Formel E

Leserfrage: Welche Temperaturen hält eine Formel-E-Batterie aus?

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Beim Formel-E-Rennen in Mexiko-Stadt beobachteten die Teams einmal mehr mit besorgtem Blick die Temperaturen ihrer Batterien. Schließlich sorgten hohe Außentemperaturen schon in der Vergangenheit vermehrt für Ausfälle und Fehlermeldungen der Formel-E-Energiespeicher. Fans der "ersten Stunde" der Formel E denken dabei sicherlich an den chaotischen Putrajaya ePrix in Saison eins, bei dem die Aggregate reihenweise ausfielen, Lader explodierten und Träume von Podiumskandidaten zerplatzten.

Um eine Wiederholung von Putrajaya zu verhindern, arbeiten die Strategie-Beauftragten von Batterielieferant Williams seither an immer raffinierteren Kühlungsstrategien für die Formel-E-Batterien. Dem ausgeklügelten und patentierten Kühlkonzept der Aggregate widmeten wir uns bereits im Februar. Doch wie sieht es eigentlich mit dem anderen Extrem aus? Gibt es so etwas wie eine minimale Arbeitstemperatur?

Über Twitter hakte unser Leser Sven nach: "Hallo e-Formel.de-Team!", schrieb er. "Es wird bei Batterien immer von einem Temperatur- oder Arbeitsfenster gesprochen und ein Überhitzen befürchtet. Aber wo genau liegt eigentlich die minimale Temperatur für den optimalen Betrieb?"

Lieber Sven, wir wollen ehrlich sein: Auf diese Frage hatte in Redaktion zuerst einmal niemand eine Antwort parat. Die maximale Arbeitstemperatur ist mit etwas Rechercheaufwand im Internet zwar auffindbar (sie liegt bei 57°C), aber einen Wert für die minimale Betriebstemperatur? Den hatten wir nun wirklich nicht! Grund genug also, einmal bei Williams nachzufragen.

Die Antwort aus Grove, wo nicht nur der Formel-1-Rennstall, sondern auch der Williams-Technologieableger und Formel-E-Batteriehersteller Williams Advanced Engineering (kurz WAE) sein Werk hat, wollten wir euch nicht vorenthalten.

Keine Probleme mit Kälterennen

In der Tat haben sich die Formel-E-Ingenieure noch nie mit unterkühlten Batterien auseinandersetzen müssen. Das liegt zum einen natürlich daran, dass ein Rennen bei Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt wohl ohnehin abgesagt werden würde.

Zum anderen wird der Formel-E-Rennkalender aber auch an den europäischen Winter angepasst: In der "dunklen Jahreszeit" fährt die Elektroserie ausschließlich auf der Südhalbkugel der Erde oder zumindest - wie es bei Hongkong und Marrakesch der Fall war - in subtropischen Klimazonen. Selten wurden bei einem Formel-E-Rennen daher Temperaturen von unter zehn Grad Celsius gemessen.

"Abgesehen davon wird die Temperatur der Batterien vor dem Rennen auf mindestens 23 Grad Celsius erhitzt", erklärt eine Williams-Pressesprecherin gegenüber 'e-Formel.de' - eine technische Anweisung von Williams an die Teams. "Wir haben also nie ein Problem mit zu kalten Batterien. Während des Transports sind die Aggregate natürlich etwas kühler, aber auch das hat keinen großen Effekt auf die Akkus."

Laden unterhalb des Gefrierpunkts?

Doch was wäre, wenn die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt sinken würden? "Unsere Batterien kommen mit Außentemperaturen von bis zu -20 Grad Celsius problemlos klar", heißt es seitens Williams. Bei Straßenfahrzeugen schaltet das Batterie-Management-System (BMS) bei niedrigeren Temperaturen Schritt für Schritt die Leistung zurück. "Weil wir uns in der Formel E aber keine Sorgen darum machen müssen, verfügt unser BMS nicht über solche Schutzmechanismen."

Dieser Wert gilt allerdings nur für den Fahrbetrieb, also für das Entladen der Akkus. Das Aufladen der Batterien ist schon bei Temperaturen gegen null Grad Celsius ein Problem. Grund hierfür ist, dass der innere Widerstand der Batteriezellen bei niedrigeren Temperaturen größer ist. Schließlich hat auch das Elektrolyt der Zelle einen Gefrierpunkt. Die Rekuperation funktioniert bei Minusgraden also nicht mehr.

Doch nur wenige Meter Fahrt sorgen bereits dafür, dass die Batterie wieder auf Auflade-Temperatur kommt. "Schon bei sehr wenig Leistungsoutput wärmen sich die Aggregate schnell auf, sodass ein normaler Lade- und Entladevorgang wieder möglich wird."

Grönland war "nichts Besonderes"

Die Temperaturen bei den Dreharbeiten für die Formel-E-Dokumentation "Ice Drive" in Grönland sollen übrigens kein großes Hindernis für die Batterie dargestellt haben. "Uns hat die Formel E nicht kontaktiert, deswegen gehen wir davon aus, dass sie nichts Besonderes mit der Batterie gemacht haben."

Für die Dokumentation reiste Formel-E-Fahrer Lucas di Grassi mit einer Kameracrew im vergangenen Winter auf einen Eisberg nach Grönland, um mit seinem Formel-E-Auto auf die Folgen des Gletscherschmelzens und des Klimawandels aufmerksam zu machen. Den gesamten Film findet ihr hier verlinkt.

Zusammenfassend können wir also festhalten: Die Formel-E-Batterien haben in der Tat eine minimale Arbeitstemperatur. Diese liegt bei -20 Grad Celsius. Unterhalb dieses Wertes schaltet Williams allerdings keine Zellen ab, da die Batterie wohl nie Gefahr läuft, derartige Temperaturen überhaupt zu erreichen. Das optimale Temperaturfenster für die  Batterie liegt innerhalb von 21 Grad und 53 Grad. Unter- oder oberhalb dieser Werte wird zunächst die Ladeleistung eingeschränkt. Unter 15 Grad beziehungsweise über 62 Grad wird auch Entladeleistung beeinträchtigt.

Wir hoffen, dass wir deine Frage zufriedenstellend beantworten konnten, Sven. Falls auch ihr eine Frage zur Formel E habt, schreibt uns gern eine Mail oder eine private Nachricht über WhatsApp oder Facebook.

Zurück

0 Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 6 plus 4.
Advertisement