Formel E

Kommentar: Wie die Formel E ihr "Überhol-Problem" in den Griff bekommen könnte

Timo Pape

Timo Pape

Formula-E-Cars-from-Behind-Diriyah-2024

Die ersten drei Rennen der Formel-E-Saison 2024 liegen hinter uns. Unter dem Strich konnten sie den Unterhaltungswert, den die Elektroserie sonst hervorbringt, nicht bieten. Ein Grund dafür waren die von der FIA kalkulierten Rennlängen, die einen entscheidenden Einfluss auf das Energiemanagement und damit auf die Anzahl der Überholvorgänge haben. Doch kann es die Formel E überhaupt richtig machen? Ein Kommentar.

Es ist ein schmaler Grat in der Formel E: Nach den Rennen in Mexiko und Saudi-Arabien meckerten viele Fans und Medien, dass es zu wenige Überholmanöver gegeben habe. Andererseits wird das Geschrei Mitte März womöglich wieder groß sein, wenn sich Fahrer beim Sao Paulo E-Prix gegenseitig vorbeiwinken.

Das Zünglein an der Waage ist in beiden Fällen die verfügbare Energiemenge in der Batterie: Steht ausreichend Energie zur Verfügung, können die Fahrer Vollstrom geben und fahren schnellere Rundenzeiten. Die Konsequenz sind allerdings weniger Überholvorgänge, weil die Piloten sehr spät bremsen können und weniger "liften" müssen.

Beim Diriyah E-Prix 2023 hatte die Formel E noch 39 bzw. 40 Runden absolviert - mit einer nutzbaren Energiemenge von 40 kWh. Dieses Jahr ging die FIA, die diese Parameter stets ein paar Tage vor dem Rennwochenende festlegt, deutlich konservativer vor. Den Fahrern standen nur 38,5 kWh zur Verfügung, während die Rennen gleichzeitig nur 37 und 36 Runden lang sein sollten. Gut möglich, dass sich die FIA die Kritik bei einigen Rennen 2023 zu Herzen genommen hat und "unechte" Überholmanöver unbedingt vermeiden wollte.

Schmutzige Strecke wirft Planungen durcheinander

Der Riyadh Street Circuit dürfte die FIA jedoch kalt erwischt haben, denn das Grip-Niveau und damit verbunden der Energieverbrauch waren in diesem Jahr deutlich geringer als noch 2023. Das war bereits im 1. Freien Training zu erkennen, als die Bestzeiten rund fünf Sekunden langsamer waren als im Vorjahr (obwohl sie eigentlich hätten schneller sein sollen).

Hauptgrund waren wohl die zahlreichen Baustellen in unmittelbarer Nähe der Strecke, die gemeinhin viel Staub aufwirbeln, der durch den Wind transportiert wird. Durch den schmutzigen Asphalt brachten die Fahrer weniger Energie auf die Straße und mussten weniger entsprechend weniger rekuperieren, sodass es kaum Überholmanöver gab.

Statt zu reagieren, beließ die FIA die Rennlänge für das zweite Rennen bei 36 Runden - also noch einen Umlauf weniger. Nick Cassidy schüttelte während der Pressekonferenz nach dem Freitagslauf ungläubig den Kopf, als er davon hörte. So kam es, wie es kommen musste: Auch am Samstag gab es kaum Positionswechsel, die nicht durch Attack-Mode-Aktivierungen bedingt waren. Das war definitiv zu wenig Spektakel.

Mehr Flexibilität bei der Rennlänge möglich?

Zugegeben, es ist nicht einfach, den schmalen Grat zwischen zu viel und zu wenig Energiesparen zu treffen. Vor allem nicht, wenn sich die Strecke überraschend gänzlich anders präsentiert als in den Simulationen zuvor. Mit diesem Problem hatten in Diriyah auch sämtliche Teams zu kämpfen. Aber hätten FIA und Formel E nicht wenigstens nach dem Freitagsrennen reagieren können, indem sie die Energiemenge erhöhen oder das Rennen verlängern?

Womöglich war eine kurzfristige Anpassung nicht möglich, weil sich alle Teams mit den ursprünglichen Daten vorbereitet hatten und sonst protestiert hätten. Unter dem Strich sollte aber das Gesamtprodukt für die Zuschauer:innen stimmen. Aus diesem Grund wäre etwas mehr Flexibilität bei der Bestimmung der Rennlänge wünschenswert. Und der Faktor Überraschung hat im Motorsport bekanntlich noch nie geschadet…

Wir sind gespannt, wie die FIA vor dem Sao Paulo E-Prix vorgeht, wo das sogenannte Peloton-Racing seinen Anfang nahm. Würde die Rennlänge verkürzt, müssten die Fahrer weniger Energie sparen. Der Windschatten des Vordermannes würde also keinen so großen Vorteil bringen wie 2023. Gleichzeitig lechzen die Fans nach mehr Überholmanövern als in den ersten drei Saisonläufen.

Zumindest hinsichtlich der Grip-Bedingungen sollte die Strecke in Sao Paulo besser planbar sein als das Wüstenrennen in Diriyah. Wir hoffen auf den perfekten Energie-Kompromiss.

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2 Kommentare

Ute ·

Ist es möglich, dass die FIA bereit mit den Zwischenladungen der Fahrer gerechnet hat und deshalb den Streckenverlauf so plant?

Timo ·

Ich denke nicht. Die Ladestopps sollen ja frühestens in Misano kommen...

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