Formel E

Kompakter & schneller: FIA veröffentlicht Gen3-Spezifikationen für künftiges Formel-E-Auto

Timo Pape

Timo Pape

Die FIA hat die jeweiligen Entwickler-Ausschreibungen für das künftige Gen3-Auto der Formel E veröffentlicht, auf die sich ab sofort verschiedene Einheitshersteller bewerben dürfen. Der Elektrorennwagen, der ab der neunten Saison (Ende 2022) zum Einsatz kommen wird, soll leichter, kleiner und schneller werden.

In Sachen Leistung ruderte die FIA allerdings wieder etwas zurück. Nach berichteten Diskussionen über 450 oder gar 600 kW Leistung verständigte sich der Automobil-Weltverband mit der Formel E letztlich auf maximal 350 kW im Qualifying-Modus sowie im Attack-Mode (der beibehalten werden soll) und FANBOOST. Umgerechnet entspräche das 476 PS - eine Steigerung von 40 Prozent verglichen mit dem aktuellen Gen2-Auto (250 kW/340 PS). Der Rennmodus würde 300 kW (408 PS) Leistung bereitstellen. Dies ist jedoch nur Szenario A, denn alle Bewerber müssen Lösungen für zwei Szenarios bereitstellen.

Szenario B wäre in jeder Hinsicht die vorsichtige Herangehensweise. Die Leistung würde im Vergleich mit dem aktuellen Gen2-Auto nur um 50 kW ansteigen und demnach 300 kW im Quali-Modus beziehungsweise 250 kW im Rennmodus betragen.

Ein neuer zweiter Elektromotor an der Vorderachse, der in jedem Fall kommen wird, trägt zu dieser Leistung nicht bei. Er dient lediglich der Rekuperation, sodass die neuen Gen3-Autos deutlich mehr Energie beim Bremsen zurückgewinnen werden können. In Szenario A wären es 350 kW über die Hinter- und 250 kW über die Vorderachse, in Szenario B hingegen 250 respektive 200 kW. Ein Allradantrieb bleibt demnach verboten, um es den Fahrern nicht zu leicht zu machen. Die Formel E setzt weiterhin auf einen reinen Heckantrieb.

Wer bremst, verliert

Bemerkenswerterweise schlägt die Formel E einen neuen Weg beim Bremsen ein. Hydraulische Bremsen wird es künftig nur noch an der Vorderachse geben. Durch die stark ansteigende Rekuperationsleistung werden die Gen3-Autos am Heck nur noch mit dem Motor bremsen. An den Vorderrädern wird es voraussichtlich eine Kombination sein.

Das neue Formel-E-Auto wird zudem kleiner. Seine Ausmaße schrumpfen in der Breite von aktuell 1.770 auf 1.700 Millimeter, in der Länge von 5.160 auf 5.000 mm. Das Gesamtgewicht des Fahrzeugs inklusive Fahrer soll 780 Kilogramm betragen. Damit wird der Rennbolide der dritten Generation um 120 kg leichter (!). Gewichtseinsparungen sind vor allem bei der Batterie geplant: Nur noch 284 Kilogramm soll der künftige Akku wiegen (aktuell 385 kg).

Nutzbare Energiemenge im Akku schrumpft

Möglich wird diese Gewichtseinsparung der Batterie einerseits durch die stärkere Rückgewinnung beim Bremsen, die während des Rennens deutlich mehr Energie in die Batterie zurückspeist als bisher. Andererseits werden sich die Fahrer durch die Einführung von Schnelllade-Boxenstopps in Zukunft auch während eines E-Prix neuen Strom holen können. Laut Ausschreibung soll dies zunächst "einmal im Rennen innerhalb von 30 Sekunden" geschehen. Um die Batterie zwischen den Sessions vollständig zu laden, gibt die FIA 45 Minuten bei 80 kW Ladeleistung als Ziel vor.

Bemerkenswert: Die nutzbare Energiemenge im neuen Akku schrumpft im Vergleich zum aktuellen Gen2-Auto (52 kWh). In Szenario A sieht die FIA 51 kWh Energie vor, in Szenario B wären es gar nur noch 49 kWh, die zum Rennstart in der Batterie wären. Das Batteriesystem soll pro Jahr 250.000 Euro kosten.

Schnelladen mit bis zu 600 kW

Die neue Schnelllade-Technologie, die in diesem Zuge auch offiziell bestätigt wurde, wird entweder auf maximal 600 kW (Szenario A) oder 450 kW Ladeleistung (B) begrenzt. In 30 Sekunden sollen die Fahrer 4 kWh nutzbare Energie nachtanken können. Entgegen unseres Berichtes vom 12. Dezember wird es doch keine Ausschreibung für einen Entwickler der Ladetechnologie geben. Stattdessen will der Formel-E-Promoter selbst (Formula E Holdings) das Ladesystem, die Infrastruktur und die Energie bereitstellen.

Allwetter-Reifen bleiben

Bei den Reifen setzt die Formel E auf Altbewährtes: Auch weiterhin steht der Aspekt der Nachhaltigkeit im Zentrum. So sollen die Einheitsreifen auch in Zukunft bei jedem Wetter funktionieren, wenig Rollwiderstand und Abnutzung mitbringen. Darüber hinaus sollen sie für beide genannten Leistungsszenarios geeignet sein. Pro Rennen dürfen nur jeweils zwei Vorder- und zwei Hinterreifen genutzt werden. Die Felgen, die allerdings vom Chassis-Hersteller geliefert werden, erfahren ebenfalls eine Überarbeitung. Sie könnten in Zukunft 18 oder 20 Zoll messen (derzeit 18 Zoll).

Rennkalender soll weiter wachsen

Mit Blick auf die Haltbarkeit der Teile legt die FIA in ihrer Ausschreibung eine Ausweitung des Formel-E-Rennkalenders in den kommenden Jahren nahe. Demnach müsse das Chassis in Zukunft "bis zu 18 Rennen pro Saison" überstehen. Hinzu kommen bis zu sechs In-Season-Testtage. Die Hersteller-Testtage vor Saisonbeginn werden hingegen von 15 auf 13 reduziert.

Das künftige Gen3-Auto soll für insgesamt drei Jahre in der Formel E zum Einsatz kommen, also ab Saison 9 (2022/23) bis einschließlich Saison 11 (2024/25). Interessierte Hersteller haben nun gut drei Monate Zeit, um ihre Konzepte auf den Weg zu bringen. Die Bewerbungen für das Chassis (inklusive Frontmotor zur Rekuperation), die neue Batterie und den Einheitsreifen müssen bis zum 31. März 2020 bei der FIA eingehen. Am 19. Juni 2020 will der Automobilweltverband schließlich seine Entscheidung treffen, welche Hersteller mit der Entwicklung beginnen dürfen.

Die ersten Crashtests des neuen Fahrzeugs setzte die FIA für August 2021 an. Im darauffolgenden Januar 2022 sollen die Hersteller jeweils ein Entwicklungsauto erhalten, mit dem sie ihre Antriebe testen können, bevor die Teams im August desselben Jahres - also kurz nach Saison 8 - ihre finalen Rennfahrzeuge für die dritte Generation der Formel E bekommen werden. Die Kosten für ein Kundenfahrzeug (mit allem) sollen sich auf 340.000 Euro belaufen. Weitere Ersatzteile dürfen 135 Prozent dieser Summe nicht übersteigen. Die Formel E hält also an ihrer Kostendeckelung fest.

Foto: Lou Johnson / Spacesuit Media

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