Formel E

30.000 Euro Geldstrafe: Techeetah entgeht nur knapp Disqualifikation!

Timo Pape

Timo Pape

Das chinesische Formel-E-Team Techeetah ist nach seinem glorreichen und historischen Doppelsieg beim Santiago E-Prix am Samstag nur knapp einer Disqualifikation entgangen. Das Renault-Kundenteam hatte vor dem Rennen unzulässige Modifikationen am neuen Gurtsystem vorgenommen, ohne den Technischen Delegierten der Formel E darüber zu informieren. Nach langen Diskussionen hinter verschlossener Tür kam Techeetah glimpflich mit einer Geldstrafe von zweimal 15.000 Euro davon. Gleiche Strafe ereilte Jerome d'Ambrosio, dessen Team Dragon Racing für das gleiche Vergehen ebenfalls mit 15.000 Euro zur Kasse gebeten wird.

Durch die Abschaffung der Mindeststandzeit beim Fahrzeugwechsel wurde in Santiago ein neues Anschnallsystem eingeführt (zunächst an 20 der insgesamt 40 Elektrorennwagen), das die Sicherheit nach dem Boxenstopp gewährleisten soll. Ein Sensor an den oberen Gurten bestätigt dabei, dass der Fahrer richtig angeschnallt ist. Offenbar haben manche Teams bereits Wege gefunden, um die Standzeit trotzdem so kurz wie möglich zu halten. So schafften Rennsieger Jean-Eric Vergne und der Zweitplatzierte Andre Lotterer beim Autowechsel die schnellste beziehungsweise drittschnellste Zeit.

Nach dem Urteil zur "Gurt-Affäre" sieht sich der Veranstalter einer gewissen Kritik ausgesetzt. Denn dass Techeetah bei einem Vergehen, das womöglich sogar einen Zeitvorteil gebracht haben könnte, mit einer Geldstrafe davonkommt, lässt nicht nur Fans und Medien erstaunt zurück. "Lasst uns doch einfach alle unser Equipment modifizieren und dafür nur ein Bußgeld bezahlen", twitterte Virgin-Fahrer Sam Bird, der im Rennen Fünfter wurde und bekanntlich mit Vergne um den Titel kämpft. Inzwischen hat der Brite seinen Post wieder gelöscht.

Daniel Abt meldete sich am Sonntagnachmittag ebenfalls über Twitter zu Wort: "Gut für den Sport und die richtige Entscheidung. Aber wenn du ohne einen Performance-Vorteil wegen einer falschen Nummer disqualifiziert wirst, verstehe ich nicht, wie man nur eine Geldstrafe bekommen kann, wenn man eine Sicherheitskomponente modifiziert und sich dadurch einen Vorteil verschafft. Das ist nicht fair, da wird nicht mit gleichem Maß gemessen..."

Techeetah-Teamchef Mark Preston verweist auf eine "Grauzone" im Reglement und verteidigt die Entscheidung: "Das ist keine Modifikation, die die Sicherheit beeinträchtigt. Wir wollten nur sicherstellen, dass die Gurte schnell geschlossen werden können - es hatte allein praktische Gründe", so der Brite gegenüber 'Autosport'. Die schnellen Boxenstopps seiner Piloten kommentiert er wie folgt: "Wir haben zwei LMP1-Fahrer, die in der Welt der schnellen Boxenstopps sehr erfahren sind."

"Es war keine einfache Diskussion für alle Beteiligten", berichtet Preston und räumt ein: "Wir müssen uns einfach darauf verständigen, was erlaubt ist, und was nicht." Genau dies will die Formel E bis zum nächsten E-Prix in Mexiko-Stadt am 3. März klarstellen.

Kommentar von Timo Pape

Die Formel E muss aufpassen, dass sie sich bei den Fans nicht allmählich unglaubwürdig macht mit ihrem manchmal fragwürdigen Strafmaß. Der erste Gedanke, der mir kam: Warum wird Audi in Hongkong für einen Formfehler disqualifiziert, der keinerlei Einfluss auf die Performance gehabt hat, und Techeetah kommt bei einer gefühlt größeren Sache mit einem blauen Auge davon? Das scheint auf den ersten Blick nicht fair und ist für die Fans nur schwer zu begreifen - das spiegelt sich auch in den Kommentaren auf unseren Social-Media-Kanälen wider.

Gleichzeitig klingt es aber so, als habe es sich tatsächlich um eine Grauzone im Reglement gehandelt. Das war bei Audis Strichcode-Affäre nicht der Fall. Schlupflöcher im Reglement zu finden, ist im Motorsport seit jeher ein Schlüssel zum Erfolg gewesen. Man denke nur an BrawnGP im Jahr 2009. Den Teams Techeetah und Dragon würde ich deshalb keinen Vorwurf machen. Hoch gepokert und gewonnen. Stattdessen muss die Formel E aus diesem Fehler lernen und bei künftigen Regelanpassungen klarere Formulierungen finden. Trotzdem bleibt nach Santiago die Frage offen: Wenn die Modifikation nicht explizit verboten war, warum dann überhaupt eine Strafe? Es riecht mit Blick auf die öffentliche Meinung nach Konzessionsentscheidung...

Die Highlights des Santiago E-Prix

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