Formel E

Logistiker, Winzer & Parlamentskandidaten: Was machen eigentlich die Ex-Formel-E-Fahrer? (3/3)

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Am 16. Januar 2021 startet die Formel E in ihre siebte Saison. Neben einigen "bekannten Gesichtern" wird auch der Beitritt von neuen Fahrern erwartet, beispielsweise von Nick Cassidy (Virgin). In dieser dreiteiligen Artikelserie blickt e-Formel.de jedoch auf die Karrierewege der bisherigen Formel-E-Starterinnen und -Starter und fragt: Was wurde aus den Ex-Piloten?

Viele der ehemaligen Formel-E-Stars sind nach wie vor im Motorsport aktiv, andere haben interessante alternative Karrierewege eingeschlagen. Disclaimer: In dieser Serie beachten wir ausschließlich die Fahrerinnen und Fahrer, die nicht beim letzten Rennen des Berlin E-Prix 2020 an den Start gingen - unabhängig von ihrem Vertragsstatus für die nächste Saison. Hier geht es zum ersten und zweiten Teil unserer Artikel-Serie.

Aus der Formel E in die LKW-Logistik

Charles Pic wechselte 2014 direkt aus der Formel 1 in die Formel E. Beim Saisonauftakt in Peking wurde er für Andretti Vierter, ab dem Miami E-Prix fuhr er anschließend für China Racing/NextEV (heute: Nio 333). Nach dem Berlin E-Prix 2015 fand seine Rennfahrerkarriere jedoch ein abruptes Ende. Inzwischen ist Pic in der Logistik-Branche tätig: Als Manager der Finanzabteilung für den europäischen Dienstleister GCA ist er für rund 4.700 LKW-Fahrer in 15 Ländern mitverantwortlich.

Wenngleich er 2019 seinen Vertrag bei Jaguar Racing verlor, hält Pics Ex-Teamkollege Nelson Piquet jr. weiterhin enge Kontakte zur Formel E. Zuletzt kommentierte der Brasilianer den Berlin E-Prix 2020 für das englische Fernsehen. Der Meister von 2015 ist darüber hinaus in der Brasilianischen Stock-Car-Meisterschaft aktiv. Er lebt zusammen mit dem Model Gabrielle Borges in Sao Paulo.

Rosenqvist & Sato mischen IndyCar-Serie auf

Nico Prost hält sich seit seinem Formel-E-Aus in verschiedenen Rennserien beschäftigt. Im Winter nimmt er beispielsweise regelmäßig an den Läufen der Trophee-Andros-Rallye teil. Abgesehen davon ist Prost im GT-Sport aktiv und fährt in diesem Jahr im Pro-Am-Cup der französischen GT4-Meisterschaft FFSA. Prost lebt mit seiner Frau Delphine - Gründerin des Modelabels "8Js" (einst Sponsor von e.dams) - und seinem Sohn Kimi in der Schweiz.

Der inzwischen 28-jährige Felix Rosenqvist zählt wohl zu den größten Talenten, die jemals in der Formel E an den Start gingen. Der Schwede wurde 2018 von Chip Ganassi in die IndyCar-Serie gelockt, wo er seit zwei Jahren startet. Seine erste Saison in der US-Meisterschaft schloss er mit einer Pole-Position und zwei Podien auf Gesamtplatz 6 ab, in diesem Jahr gewann er auf dem berüchtigten Road-America-Rundkurs sein erstes Rennen.

Genau wie Felix Rosenqvist sorgt Takuma Sato in der IndyCar-Meisterschaft für Unterhaltung: Der Japaner hat in der US-Kategorie schon lange einen Kultstatus erreicht und ist dort für seinen kompromisslosen Fahrstil bekannt. 2020 gewann Sato die berühmten 500 Meilen von Indianapolis - zum zweiten Mal in vier Jahren.

Früher startete Stephane Sarrazin für Venturi, Techeetah und Andretti in der Formel E, inzwischen leitet der Franzose ein eigenes Rallye-Team. "Sarrazin Motorsport" ist mit einem Hyundai i20 R5 unter anderem in der nationalen Rallye-Meisterschaft Frankreichs eingeschrieben. Zudem nimmt das Routinier mit seinem Rennstall an ausgewählten Läufen der WRC teil. Hin und wieder steigt Sarrazin sogar noch selbst ins Cockpit, wenngleich die Einsätze des 44-Jährigen immer seltener werden. So wurde er im vergangenen Jahr beispielsweise Gesamtneunter bei der Rallye Monte-Carlo.

Servia serviert Poke Bowls in Santa Monica

Bruno Senna fuhr in den ersten zwei Formel-E-Saisons für Mahindra Racing. Danach verpflichtete er sich dem Langstreckensport: Für Rebellion Racing startete er in den vergangenen vier Jahren in der WEC, zudem fuhr er in der WeatherTech-Sportwagenmeisterschaft und der Europäischen Le-Mans-Serie (ELMS). In diesem Jahr wurde Senna zusammen mit seinen Teamkollegen Gustavo Menezes und Norman Nato Gesamtzweiter in Le Mans.

Für Dragon Racing ging  Oriol Servia bei den ersten vier Rennen der Saison 2014/15 an den Start, danach übernahm er für rund ein Jahr als "Managing Director" die Verantwortung für die technischen und kommerziellen Beziehungen des Teams. Anschließend fuhr er gelegentlich in der IndyCar-Meisterschaft, fokussierte sich dabei aber insbesondere auf das Indy 500. Daneben betreibt Servia in Santa Monica (USA) ein Restaurant für das hawaiische Trend-Gericht Poke und ist als Berater sowie Direktor für mehrere Technologieunternehmen tätig.

Scott Speed ist in den letzten Jahren überaus erfolgreich im Rallycross-Motorsport gewesen: Der US-Fahrer gewann zwischen 2015 und 2017 drei aufeinanderfolgende Titel in der Global RallyCross Championship (GRC). 2018 siegte er in der Americas Rallycross Championship.

Preisgekrönter Wein aus Italien

Der chinesisch-niederländische Rennfahrer Ho-Pin Tung fuhr 2014 und 2015 insgesamt dreimal für China Racing in der Formel E. Anschließend stieg auch er in die WEC ein. In der LMP2-Klasse wurde er in den letzten Jahren zweimal Vizemeister. 2017 holte er mit Thomas Laurent und Oliver Jarvis den Klassensieg in Le Mans. Tung arbeitet zudem als F1-Experte für den niederländischen Fernsehsender Ziggo und als Formel-E-Reservefahrer für Jaguar Racing.

Schon in seinen Formel-1-Tagen betrieb Jarno Trulli das Weinkellnern als Hobby. Nach seinem letztlich gescheiterten Formel-E-Projekt verschrieb er sich endgültig der Winzer-Laufbahn. Gemeinsam mit Lucio Cavuto, ehemals Teamchef von Trulli Grand Prix, produziert er auf einem rund 200 Jahre alten Landsitz in der italienischen Provinz Pescara verschiedene Weinsorten, die immer wieder mit Preisen gekrönt werden. Gänzlich aufgegeben hat der 46-Jährige den Motorsport aber noch nicht: Trulli begleitet die Kartfahrer-Karriere seines 15-jährigen Sohns Enzo, der momentan in der italienischen WSK Super-Master-Serie antritt.

Formel-1-Weltmeister, Nachtclub-Besitzer, Pop-Sänger, Formel-E-Pilot - Jacques Villeneuves Karrierelaufbahn hatte viele Facetten. Der Kanadier startete 2015 zweimal für Venturi in der Elektroserie, danach nahm er vereinzelt an Läufen von regionalen Rallycross-, GT- und NASCAR-Serien teil, sorgte vor allem aber regelmäßig mit bemerkenswerten Aussagen über den Motorsport für Schlagzeilen. Vor wenigen Wochen feierte Villeneuve in der NASCAR Whelen Euro Series sein Motorsport-Comeback: In Vallelunga (Italien) erreichte er mit seinem eigenen Team FEED Racing sogar das Podium.

Yamamoto kandidiert für japanisches Parlament

Pascal Wehrlein startete in den Saisons 2018/19 und 2019/20 mit Mahindra Racing, überließ sein Cockpit für den Berlin E-Prix jedoch dem Briten Alex Lynn. Der Termin für Wehrleins Comeback steht jedoch bereits fest: In der nächsten Saison wird er statt Neel Jani für Porsche in der Formel E antreten.

Der britische Rennfahrer Justin Wilson zählte ohne Frage zu den größten Talenten im US-Motorsport. Beim Moskau E-Prix 2015 fuhr er einmalig für Andretti Autosport in der Formel E, ehe er sich wieder auf sein Hauptprogramm in der IndyCar-Meisterschaft konzentrierte. Rund drei Monate nach seinem Formel-E-Gaststart kam Wilson bei einem tragischen Unfall ums Leben: Auf dem Highspeed-Oval in Pocono wurde er von einem Trümmerteil eines anderen Fahrzeugs am Kopf getroffen und erlag kurz darauf seinen schweren Verletzungen. Wilson wurde 37 Jahre alt.

Sakon Yamamoto kam beim London E-Prix 2015 als Ersatz für Antonio Felix da Costa einmal in der Formel E zum Einsatz. Nach seinem Gastauftritt zog sich Yamamoto größtenteils aus dem Motorsport zurück. Zwar geht er noch gelegentlich in nationalen Rennserien an den Start, zuletzt etwa beim 24-Stunden-TCR-Rennen in Fuji. Eigentlich hat er aber eine neue Leidenschaft für sich entdeckt: die Politik. Im vergangenen Jahr bewarb er sich für die liberaldemokratische LDP-Partei um einen Platz im japanischen Parlament, verpasste den Einzug allerdings knapp. In seinem Heimatland tritt er seitdem gelegentlich als Redner, Fernsehkommentator (auch für die Formel E) und Gastdozent auf. Außerdem engagiert er sich in einer Nonprofit-Organisation, die sich für medizinische Versorgung in Indien einsetzt.

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