"Gebt mir mehr Druck!" - Pascal Wehrleins besteht Formel-E-Meisterprüfung, "aber erst zu 50 Prozent"
Timo Pape
Was für ein Ausrufezeichen von Pascal Wehrlein im ersten Rennen des London E-Prix! In einem packenden Samstagslauf der Formel E bezwang der deutsche Porsche-Pilot von Startplatz 3 aus seinen Widersacher Mitch Evans (Jaguar) und übernahm vor dem letzten Saisonrennen die Führung in der Fahrerweltmeisterschaft. Nach dem Rennen zeigte er sich überglücklich und sprach über seine Titelchancen.
Mit Zickzackbewegungen überquerte Wehrlein nach 39 turbulenten Rennrunden in London als Erster die Ziellinie. Selten sah man den gebürtigen Sindelfinger so gelöst. "Gebt mir mehr Druck!", funkte er voller Adrenalin an seine Porsche-Box. Den bekommt er am Sonntag automatisch, geht Wehrlein doch mit drei WM-Punkten Vorsprung auf Evans und sieben Zählern Vorsprung auf Nick Cassidy ins entscheidende Finalrennen.
"Die Jaguar waren im Qualifying ein bisschen schneller als wir, aber das hat uns nicht davon abgehalten, selbstbewusst ins Rennen zu gehen", erklärte Wehrlein kurz nach Rennschluss im TV-Weltsignal der Formel E. "Wir haben eine gute Leistung abgeliefert und hatten die perfekte Strategie", lobt er sein Team.
Gegen Ende wurde es noch einmal spannend für alle Wehrlein-Fans, als der Vorsprung des 29-Jährigen durch eine Safety-Car-Phase dahinschrumpfte. Ihm selbst sei diesbezüglich jedoch "gar nichts" durch den Kopf gegangen. "Ich habe einfach nur versucht, mich auf meinen Job und die Prozesse zu konzentrieren, keine Fehler zu machen und das Ding nach Hause zu bringen."
Evans betrübt: "Haben es einfach nicht gut umgesetzt"
Für seinen Titelrivalen Mitch Evans sah es lange Zeit gut aus. In einem herausragenden Qualifying sicherte sich der Jaguar-Fahrer die Pole-Position und zog damit drei WM-Punkte vom bis dahin punktgleichen Wehrlein weg. Im Rennen wechselte er sich über weite Strecken mit Sebastien Buemi an der Spitze ab, bis Wehrlein in Runde 22 auf der Start- und Zielgeraden zum Angriff ansetzte und ihn auf der Innenbahn überholte.
Wehrlein SNATCHES the lead from Evans ?
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The two title contenders are putting on an absolute show in London! @Hankook_Sport #LondonEPrix pic.twitter.com/QGW3cr6vbW
Fortan schaffte es Wehrlein, für seine beiden Attack-Mode-Aktivierungen jeweils genau so viel Vorsprung herauszufahren, wie er brauchte, um in Führung zu bleiben. Evans hatte zunächst in Runde 23 das Nachsehen, dann auch in Runde 27. Nach zwischenzeitlichem Pace-Verlust profitierte Evans am Ende noch von einem technischen Defekt des vor ihm fahrenden Max Günther. So erreichte er Platz 2 und holte sich auch noch den Extrapunkt für die schnellste Runde.
SIDE-BY-SIDE ?
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Wehrlein takes a second ATTACK MODE and fends off an attack from Evans to retain the lead!@Hankook_Sport #LondonEPrix pic.twitter.com/uiLikKsWDb
Dennoch hatte sich Evans mehr erhofft - nämlich, als Führender ins WM-Finale zu gehen. "Ich bin sehr enttäuscht, weil wir die Pace hatten zu gewinnen. Ich habe alles gegeben, aber wir sind das Rennen falsch angegangen. Wir haben es (die Attack-Mode-Strategie) einfach nicht gut umgesetzt. Respekt an Porsche und Wehrlein."
Titelentscheidung völlig offen: "Morgen ist ein weiterer wichtiger Tag"
Vor dem entscheidenden Sonntagsrennen hat Evans drei Punkte Rückstand auf Wehrlein, könnte also schon mit einer weiteren Pole-Position ausgleichen. Die Rechnung ist simpel: Holt er vier Zähler mehr als Wehrlein, ist Evans erstmals Champion, sollte Teamkollege Cassidy erneut hinter ihm landen. Daher bleibt er zuversichtlich: "Die Pace ist da - nur die Umsetzung war heute ein bisschen daneben."
Die besten Chancen hat auf dem Papier natürlich Wehrlein. Kommt er vor Evans und Cassidy ins Ziel, winkt definitiv der erste FIA-Weltmeistertitel. "Es war ein großartiger Tag. Aber heute waren das erst 50 Prozent, denn morgen ist ein weiterer wichtiger Tag. Wir sind jetzt ein paar Minuten glücklich, aber dann konzentrieren wir uns auf morgen", bremst Wehrlein die Euphorie. Die Fahrer-WM ist also noch vollkommen offen.
Bei den Teams ist die Sache etwas deutlicher: Porsche liegt 36 Punkte hinter Jaguar. Selbst bei einem Porsche-Doppelsieg mit Pole-Position und schnellster Rennrunde (maximal 47 Punkte) würde Jaguar ein vierter Platz zum ersten Teamtitel ausreichen. In der Herstellerwertung ist indes noch alles offen, mit leichtem Vorteil für die Schwaben: Hier führt Porsche mit acht Punkten vor Jaguar.
1 Kommentare
EffEll ·
Leider konnte ich das Rennen nicht live sehen. Heute wollte ich, ohne das Ergebnis zu wissen, über die zattoo App die automatische Aufnahme schauen, aber da lief nur Tennis!
Hat DF1 gar nicht übertragen oder liegt der Fehler beim Streaming-Anbieter?
So ärgerlich. Das hätte ich gerne miterlebt, da ich nach dem Quali und der schieren Performance der Jaguar überhaupt nicht daran gedacht habe, dass Wehrlein dermaßen überragend siegt.
Antwort von Tobias Wirtz
Unseres Wissens nach hat DF1 Tennis gezeigt und im Anschluss zeitversetzt die Formel E.
Gruß Tobias
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