Formel E

HWA-Teamchef Fritz im Exklusiv-Interview: "Ein Fahrer hat mehr als überzeugt"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Das Starterfeld der fünften Formel-E-Saison nimmt allmählich Form an, nachdem am Montag mit HWA und NIO gleich zwei Teams ihr Auto und zum Teil ihre Fahrer vorgestellt haben. Beim Team-Launch von HWA in Affalterbach hat sich 'e-Formel.de' exklusiv mit HWA-Teamchef Ulrich Fritz unterhalten und gefragt, was die Beweggründe für den Formel-E-Einstieg waren, was er von Saison 5 erwartet und was hinter dem Design des Fahrzeuges steckt, das im Netz auch ob seiner Ähnlichkeit zum I-Type 3 von Jaguar kontrovers diskutiert wird.

Warum steigt HWA in die Formel E ein? Was lockt Sie an diese Serie?

Ich glaube, es ist einfach ein neues, spannendes Betätigungsfeld und eine völlige neue Art von Motorsport, die natürlich irgendwie auch in die Zeit passt. Elektromobilität ist das Thema, das uns alle gerade beschäftigt in der Automobilindustrie. Und auch das Eventformat, in den Metropolen dieser Welt zu fahren, zu den Fans zu kommen, ist ein spannendes Konzept. Abgesehen davon ist es auch technisch und operativ ein spannendes Thema. Daher freuen wir uns auf die Challenge.

Wie ist der aktuelle Stand der Vorbereitung, und wie bereiten Sie sich auf die Testfahrten und den Saisonauftakt in Diriyya vor?

Das ist sicherlich eine Challenge, weil die ganzen Teile auch nicht gerade frühzeitig bei uns ankamen. Parallel ist es natürlich so, dass wir ein wichtiges Wochenende in der DTM vor uns haben und uns darauf fokussieren wollen. Daher ist die Vorbereitung ein Kompromiss, aber ich glaube, bis jetzt läuft es ganz ordentlich. Ich hoffe, dass wir mit zwei gut vorbereiteten und funktionsfähigen Autos am nächsten Dienstag in Valencia aus der Boxengasse rollen.

Die kommende Saison ist ja nur ein Übergangsjahr als Kundenteam von Venturi. Die sechste Saison mit dem Einstieg von Mercedes wirft schon ihre Schatten voraus. Was erwartet HWA von der kommenden Saison als Vorbereitung auf das Mercedes-Werksteam?

Ich glaube, man muss realistisch sein, was das sportliche Resultat angeht. Unsere Erwartungshaltung ist so, dass wir das Jahr optimal nutzen und sehr viel lernen. Wir wollen die komplette Formel und die Mechanismen dahinter verstehen. Das ist für uns wichtig, und dass wir möglichst viele Erkenntnisse für die Zukunft sammeln, wenn wir (Mercedes) dann mit unserem eigenen Produkt unterwegs sind. Aber auf der sportlichen Seite muss man realistisch sein. Wir sind alle Racer genug und wir werden alles dafür geben, um möglichst gut abzuschneiden. Aber man muss einfach auch anerkennen, dass es andere Teams gibt, die schon seit vier oder fünf Jahren dieser Betätigung nachgehen und das Metier einfach viel, viel besser kennen. Das muss man respektieren und ein bisschen demütig an diese Thematik herangehen. Wie werden alles dafür geben, um möglichst gute Resultate einzufahren - aber realistisch ist es eher nicht, dass wir um den Titel fahren.

Inwieweit hilft es bei den Vorbereitungen, dass bereits seit einem Jahr eine technische Kooperation mit Venturi besteht und Ingenieure von euch bereits bei Venturi mitgearbeitet haben?

Wir haben uns ja einen Masterplan zurechtgelegt und uns gesagt, wo wir in Saison 6 sein wollen. Und da war ganz klar, mit Mercedes als Hersteller unterwegs zu sein und dort um die Meisterschaft zu kämpfen. Und das ist nur möglich, wenn man sich ordentlich darauf vorbereitet. Wir haben hier zwei verschiedene Schritte gewählt. Der erste Schritt ist, am Anfang operativ und technisch mit Venturi zusammenzuarbeiten. Da hat Venturi sicher viel von uns profitiert und auch andersherum. Der zweite Schritt ist, nun als Kundenteam von Venturi unterwegs zu sein. Auch da gibt es noch einen engen technischen Austausch. Aber wir entwickeln parallel auch das Auto für Saison 6, mit dem wir idealerweise vom ersten Rennen an wettbewerbsfähig sein wollen. Kann man das garantieren? Nein, aber man kann auf jeden Fall alles dafür tun, was notwendig ist, um dann guten Gewissens in das erste Rennen der Saison 6 zu starten, siegfähig zu sein und um den Titel zu kämpfen.

Waren HWA-Ingenieure in der Entwicklung des Venturi-Antriebs von ZF beteiligt?

Wir waren schon in der Entwicklung des Antriebs für Saison 4 stark involviert. Weder Friedrichshafen noch Schweinfurt sind weit weg von Affalterbach. Wir haben eine sehr enge und gute Zusammenarbeit mit ZF in verschiedenen Projekten, daher haben wir die Entwicklung sicherlich unterstützt. Führend waren hier aber Venturi und ZF.

Mit Franco Chiocchetti haben Sie einen Ingenieur mit viel Formel-E-Erfahrung verpflichtet. Welche Rolle nimmt er im Team ein?

Franco kam Anfang des Jahres zu uns und hat seitdem die Vorbereitung von HWA auf diese neue Challenge geleitet. Man darf sich das nicht so einfach vorstellen, weil hinter den Kulissen viel dazu gehört, was man gar nicht sieht. Man muss die Räumlichkeiten entsprechend ausstatten, die Logistik vorbereiten, das Personal schulen, weil mit Hochvolt gearbeitet wird. All diese Themen und natürlich die technische Thematik hat er geleitet. Er wird maßgeblich den operativen Einsatz in der Formel E leiten, und dabei hilft seine Persönlichkeit und die Erfahrung, die er in der Vergangenheit gesammelt hat.

Kommen wir zum Fahrzeug. Warum haben Sie sich für diese Farbgebung entschieden?

Grundsätzlich ist der Gedanke, dass wir Anfang des Jahres eine neue CI (Corporate Identity) gelauncht haben. Sowohl was die Farbgebung als auch das Logo angeht. Das haben wir auf die Formel-E-Fahrzeuge übertragen. Es ist ja das erste Mal, dass wir unter dem Namen HWA starten, bislang lief das ja immer unter Mercedes, Mercedes-Benz, AMG-Mercedes oder Mercedes AMG. Daher hatten wir nun das erste Mal die Möglichkeit, das so auszuleben. Dies haben wir mit der neuen CI probiert. Wir haben parallel auch geschaut, mit welchem Design die Wettbewerber unterwegs sind und uns ist aufgefallen, dass wir relativ wenige dunkle Autos in der Startaufstellung haben. Daher ist die Wahl auf diese Farbgebung gefallen.

Es fällt auf, dass Stand heute noch sehr wenige Sponsorenaufkleber auf dem Auto sind. Können wir erwarten, dass sich hier noch etwas tun wird?

Ich hoffe es und glaube daran.

Heute wurde mit Gary Paffett ja nur ein Fahrer vorgestellt, der zweite Fahrer soll aber bereits feststehen. Nach welchen Kriterien wurde er ausgesucht?

Grundsätzlich ist wichtig, dass er uns beim Testen überzeugt, und das hat derjenige getan. Er hat uns dabei positiv überrascht und mehr als überzeugt. Daher ist er die richtige Wahl.

Es gab ja mehrere Piloten, die infrage kamen und getestet haben, unter anderem Pascal Wehrlein. Wie viele waren in der engeren Wahl?

Ich glaube, wir haben acht Fahrer testen lassen und am Ende gab es drei, von denen wir gesagt haben, dass es passen könnte. Aber da du Pascal angesprochen hast - es spielt nicht nur das Fahrerische eine Rolle, sondern auch, ob es zusammenpasst und das Timing auch so funktioniert, dass man einen gemeinsamen Weg findet. Und das war bei Pascal nicht so.

Es gibt ja nicht viele Testfahrten in der Formel E, heute findet vieles im Simulator statt. Hat HWA einen eigenen Simulator und wie ist dieser ausgelastet?

Wir haben hier einen eigenen Simulator, der aktuell von der DTM auf die Formel E umgerüstet wird. Die Umrüstung ist noch nicht ganz abgeschlossen, die Softwaremodelle sind aber schon fahrfähig. Das Monocoque für den Simulator muss noch umgestellt werden. Ein Simulator ist das A und O, denn am Schluss werden wir diesen im Zweifel 24/7 laufen lassen.

Foto: Daimler

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