Jerome d'Ambrosio stolz auf eigene Fahrerkarriere und "hungrig auf Erfolg" als Formel-E-Teamchef
Timo Pape
Jerome d'Ambrosio zählt du den erfahrensten Formel-E-Piloten der Geschichte. 69 Rennen hat der ehemalige Formel-1-Fahrer innerhalb der ersten sechs Jahre absolviert - nur sechs Konkurrenten haben heute mehr. Auch in der ewigen Punkteliste rangiert er noch immer in den Top 10. Inzwischen ist d'Ambrosio Teamchef von Venturi und leitet die Geschicke des Rennstalls aus Monaco. Auf seine Vergangenheit auf der Strecke blickt er mit Stolz zurück, doch der Zeitpunkt für das Karriereende sei der richtige gewesen.
Seine letzten Formel-E-Rennen absolvierte der Belgier im August 2020 beim "Sixpack" von Berlin. Das sechste Meisterschaftsjahr schloss d'Ambrosio mit mageren 19 Punkten auf Gesamtrang 16 ab. Seine größten Erfolge in der Formel E - Gesamtrang 4 in Saison 1 und drei E-Prix-Siege, zuletzt in Saison 5 - lagen zu diesem Zeitpunkt bereits einige Zeit zurück.
"Ich wollte nicht in die Falle tappen, an einer Sache nur festzuhalten, weil sie das Einzige ist, was man sein ganzes Leben lang gekannt hat, und was der eigenen Komfortzone entspricht", erklärt der inzwischen 36-Jährige gegenüber 'FIAFormulaE.com'.
"Ich habe mir immer gesagt, dass ich nicht mit einem Tiefpunkt in den Ruhestand gehen wollte, also nicht mehr in der Lage sein würde, um Siege und Podiumsplätze zu kämpfen und mit der gleichen Motivation wie früher zu fahren. Ich wollte nicht, dass mich dies definiert und meine Zukunft bestimmt."
"Kam zum Schluss, dass der Höhepunkt meiner Fahrerkarriere hinter mir lag"
So nahm er sich nach dem Saisonfinale 2020 eine Denkpause. "Nach Tempelhof habe ich meine Möglichkeiten ausgelotet, ob und wie ich weitermachen könnte. Ich nahm mir drei bis vier Wochen Zeit, um in den Bergen und auf dem Land völlig abzuschalten - meine erste Auszeit nach einer Saison überhaupt. Ich hatte die Möglichkeit weiterzufahren - auch in der Formel E -, aber das hat mich aus sportlicher Sicht nicht gereizt. Ich kam zum Schluss, dass der Höhepunkt meiner Fahrerkarriere hinter mir lag."
So hing d'Ambrosio seinen Helm "an den Nagel" und wechselte ins Teammanagement von Venturi, wo er zunächst als Vizeteamchef an der Seite von Susie Wolff lernte und handelte. "Wir haben uns zwei Wochen lang mit dieser Aufgabe beschäftigt und sind uns ganz natürlich einig geworden. Ich musste nicht zweimal darüber nachdenken.", erinnert er sich.
Rennfahrer zu sein, helfe ihm bei seiner neuen Aufgabe. Es gehe allerdings längst nicht nur um das Sportliche innerhalb des Teams. "Es geht auch um die Beziehungen zur Meisterschaft, zu den Dachverbänden und zur kommerziellen und finanziellen Seite eines Rennteams - das ist alles sehr umfassend", erklärt der Routinier.
Von Anfang an der Formel E verschrieben
Wichtig war d'Ambrosio dabei, weiterhin im Umfeld der Formel E zu agieren. "Ich glaube an die Kernwerte der Formel E. Ich habe mich von Anfang an der Formel E verschrieben und an das geglaubt, was sie aufzubauen versuchen. Sie hat viele Aspekte, die damals ihrer Zeit voraus waren, aber ihr von Anfang an eine echte Relevanz verliehen haben", erklärt er.
"Ich sah sie damals als eine Meisterschaft der Zukunft, und das hat sich mit der Entwicklung seither auch bestätigt. Damals hatte ich das Gefühl, dass es sich um ein Start-up handelt, und man konnte die Aufregung spüren", so d'Ambrosio weiter.
"Andere Fahrer, die zu dieser Zeit kamen, fuhren in anderen Serien. Ich war wahrscheinlich der Einzige, der sich voll und ganz der Formel E verschrieben hatte und nichts anderes fuhr", blickt er zurück und betont auch in diesem Zusammenhang einmal mehr die Entwicklung der Elektroserie: "So viele Fahrer wollen jetzt in die Formel E einsteigen - die Konkurrenz ist unglaublich groß."
Erklärtes Ziel Meistertitel dann eben als Teamchef
Nach einer Saison an der Seite von Susie Wolff stiegen beide vor der aktuellen Saison 2022 auf. D'Ambrosio ist nun Teamchef und hauptverantwortlich für den Erfolg der Monegassen. Sportlich läuft es bisher hervorragend: Das Mercedes-Kundenteam Venturi und Edo Mortara führen nach drei Rennen beide Weltmeisterschaften an. D'Ambrosio ist in seiner neuen Rolle angekommen. Trotzdem blickt er sehr positiv auf seine aktive Zeit im Motorsport zurück.
"Ich bin stolz auf meine Karriere als Fahrer und sehr dankbar - ich hatte so viel Spaß. Ich fühle mich sehr privilegiert, in der Formel 1 und der Formel E gefahren zu sein, dort sogar vom ersten Rennen an. Ich habe Rennen gewonnen, und das letzte - in Marrakesch - war unglaublich. Ich hätte gern eine Meisterschaft gewonnen, bin aber sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe und wo ich angekommen bin."
Der Übergang sei ihm nicht schwergefallen: "Ich habe mich gefragt, wie ich mich fühlen würde, wenn ich den Autos zusehe und nicht fahre, aber ich vermisse es nicht. Ich bin immer noch sehr wettbewerbsorientiert und hungrig auf Erfolg. Ich werde weiter hart arbeiten, um das (den Formel-E-Titel) eines Tages in einer anderen Rolle zu erreichen."
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