-Motorsportchef Dieter Gass nun die Hintergründe dargelegt, die zu der Fahrer-Entscheidung geführt haben. Dabei war der Beschluss pro Abt auch innerhalb des Teams keineswegs unumstritten: "Man kann sagen, dass es Leute gibt, die Nico (Müller) gern im Formel-E-Auto sehen würden", so Gass. "Er ist eine bekannte Größe bei uns im Haus, nicht zuletzt wegen des DTM-Projekts, in dem er starke Leistungen zeigt. Auch das Formel-E-Projekt hat er durch seine Tätigkeit im Simulator sehr unterstützt. Intern haben sich Leute für den einen oder den anderen Fahrer ausgesprochen, das kann ich bestätigen."

"Möchte sehen, wie ein Fahrer mit Drucksituationen umgeht"

In der abgelaufenen Saison stellte Abt bei Nachfragen zu seiner Zukunft neben einem Teamwechsel sogar ein mögliches Ende seiner Rennsportkarriere in den Raum, sollte er keinen neuen Vertrag in der Formel E erhalten. Nach der Bekanntgabe der Vertragsverlängerung fuhr der Kemptener in New York City dann wie befreit auf, erreichte zweimal die Super-Pole und beendete die Rennen auf den Positionen 5 und 6. Zudem erhielt er zweimal den Bonuspunkt für die schnellste Rundenzeit unter den ersten Zehn.

Die Situation zuvor habe sich laut Gass jedoch nicht negativ auf das Team ausgewirkt. Es sei auch nicht unüblich, dass ein Fahrer für die kommende Saison noch keinen neuen Vertrag habe. Gass kommentiert die Reaktion von Abt nach dem Vertragsabschluss: "Er war sicherlich erleichtert. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich gern sehen möchte, wie ein Fahrer mit Drucksituationen umgeht. Er kann ja auch in eine Situation kommen, in der er ganz einfach liefern muss, weil er Meister werden will. Dann hat er auch Druck und muss damit umgehen können."

Eine Vielzahl von Gründen hätte demnach für eine Vertragsverlängerung mit Abt gesprochen: Obwohl der Kemptener "nur" Siebter in der Meisterschaft 2018/19 wurde, fehlten ihm mit 95 Punkten nur 13 Zähler auf seinen Teamkollegen Lucas di Grassi, der als Gesamtdritter abschloss. Abt blieb zwar ohne Rennsieg in der Debütsaison des Gen2-Autos, machte sich jedoch als "Mr. Konstanz" einen Namen und gewann den gleichnamigen Season-Award von 'e-Formel.de'. Als einziger Pilot der Elektrorennserie punktete er in den 13 Rennen der abgelaufenen Saison gleich elfmal.

Deutsche Hersteller setzen auf deutsche Fahrer

So schaffte es Abt am Saisonende, der in der Meisterschaft bestplatzierte "zweite Fahrer" eines Teams zu sein. Dabei ließ er unter anderem Andre Lotterer und Sam Bird hinter sich. Auch die Tatsache, dass Abt der erste und bislang einzige deutsche Formel-E-Rennsieger ist, spielte eine Rolle bei der Vertragsverlängerung. Möglicherweise auch nicht ganz uninteressant: Abt ist mit seinem aktuell 287.000 Abonnenten umfassenden YouTube-Kanal ein "aufgehender Stern" im Social-Media-Bereich.

Gass spricht einen weiteren Punkt an: "Mit Sicherheit ist es nicht komplett vernachlässigbar, dass wir einen deutschen Fahrer im Team haben. Bei einem Werkseinsatz überwiegt natürlich die Performance. Wir schauen uns aber das Gesamtbild an und das hat dazu geführt, dass wir Daniel für die Saison 6 bestätigt haben." Neben Audi treten auch die deutschen Hersteller BMW und Porsche mit jeweils einem deutschen Piloten an: BMW verpflichtete Maximilian Günther von Dragon Racing, und Porsche warb seinen früheren Sportwagen-Werksfahrer Andre Lotterer beim Meisterteam DS Techeetah ab.

Abt ist einer von nur vier Piloten, die bislang bei jedem E-Prix in der Startaufstellung standen. Neben seinem Teamkollegen Lucas di Grassi trifft dies auch noch auf Jerome d'Ambrosio und Sam Bird zu. Die sechste Formel-E-Saison beginnt am 22. und 23. November mit einem "Double-Header" in Diriyya (Saudi Arabien). Neben Daniel Abt wird dann auch Nico Müller als Fahrer dabei sein. Der Schweizer gibt jedoch nicht bei Audi, sondern bei Dragon Racing sein Debüt in der Elektrorennserie.

Foto: Michael Kunkel / Audi Communications Motorsport

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