Jaguar-Teamchef Barclay: "Spitzenergebnisse erst im nächsten Jahr"
Timo Pape
Das Formel-E-Team Jaguar ist in den beiden ersten Rennen noch nicht so richtig in die Gänge gekommen. Bisher blieb der erwartete Knalleffekt der "Raubkatze" aus. Sowohl in Hongkong als auch in Marrakesch konnten die beiden Jaguar-Piloten Adam Carroll und Mitch Evans die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Der britische Automobilhersteller ist aktuell das einzige Formel-E-Team, das noch keine Meisterschaftspunkte auf dem Konto stehen hat.
Jaguar stieg nach zwölfjähriger Motorsportabstinenz erst zu Saisonbeginn als eigenes Werksteam und Konstrukteur in die Elektrorennserie ein und wurde zuvor mit ordentlich Vorschusslorbeeren übersät. Gemeinsam mit Technologiepartner Williams Advanced Engineering (WAE), der noch bis Saison 2017/18 als alleiniger Batterieausrüster der Serie verantwortlich zeichnet, wollte Jaguar den etablierten Formel-E-Teams das Fürchten lehren. e.dams-Teammanager Alain Prost und Techeetah-Teamchef Mark Preston befürchteten gar einen Wettbewerbsvorteil der Briten durch ihren Link zu WAE. Von einer Verschiebung der Kräfte in der Formel E war die Rede. Weit gefehlt.
Platz zwölf von Carroll beim Auftaktrennen in Hongkong war bisher das beste Ergebnis des Formel-E-Neulings. Jaguars Teamchef James Barclay gibt gegenüber 'Autosport' offen zu, dass die fehlende Erfahrung im Rennablauf mit WAE verantwortlich für den bisherigen Misserfolg sei. "Es ist ein langsamer Lernprozess", so Barclay. In der Fahrermeisterschaft belegen beide Jaguar-Piloten die letzten Plätze, von der Konkurrenz leistet nur der Chinese Ma Qing Hua vom Techeetah-Team, der bisher ebenfalls punktelos blieb, dem Jaguar-Duo Gesellschaft. In der Teamwertung ist Jaguar folgerichtig ebenso Schlußlicht.
Die Gründe für den ausbleibenden Erfolg? Zunächst benötigt die Eigenentwicklung des Antriebsstrangs für die kommende Saison ungemein viel Zeit und Aufwand, die das Team aktuell viele Ressourcen kostet. Dennoch blickt Barclay zuversichtlich nach vorne. Für ihn gibt es noch genug Spielraum, an das Mittelfeld der Formel E aufzuschließen. "Es wird Rennen geben, wo wir Ausrufezeichen setzen können", sagt er. "Das hilft uns möglichweise, uns selbst zu übertreffen. Nächstes Jahr besitzen wir eigene Erfahrung, und ein weiteres Jahr in der Antriebsentwicklung wird uns in eine bessere Position bringen", ergänzt der Jaguar-Verantwortliche.
Fahrer müssen liefern
Zuvor gilt es aber, sich mit dem Jaguar I-Type 1 in der Formel E zu etablieren. "Mit dem aktuellen Auto können wir noch ganz starke Ergebnisse erzielen", prophezeit Barclay. Für beide Piloten lautet die Devise: schneller fahren. "Die Fahrer müssen lernen, mit diesem Auto umzugehen. Die Sessions am Renntag gehören auf alle Fälle verbessert, und wir müssen die Strategien ebenfalls optimieren", nimmt der Jaguar-Teamchef Carroll und Evans in die Pflicht. Dennoch darf man mit den Jaguar-Piloten noch nicht so hart ins Gericht gehen.
Der Neuseeländer Evans ist gerade erst 22 Jahre jung, verdiente seine Sporen bisher in der GP2-Juniorenserie, wo er mehr als vier Jahre unterwegs war. Kürzlich hat der "Kiwi" seinen Rückzug aus der Nachwuchsserie via Facebook verkündet, um sich voll und ganz auf die Formel E zu konzentrieren. Evans gehört die Zukunft beim britischen Rennstall, sofern er Leistung bringt. Dagegen ist Teamkollege Carroll bereits 34 Jahre alt, hat aber wie Evans keinerlei Erfahrung in der Formel E. In der abgelaufenen Saison stand Carroll jeweils kurz vor Kurzeinsätzen bei Mahindra (für Nick Heidfeld), ABT (für Daniel Abt) und Aguri (für Antonio Felix da Costa), letztendlich blieb dem Nordiren ein Premiereneinsatz aber verwehrt.
Schwäche: Qualifying
Die Schwäche hat Barclay schon ausgemacht. Das Qualifying ist der Pferdefuß der "Raubkatze". "Für uns geht es hauptsächlich darum, im Qualifying das Optimum herauszuholen", so Barclay. "Es gilt, diese eine Runde in dem Zeitfenster hinzubekommen", ergänzt der Jaguar-Chef.
Der Traditionsrennstall früherer Jahre hechelt der Konkurrenz im Kampf um Top-10-Plätze momentan hinterher. Zwar gibt es im Rennen selbst Fortschritte, doch für Punkte war der Abstand zur Konkurrenz bisher zu groß. 13 Sekunden in Hongkong und 16 Sekunden zuletzt in Marrakesch fehlten der Jaguar-Truppe, um Zählbares mitzunehmen. "Unsere Rennpace gehört verbessert, keine Frage. Ich habe das absolute Vertrauen in unser Personal. Wir können es schaffen", schwört Barclay sein Team auf die nächsten Aufgaben ein.
Nichtsdestotrotz geht er davon aus, dass erst zur nächsten Saison der große Wurf gelingt. "Zweifellos werden wir die Spitzenergebnisse erst im kommenden Jahr erleben. Aber als Team wollen wir diese Saison weiter Gas geben und noch für die eine oder andere Überraschung sorgen, wenn die Gelegenheit da ist", hofft Barclay. Das Jaguar-Team wünscht sich, auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Mit voller Wucht gehen die Briten das elektrische Motorsportabenteuer an. "Wenn wir zufrieden wären, wo wir augenblicklich stehen, würde etwas nicht stimmen. Als Team werden wir Fortschritte machen. Wie es immer so ist, soll es halt schneller gehen als erhofft", dämpft der Teamdirektor Barclay die große Erwartungshaltung.
Foto: Jaguar
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