Formel E

Die Williams-Batterie - Herzstück der Formel E

Timo Pape

Timo Pape

Die Batterien sind das Herzstück eines jeden Formel-E-Rennautos. Ohne den Lithium-Ionen-Akkumulator des Serienausstatters Williams Advanced Engineering (WAE) ginge den Boliden von Buemi und Co. die Puste aus. Die Technologie des Akkus geht auf die technische Weiterentwicklung des Kinetic Energy Recovery Systems (KERS) zurück, das 2009 in der Formel 1 Neuland betrat.

Apropos Formel 1: WAE ist eine Schwesterfirma des langjährigen britischen Rennstalls Williams F1 und kümmert sich um Zukunftstechnologien mit dem Know-how aus der Formel 1. Bis zur Saison 2017/18 bleibt die Lieferung der Batterien für die zehn Formel-E-Teams ausschließlich dem britischen Unternehmen vorbehalten. Damit behält der Serienveranstalter der Formel E die Kontrolle über die Entwicklungskosten von Batterien.

Ab Saison fünf werden die Karten neu gemischt. Ein neuer Zulieferer könnte für das Herzstück der Formel E verantwortlich zeichnen. Die Formel E hat sich ab der Saison 2018/19 zum Ziel gesetzt, den bisher notwendigen Fahrzeugwechsel zur Rennmitte mit Hilfe leistungsstärkerer Batterien abzuschaffen. 250 kW Maximalleistung sorgen in Zukunft für mächtig Dampf unter der Haube. Ein ehrgeiziges Ziel, denn die Entwicklung einer neuen Batterie dauert etwa 16 Monate. Die Zeit drängt, daher erfolgte die Ausschreibung seitens der FIA für weitere Interessenten bereits im Frühjahr dieses Jahres.

Leistungsdaten

Aktuell leisten die 200 Kilogramm schweren Stromspeicher 200 kW im Qualifying-Modus, für den Rennmodus wird die Maximalleistung auf 170 kW gedrosselt. Die gleichen Leistungsdaten verbleiben zur neuen Saison, die am 9. Oktober in Hongkong startet. Die Rückgewinnungsenergie, die beim Bremsen gewonnen wird und in die Batterien zurückfließt, erhöht sich ab Hongkong hingegen auf 150 kW (bisher 100 kW). Erst zur vierten Saison erfolgt ein Leistungsschub auf 220 kW Maximalleistung.

Schwierigkeiten

Zwei Saisons lang konnte Einheitsausrüster WAE mit seiner Technologie Erfahrung sammeln. Williams-Technikchef Paul McNamara berichtet auf der Williams-eigenen Webseite, dass die beiden größten Herausforderungen beim Bau der Batterien für die Formel E die Kühlung und die Haltbarkeit waren. Ausschlaggebend für die Performance der Kraftspeicher waren die Natur der Strecken und die Orte, an denen die Formel E ihre Rennen bestritt.

Beispielsweise ist die Wärmeregulierung bei Rennen mit hohen Außentemperaturen ziemlich wichtig. Alle Zellen einer Batterie arbeiten in Reihe, daher muss jede Zelle gut gekühlt und kontrolliert werden, um Leistung zu generieren. Exemplarisch ist hier das zweite Rennen der zweiten Saison in Putrajaya (Malaysia) zu nennen, als Felix da Costa mit dem Aguri-Boliden an zweiter Stelle liegend mehrfach stehen blieb und einen sicher geglaubten Podiumserfolg unverschuldet noch aus der Hand gab.

Die Formel E dient WAE als Testgelände für Hochleistungsbatterien unter harten Wettbewerbsbedienungen. Kühlsysteme, Ladungslaufzeiten und Modulentwürfe konnte der Serienausstatter ausgiebig testen und validieren. "Die Anforderungen durch Vibrationen und Streckenbelastungen auf den unebenen Straßenkursen der Formel E stellten uns vor das größte Problem", gibt McNamara offen zu.

Zudem sorgte das Wärmemanagement für Kopfzerbrechen, da sich Batterien in einem Umfeld wie einer Rennstrecke extrem schnell erhitzen. WAE erzielte dank Erfahrungen aus zwei Saisons einige Fortschritte auf diesem Gebiet. "Ein entscheidender Durchbruch erfolgte mit der Leistungssteigerung zwischen erster und zweiter Saison", sagt McNamara. Mit 25 Prozent mehr Leistung als ursprünglich vorgesehen haben die Energiespeicher auch den Antriebsstrang der Formel E vorangetrieben. "Das war eine schwierige Anforderung, die wir erfolgreich gemeistert haben", sagt McNamara voller Stolz.

Zuverlässigkeit und Haltbarkeit

Für den Williams-Technikchef ist die Zuverlässigkeit der Batterien äußerst wichtig, gerade auf den oft welligen Stadtkursen. Da in jeder Saison neue Kenntnisse gewonnen werden, konnte WAE zahlreiche Features zur Leistungssteigerung und Zuverlässigkeit neu entwerfen. Besonders die Batterieleistung hat es dem Williams-Technikchef angetan. "Die Performance ist diese Saison gut gewesen", so McNamara.

"Wie in der ersten Saison gab es während eines Rennens nur einen Defekt auf der Strecke. Wir konnten die Batterie leichter im optimalen Temperaturfenster halten, da wir maximale Zelltemperaturen setzten und ein Kühlsystem einsetzten, das die Temperaturen nach unseren Vorgaben hielt. Während jeder Rennsession können wir die Batterieleistung und - ganz entscheidend - die Temperatur jeder einzelnen Zelle messen. Damit überwachen wir, wie gut das Wärmemanagement funktioniert", fügt McNamara hinzu.

Die Zellen aus der ersten Saison sind so gut gemanagt, dass sie heute noch bei statischen Speichervorgängen Verwendung finden könnten, wie das britische Unternehmen selbstbewusst sagt. Allerdings sind diese statischen Ladungen in Batterien, die beispielsweise im Laptop oder im Smartphone verbaut werden, nicht geeignet, da sie durch weniger Wärmeregulierung einen kürzeren Lebenszyklus haben.

Ziele für Saison 3

WAE bietet für die neue Saison ein Auffrischungsprogramm des Batteriepakets an. Das Reglement gibt vor, dass der Kraftspeicher die gleiche Leistung bei gleich geschnürten Paket wie in der abgelaufenen Saison offeriert. Die Batterien werden nicht vollständig verändert, doch einige Komponenten wurden zur Steigerung der Haltbarkeit und Zuverlässigkeit neu entworfen. Dabei gilt es für die Teams, das Gesamtgewicht des Autos weiter zu reduzieren. Schließlich müssen alle Teams ab der kommenden Saison acht Kilogramm abspecken. 880 Kilogramm inklusive Fahrer beträgt gemäß Reglement das Gesamtgewicht (bisher 888 Kilogramm) für Saison zwei. Gleichzeitig wird jedoch das Batteriegewicht von 200 auf 230 Kilogramm erhöht. Die Teams müssen also effektiv 38 Kilogramm am Auto einsparen.

Zukünftige Entwicklung

Auf die zukünftige Batteriegeneration der Formel E angesprochen, sagt McNamara, dass sich die Grenzen von Ingenieurskunst und Technologie in der Motorsportszene kontinuierlich verschieben. "Die steigende Popularität von Elektroautos erhöht folglich das Interesse an elektrischem Rennsport und generiert eine neue Generation von Fans, die die Rennen besucht und umgekehrt", so der WAE-Verantwortliche. "Für die elektrischen Straßenautos bedeutet die Meisterschaft wahrlich eine Innovation."

Dabei greift WAE auf die Erfahrung hinsichtlich Flammbarkeit, Kühlung, Crashtests und potenzieller Lecks in der Formel E zurück, die für das künftige Design von Systementwicklungen der Straßenautos verantwortlich zeichnen. "Wir konnten unterschiedliche Aspekte testen und validieren, etwa Sicherheitsvoraussetzungen, die beim Bau von Elektrofahrzeugen in Betracht kommen", so McNamara.

Mit Saison fünf erwartet die Formel E ein weiterer Meilenstein. Dann halten nämlich die Batterien ein ganzes Rennen lang durch, der aktuell notwendige Fahrzeugwechsel gehört dann der Vergangenheit an. "Ein großartiges Beispiel dafür, dass die Formel E als Inkubator für Technologie fungiert", so der Technikchef von WAE.  Ob die Firma dann weiterhin alleiniger Batterieausrüster der Formel E bleibt, steht noch in den Sternen. "Wer auch immer die Ausschreibung gewinnt, muss die verfügbare Energie bei der gleichen Masse verdoppeln", weiß McNamara.

"Wir haben uns bereits damit beschäftigt, welche Änderungen notwendig sind. Es geht um Batterieeinbau, Kühlsystem, Leistungsabgabe und Gewicht", ergänzt er. Als neuer Technologiepartner des britischen Traditionsunternehmens Jaguar, das in Hongkong sein Motorsport-Comeback feiern wird, dürfte WAE der Formel E in jedem Fall über Jahre hinweg erhalten bleiben. Die Vergabe der Batterieentwicklung - dem Herzstücks der Formel E - bleibt aber eine spannende Angelegenheit.

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