Formel E

"Man könnte auch eine Münze werfen" - Das sagen die Fahrer zur Formel-E-Windschattenschlacht in Berlin

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

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Acht verschiedene Führungsfahrzeuge, 190 Positionsveränderungen und insgesamt 23 Führungswechsel! Wie schon der Sao Paulo E-Prix war auch das Formel-E-Samstagsrennen in Berlin geprägt von Taktik-Spielchen rund um den Windschatteneffekt. Die Fahrer blicken mit seltener Einigkeit auf den unübersichtlichen E-Prix zurück, befürchten aber: Besserung ist derzeit nicht in Sicht.

"Droht beim Formel-E-Rennen in Berlin die nächste Windschattenschlacht?", fragte 'e-Formel.de' in der Woche vor dem Hauptstadt-E-Prix. Die klare Antwort lieferte das Samstagsrennen auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof: ja, und wie!

Insbesondere im ersten Renndrittel versuchten die Fahrer, den Lauf um jeden Preis nicht anführen zu müssen. Denn um auf den langen Geraden in Berlin ein "Loch in die Luft zu schlagen", benötigt der Führende erfahrungsgemäß deutlich mehr Energie als die dahinter fahrenden Kontrahenten.

Schon auf den ersten Metern des Rennens wurde deutlich, dass die Fahrer in der ersten Startreihe diesen Plan verfolgten: Sebastien Buemi und Stoffel Vandoorne fuhren erkennbar langsam los bzw. bremsten sehr früh, um Ränge zu verlieren und den Windschattenvorteil ausnutzen zu können.

Frühe Attack-Modes für mehr Windschatten

"Es ist nicht ideal, in Führung zu liegen", bestätigt Dan Ticktum (Nio 333) den Effekt gegenüber 'e-Formel.de'. Der Brite übernahm in Kurve 1 die Führung von Pole-Sitter Buemi, steuerte seinen Wagen jedoch schon in Runde 3 in die Attack-Zone, um die gewonnenen Plätze wiederherzugeben. "Ich habe das gemacht, um wieder in den Windschatten zu kommen."

Jean-Eric Vergne (DS Penske) sagt ebenfalls gegenüber 'e-Formel.de': "Man könnte auch eine Münze werfen. Das Problem ist: Die Führenden wollen gar nicht anführen. Dann kommt es zu Kontakten und Rückstaus, wodurch das Rennen im Chaos endet. Inzwischen hängt das eigene Ergebnis eigentlich nur davon ab, ob man zufällig von smarten Fahrern umgeben ist oder nicht. Wenn ich solche Rennen haben will, könnte ich auch Radrennen fahren. Das wird jetzt bei jedem E-Prix passieren, denn die Autos haben einfach zu viel Luftwiderstand."

Selbst zwei Runden auf dem ersten Platz seien mit den neuen Gen3-Autos zu viel, schätzt Oliver Rowland (Mahindra) - selbstverständlich mit Ausnahme der letzten Umläufe eines Rennens. "Anfangs war es ziemlich interessant, aber irgendwann wird das einfach zu viel. Wir Fahrer haben uns sogar mehr Windschatten gewünscht, und die Sorge war, dass es dadurch gar keine Überholmanöver gibt. Jetzt haben wir das komplette Gegenteil. Es ist also auch eine Frage der richtigen Balance."

Weniger Energie oder andere Strecken als Übergangslösung?

Für McLaren-Fahrer Jake Hughes sei der Windschatteneffekt ebenfalls "ein bisschen zu groß". Der Brite erklärt: "Man kann aber auch nicht fordern, dass die Führenden nicht mehr so fahren. Denn am Ende des Tages müssen wir nur das bestmögliche Resultat erzielen. Und wenn ein Weg dahin ist, das Tempo zu verringern, dann werden wir das alle machen."

"Das sollte nicht in den Händen der Fahrer liegen", findet Hughes. "Man könnte vielleicht mehr Energie zur Verfügung stellen oder die Rundenzahl reduzieren, damit die Rennen weniger energiesensitiv sind. Die Phasen beim Lift-and-Coast sind vor allem in Sao Paulo und Berlin sehr lang, was den bekannten Einfluss auf die Rennen hat. Mit dem Verhältnis dieser Lift-off-Ratio, wie wir das nennen, wird das aber auch auf anderen Strecken ähnlich enden."

Immerhin: Der am Sonntag erwartete Regen könnte die Auswirkung des Windschatteneffekts in Berlin zumindest reduzieren. Aufgrund geringerer Geschwindigkeiten, insbesondere auch beim Beschleunigen an den Kurvenausgängen, dürfte eine Wiederholung der "Windschattenschlacht" weniger wahrscheinlich sein. Spätestens in Monaco, wo vor allem auf der Start-/Ziel- und Tunnel-Gerade das Stromsparen relevant ist, könnte der Effekt aber wieder zu einem Thema werden - wenn auch wohl nicht so heftig wie in Berlin.

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