Formel E

Hochspannung auch nach dem Rennen: So erlebten die Top 3 die heiße Formel-E-Schlussphase in Shanghai

Timo Pape

Timo Pape

Wehrlein-Evans-Cassidy-Podium-Shanghai-Formula-E

Was für eine spannende Schlussphase in China: Mitch Evans setzte sich in einem harten Duell gegen Pascal Wehrlein durch und holte beim Shanghai E-Prix seinen zwölften Formel-E-Sieg. Nick Cassidy feierte als Dritter den nächsten Podiumserfolg. Nach Rennschluss machten sich bei den Top 3 trotzdem vor allem negative Schwingungen breit, was verschiedene Gründe hatte: Evans erwartete eine Strafe gegen Wehrlein, Cassidy eine Teamorder.

Für die Fans war es ein spannendes Spektakel, für die Piloten das übliche Gemetzel. Mit zahlreichen Kontakten versuchten die Topfahrer in den letzten Runden, sich an die Spitze zu setzen. Zunächst kämpfte sich Wehrlein mit einem beherzten Manöver neben Evans und kürzte dabei über das Gras ab - wohl auch, weil er im letzten Moment einen Schlag von Evans bekam, der neben ihm durch die enge Schikane fuhr. Evans hatte beim Kontakt allerdings noch leicht die Nase vorn. Wehrlein war nach Rennschluss "under investigation" wegen der Aktion, wurde aber nicht nachträglich bestraft.

In der letzten Runde konterte Evans jedoch in Kurve 1, als er auf der Außenbahn der langgezogenen "Schneckenkurve" an Wehrlein vorbeifuhr. Auf den letzten Kilometern verteidigte sich der Jaguar-Pilot beherzt und brachte den Sieg am Samstag ins Ziel. Noch ein weiterer Erfolg, und Evans zieht bei den Rennsiegen mit den Spitzenreitern Jean-Eric Vergne und Sebastien Buemi gleich (jeweils 13).

Evans "überrascht", dass Wehrlein nicht bestraft wurde

"Ich bin super glücklich, aber es war kein einfaches Rennen", sagte Evans kurz nach Rennschluss im TV-Weltsignal der Formel E. "Ich denke, ich bin durchaus zum richtigen Zeitpunkt in Führung gegangen, aber Pascal hat mich in Kurve 8 ein bisschen angestoßen und es auch später noch mal versucht. Ich hatte einen guten Energievorteil und habe gehofft, dass das Rennen für mich laufen würde - das tat es."

"Ich bin überrascht, dass er nichts (keine Strafe) bekommen hat, als er die Strecke verlassen hat, um mich zu überholen", kommentiert Evans das eingangs erwähnte Manöver des Deutschen. Jaguar-Teamchef James Barclay meint: "Ich möchte eigentlich nichts dazu sagen, weil wir das Racing gegen Porsche wirklich genießen." Jaguar hätte in jedem Fall akzeptiert, was die Rennkommissare entscheiden.

Wehrlein: "Mitch hat mich aufs Gras gezwungen"

Wehrlein selbst erklärt: "Es war ein harter Kampf mit den beiden Jaguar in der letzten Runde. Als ich versucht habe, Mitch zu überholen, hat er mich gezwungen, aufs Gras zu fahren. Aus meiner Sicht war das ein bisschen zu viel. Mitch hat dann ganz klar versucht, mich einzubremsen, damit Nick mich überholen kann. Es gab ein paar Berührungen, aber so ist es eben. Ich denke, es war hart, aber fair."

Den Sieg hat Porsche aus Sicht von Wehrlein nur durch einen kleinen taktischen Fehler verloren: "Wir sind wohl ein bisschen zu früh in Führung gegangen und zu lang dort geblieben. So konnten Evans und ein paar andere einen kleinen Energievorteil aufbauen. In der Vergangenheit waren wir manchmal etwas zu konservativ, heute vielleicht ein bisschen zu aggressiv. Ich musste in der letzten Runde früh vom Strompedal gehen, darum konnte mich Mitch in Kurve 1 überholen."

Cassidy eingebremst - verschenkte Jaguar möglichen Doppelsieg?

Der zweite Jaguar-Fahrer, Nick Cassidy, war nach dem Rennen sichtlich unglücklich - trotz seines bereits fünften Podiums in Folge! Der Neuseeländer hatte wie schon bei seinem Berlin-Sieg in der ersten Rennhälfte viel Energie gespart. In der richtigen Phase arbeitete er sich dann nach vorn und war in den letzten Runden mitten im Kampf um den Sieg.

Immer wieder funkte er seinen Renningenieur an, ob er Teamkollege Evans - zu dem Zeitpunkt vor ihm - überholen dürfe. Schließlich hatte er noch klar mehr Energie im Akku und hätte damit auch Wehrlein attackieren können. "Sprecht bitte mit mir", forderte er immer wieder verzweifelt am Funk. Die Freigabe von Jaguar kam aber nicht. So wurde Cassidy nach einem erneut bärenstarken Rennen letztlich Dritter, doch es wäre wohl mehr für ihn drin gewesen.

"Ich hatte auf jeden Fall die Energie, um hier zu gewinnen", gab er sich nach dem Rennen äußerst schmallippig. Auf die Frage, ob er enttäuscht sei, antwortete Cassidy: "Es war nicht meine Entscheidung, von daher ist alles okay. Es war ein tolles Rennen heute und ein gutes Ergebnis für Jaguar mit den Plätzen 1 und 3." Seine Mimik erzählte jedoch eine andere Geschichte.

Hat Jaguar einen taktischen Fehler gemacht, Cassidy nicht frühzeitig auf Wehrlein loszulassen? Womöglich wäre dann ein Doppelsieg für die "Raubkatze" drin gewesen. Wie dem auch sei: Jaguar hat seinen Vorsprung in der Team-WM deutlich ausgebaut, Cassidy liegt weiter in Führung, und Evans meldete sich durch seinen Sieg im Titelkampf zurück. Luxusprobleme für den Luxuswagen-Hersteller also. Wenn die verschenkten Cassidy-Punkte am Ende nur mal nicht den Unterschied in der Fahrer-WM machen werden…

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