Formel E

Gen3-Technik auf dem Prüfstand: XXL-Vorschau auf die Formel-E-Testfahrten in Valencia

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

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Das lange Warten hat ein Ende: In dieser Woche treffen die Teams und Fahrer der Formel E zu den ersten kollektiven Testfahrten mit ihren neuen Gen3-Autos in Valencia ein. Am Dienstag geht es auf dem Circuit Ricardo Tormo mit den neuen, leistungsstärkeren Boliden los. Was du zum Vorsaison-Test 2022 wissen musst, erfährst du in unserer Vorschau.

In den vergangenen Monaten verbrachten die Formel-E-Hersteller zahlreiche Tage auf privaten Rennstrecken - zum Teil allein, zum Teil gemeinsam mit ihren Kundenteams oder sogar mit Rivalen. Die Entwicklung der neuen Antriebsstränge ist inzwischen abgeschlossen. Jetzt geht es noch um die Zuverlässigkeit der neuen Autos. Denn: Mit dem Gen3-Fahrzeug führt die Formel E ein vollkommen neues Technisches Regelwerk mit höherer Leistung, höherer Rekuperation und einem neuen Rennformat samt Schnelladeboxenstopps ein. Die erste und einzige Standortbestimmung aller Teams vor dem Saisonstart in Mexiko-Stadt (14. Januar) ist der offizielle Vorsaison-Test der Formel E in Valencia.

Stadt, Land, Fluss…

Streng genommen liegt die Formel-E-Teststrecke gar nicht in Valencia, sondern im rund 26 Kilometer westlich gelegenen Vorort Cheste. Beide Städte entstanden vor rund 2.000 Jahren unter römischen Einflüssen. Valencia entwickelte sich durch seine Nähe zum Mittelmeer und den Fluss Turia schnell zur Metropole im Osten Spaniens.

In den folgenden Jahrhunderten stand die Stadt unter wechselnden christlichen und islamischen Herrschaftseinflüssen, ehe das Königreich Valencia schließlich im Jahr 1238 zu einem Teil der Krone von Aragon wurde. Die ereignisreiche Geschichte ist noch heute im Stadtbild der drittgrößten Stadt Spaniens zu erkennen. Rund 791.000 Menschen leben hier inzwischen, etwa so viele wie in Frankfurt am Main. Zu den Wahrzeichen Valencias gehören das frühere Stadttor Torres de Serranos, die Kathedrale von Valencia und das moderne L'Oceanografic-Aquarium.

Fast Facts | Valencia

  • Die Stadt Cheste, in deren Nähe sich der Circuit Ricardo Tormo befindet, liegt auf demselben Breitengrad wie Peking. In der chinesischen Hauptstadt fand 2014 das erste Formel-E-Rennen der Geschichte statt.
  • Valencia mag eine einzigartige Stadt sein, doch der Name der Mittelmeermetropole ist es nicht. Weltweit gibt es 58 Orte, die ebenfalls Valencia heißen. Allein vier davon liegen in Spanien.
  • Zwischen den Test-Sessions werden in Valencia mehrere Unternehmen Promo-Material für die anstehende Saison filmen. Die Ex-Rennfahrer Robert Doornbos (elf F1-Starts) und Dario Franchitti (vier IndyCar-Titel) sollen am Donnerstag einige Minuten auf dem Kurs verbringen. Am Nachmittag filmt unter anderem ProSieben.
  • Den bisherigen Formel-E-Rundenrekord in Valencia stellte Edoardo Mortara 2021 auf, als er einen Umlauf in 1:25.763 Minuten abschloss. In diesem Jahr dürfte der Rekord erneut fallen, schließlich haben die Autos nun 100 kW mehr Leistung als im Vorjahr.
  • Bei den Vorsaison-Testfahrten 2021 absolvierten die Fahrer insgesamt 4.345 Runden. Seit dem ersten Spanien-Test wurden ganze 20.693 Rundenzeiten in die Ergebnistabellen eingetragen.

Valencia-Test im Liveticker | Zeitplan

Die Teilnehmer der Formel E können in der nächsten Woche an drei Tagen auf der Piste in Spanien testen, jeweils eingeteilt in eine Vormittags- und eine Nachmittagssession. Getestet wird am Dienstag, Mittwoch und Freitag. Obwohl der Donnerstag formal als "Ruhetag" vorgesehen ist, werden die Fahrer trotzdem für Medienaktivitäten an die Strecke kommen. Dort nehmen sie üblicherweise an Interviews, Fotoshootings oder am Dreh jener Animationen teil, die in der Saison im TV eingespielt werden.

Formel E in Valencia: Der Zeitplan des offiziellen Vorsaison-Tests

Datum Vormittagssession Nachmittagssession
Dienstag, 13.12.2022 09:00-12:00 Uhr 14:00-17:00 Uhr
Mittwoch, 14.12.2022 08:30-12:00 Uhr 14:00-17:00 Uhr
Donnerstag, 15.12.2022 Medientag, keine Streckenaktivität
Freitag, 16.12.2022
09:00-12:00 Uhr 14:00-17:00 Uhr

 

Die Nachmittagssession am Mittwoch ist etwas kürzer als üblich - möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die Formel E an jenem Tag ihr neues Rennformat testen will. Öffentlich ist diesbezüglich aber noch nichts bekannt. Der Test wird nicht im Fernsehen ausgestrahlt oder online gestreamt. e-Formel.de begleitet dennoch alle Sessions in einem Formel-E-Liveticker zu den Testfahrten 2022, damit du nichts aus Spanien verpasst.

Strecke | Bekanntes Terrain für (fast) alle

Der Circuit Ricardo Tormo ist so gut wie allen Formel-E-Fahrern aus den letzten Jahren gut bekannt. Einzig Sacha Fenestraz (Nissan) und Jake Hughes (McLaren) fuhren dort noch keinen offiziellen Test. Für den Vorsaison-Test 2022 ändert sich das Layout nicht. Es bleibt also bei der bekannten 3,376 Kilometer langen Piste mit 15 Kurven.

Die Strecke ist für Formel-E-Verhältnisse ungewöhnlich breit und eben, sodass in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik aufkam, dass die Piste zu wenig repräsentativ für die sonst in der Formel E üblichen Straßenkurse sei. Mit Blick auf die vergleichsweise weitläufigen Kurse in Mexiko-Stadt, Berlin und Portland dürfte der Valencia-Test aber zumindest nicht vollkommen irrelevant für die Piloten sein.

Rückspiegel | Was in der Formel-E-Saisonpause passierte

In den letzten Monaten gab es jede Menge Ankündigungen zu Fahrerwechseln in der Formel E. Die wohl prominentesten Wechsel betreffen Stoffel Vandoorne und Antonio Felix da Costa, die 2023 für die neue DS-Penske-Allianz beziehungsweise für Porsche fahren werden. Bei den Zuffenhausenern ersetzt Felix da Costa den Deutschen Andre Lotterer, der wiederum bei Avalanche Andretti untergekommen ist. Sein Landsmann Maximilian Günther fährt 2023 bei Maserati, Rene Rast kehrt mit McLaren in die Formel E zurück.

Neu sind auch einige Stationen im Rennkalender 2023, den die Formel E erst in der vergangenen Woche finalisierte. Läuft alles nach Plan, wird die Serie in den nächsten Monaten erstmals Kapstadt, Hyderabad und Portland besuchen. Nicht mehr dabei sind hingegen Rennen in Südkorea (Bauarbeiten am Austragungsort), Marokko (zuletzt ohnehin nur Ausweich-Location) und China (Corona-Beschränkungen).

Wettervorhersage | Winter in Spanien

Ein Formel-E-Test mitten im Dezember, das gab es in der Geschichte der Elektroserie bislang noch nicht. Zwar sind die Temperaturen am Mittelmeer deutlich höher als derzeit in Deutschland. Mit Höchstwerten von 19 Grad Celsius dürfte es jedoch - insbesondere in den Morgenstunden - eher kühl bleiben. Meteorolog:innen rechnen darüber hinaus immer wieder mit Regenschauern, die das Testprogramm der Teams beeinträchtigen könnten.

Video: Die Formel-E-Saison 2022 im Rückblick

 

Prognose | Ein ganz neues Kräfteverhältnis?

Die übliche Einschränkung bei einem Vorsaison-Test gilt auch dieses Mal wieder: Alle Ergebnisse müssen mit Vorsicht genossen werden. Die Teams arbeiten unterschiedliche Rundenpläne und sogenannte Test-Items ab, sodass ein wahrer Leistungsvergleich zwischen den Autos de facto unmöglich ist. Auch ist nicht klar, ob einige Teams schon jetzt ihr volles Potenzial gegenüber der Konkurrenz zeigen wollen, oder sich in Zurückhaltung üben.

Im Fokus stehen daher eher die Zuverlässigkeit der Autos und die Frage: Wie viele Runden schaffen die Teams mit ihren neuen Gen3-Boliden? Durch den technologischen Umbruch und den Wechsel zu einer neuen Fahrzeuggeneration kann das Kräfteverhältnis nicht direkt mit jenem der Vorsaison verglichen werden. Oder anders formuliert: Keiner weiß, wie schnell die Rivalen sind. Nach dem Valencia-Test könnte es mehr Fragezeichen geben als zuvor.

Nichtsdestotrotz lohnen sich die Kollektiv-Tests der Formel E für alle Beteiligten. Jedes Team sammelt wichtige Daten über die eigenen Fahrzeuge. Hinzu kommen wichtige Erfahrungen für die Zulieferer von Einheitsbauteilen wie Hankook (Reifen), Williams Advanced Engineering (Batterien) oder Brembo (Bremsen).

Auch die Fans kommen endlich wieder auf ihre Kosten. Sie dürfen die Boliden sogar an der Strecke erleben, denn am 16. Dezember wird die Formel E kostenfrei eine Tribüne am Circuit Ricardo Tormo öffnen. Kurzum: Es gibt viele Gründe, sich auf den Test in Valencia zu freuen. Wir tun es ganz sicher und sich für dich live vor Ort, um direkt von der Strecke zu berichten!

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